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Roundpeg Technologies: „Unser Roboter erkennt die Menschen und gefährdet sie nicht“

Das Münchner Startup Roundpeg Technologies entwickelt Roboter, die Menschen erkennen und somit Gefahren vermeiden können. Sie sollen in Zukunft Produktionslinien sicherer, schneller und flexibler gestalten. Wie genau das funktioniert und was die Lösung von Roundpeg Technologies von herkömmlichen Cobots unterschiedet, erklären die Co-Founder Oliver Krieg und Etienne Eichstaedt im Interview.

Munich Startup: Was macht Euer Startup? Welches Problem löst Ihr?

Oliver Krieg, Roundpeg Technologies: Wir bauen Roboter, die für die industrielle Produktion eine KI-unterstützte Menschen-Erkennung besitzen. Dadurch ist es möglich, die Roboter mitten in der Fertigungslinie einzusetzen und sie ohne Zaun mit hoher Geschwindigkeit mit Menschen mitarbeiten zu lassen. So macht Roundpeg Technologies es wesentlich einfacher, Produkte zu fertigen.

Denn setzt man in der Produktion auf eine hoch automatisierte Linie mit Robotern, komplett abgeschlossen und mit Zäunen drumherum, hat man einen riesigen Investitionsbedarf und ist zugleich extrem unflexibel. Wenn zum Beispiel keine Teile verfügbar sind oder der Markt das Produkt nicht annimmt, kann man nur schwer Änderungen umsetzen. Deswegen wird auch heute noch in Deutschland sehr viel manuelle Arbeit in der Fertigung eingesetzt, das betrifft KMU ebenso wie auch große Firmen. Allerdings skaliert diese Art der Produktion nicht, da es ein Problem ist, kleine händische Prozesse zu automatisieren.

Diese Lücke wollen wir mit unserem System füllen, indem wir den Roboter mitten in die Produktionslinie zwischen die Arbeiter stellen. Wir brauchen keinen Zaun, denn unser Roboter erkennt die Menschen und gefährdet sie nicht. Dadurch ist es viel einfacher, Aufgaben im Betrieb weiter zu automatisieren und neue Fertigungskonzepte darzustellen, die wesentlich flexibler sind und dabei auch viel besser skalieren.

Etienne Eichstaedt: Gerade neue Produkte besitzen generell einen höheren manuellen Anteil in der Fertigung, um einen gewissen Grad an Flexibilität zu erhalten. Wenn dann ein Produkt erfolgreich ist, kann man die Automatisierung durch den Einsatz unseres Roboters mit dem eingehenden Cashflow antreiben und die Mannschaft für neue Produkte einzusetzen. In Zeiten von Fachkräftemängel, unterstützen wir mit unserem Roboter Menschen bei körperlich schweren oder monotonen Arbeiten und erhöhen so neben der Produktqualität auch noch das Produktionsvolumen.

Mit Roundpeg Technologies kommt es gar nicht erst zur Kollision

Munich Startup: Aber das gibt’s doch schon längst!

Oliver Krieg: Es gibt heute keinen Roboter, der Menschen direkt erkennen kann. Aktuelle Konzepte drehen sich vor allem um sogenannte kollaborative Roboter. Die sind dafür gebaut, anzuhalten, sollten sie mit Menschen kollidieren. Um dabei niemanden zu verletzen, haben sie eine nur sehr geringe Arbeitsgeschwindigkeit. Das können wir komplett umgehen, denn durch unser in den Roboter integriertes All-in-One-System kommt es gar nicht erst zur Kollision. Der große Vorteil dabei ist, dass die Arbeitsgeschwindigkeit wesentlich höher ausfällt, da die Bewegung unserer Roboter nicht durch eine mögliche Kollision reglementiert ist.

Munich Startup: Was ist Eure Gründungsstory?

Oliver Krieg: Ich habe früher bei einem größeren Konzern das Produktmanagement verantwortet. Da habe ich gesehen, dass viele Ideen an den hohen Investitionskosten für die Produktion scheitern. Roboter in den Produktionslinien reduzieren diese zwar, weswegen der Ansatz der kollaborativen Roboter auch grundsätzlich super ist. Aber sie können eben nicht mit der normalen Produktionsgeschwindigkeit eines Menschen mithalten. Also muss man immer seine Produktionsprozesse um diese Roboter herum bauen. Das wollte ich mit einem Roboter ändern, der nicht kollidiert.

Natürlich gründet man ein Startup wie Roundpeg Techologies nicht allein. Ich habe vor allem in meinem persönlichen Netzwerk alte Kontakte wieder aufgegriffen. Mit meinen Co-Founder Etienne zum Beispiel, habe ich schon vor vielen Jahren im TUfast-Team der Formula Student an der TU München gearbeitet und konnte ihn für die Robotik-Welt begeistern.

„Ein Roboter, der nur steht, macht keinen Sinn“

Munich Startup: Was waren bisher Eure größten Herausforderungen?

Etienne Eichstaedt: Die größte Herausforderung war auf jeden Fall die Motek-Messe im Oktober 2022. Das war ein großer Milestone in der Zeitplanung, den wir auf jeden Fall halten mussten, denn diese Messe war die optimale Plattform um unser System zum ersten Mal der Weltöffentlichkeit zu präsentieren. Und da reicht es nicht, mit ein paar warmen Produktideen anzukommen. Aufmerksamkeit bekommt man nur, wenn man auch ein wirkliches Produkt hat. Ein Roboter, der nur steht, macht aber keinen Sinn. Deswegen war es wichtig, da ein funktionierendes Produkt zu haben, das Aufsehen erregt und sich auch bewegt und eben stoppt, wenn es stoppen soll. Wir wollten da einen qualitativ hochwertigen Roboter hinstellen und dementsprechend war der Workload vorher noch sehr groß.

Oliver Krieg: Die Wochen davor waren schon straff, das muss man sagen. Aber am Ende des Tages wird einem auch nur geglaubt, wenn man auch zeigen kann, wie das Produkt im Feld funktioniert. Wir wollten unseren MVP unbedingt so weit treiben, dass wir auf der Messe mit den Kunden über ihre Probleme reden können und nicht nur über unsere Ideen. Und das waren dann tatsächlich ein paar kürzere Nächte, aber es hat sich gelohnt: Das ging so weit, dass wir sogar Bestellungen vor Ort aufnehmen konnten. Das Spannende an unserer Lösung ist auch, dass die Leute es sofort verstehen. Wenn sich der Roboter mit hoher Geschwindigkeit bewegt und dann plötzlich vor einem anhält, begreift man intuitiv, was das bedeutet. Dann fangen die Kunden sofort an, an ihre Probleme zu denken, und wie wir sie lösen könnten.

Roundpeg Technologies bereitet den Markstart vor

Munich Startup: Wo möchtet Ihr in einem Jahr stehen, wo in fünf Jahren?

Oliver Krieg: Unser Marktstart ist für nächstes Jahr geplant und wir bereiten gerade alles vor, dass das dann auch so anläuft. Dabei werden wir uns erst einmal auf Deutschland und Europa konzentrieren. Natürlich ist der der Wunsch da, auch noch weiter zu expandieren, aber da muss man sehen, wo einen die Reise hinbringt. Wir tun auf jeden Fall alles dafür, dass Roundpeg Technologies weiter wächst und wir es Produzenten wirklich einfacher machen, Produkte in den Markt zu bringen.

Munich Startup: Wie habt Ihr den Startup-Standort München bisher erlebt?

Oliver Krieg: Wir sind selbst Münchner, wir sind hier groß geworden und haben hier studiert. Es ist einfach eine großartige Stadt mit viel Lebensqualität. Als wir damals fertig studiert haben war die UnternehmerTUM noch recht jung, selbst noch ein Startup. Inzwischen ist ein richtiges Startup-Ökosystem hier in München entstanden, was einem wahnsinnig viel hilft. Wir haben uns schon früh nach unserem Start an die UnternehmerTUM gewandt, die uns super viel unterstützt hat, genauso wie Baystartup auch. Beide haben uns an vielen Stellen geholfen, was super wertvoll für uns war. Und auch um Mitarbeiter zu gewinnen ist München ein guter Startpunkt.

Etienne Eichstaedt: Die Startup-Dichte hier in München ist einfach sehr hoch. Man kann sich untereinander austauschen und einander helfen. So haben auch wir viel über Dos und Don’ts von anderen Startups gelernt. Über unser Netzwerk haben wir zum Beispiel Fabian von Fazua kennengelernt. Er hat uns gezeigt, wie sie ihre Antriebe vor Ort selbst bauen, was für uns natürlich sehr interessant ist. Der Austausch im Ökosystem gibt einem einfach viele Möglichkeiten.

„Man kann nicht den ganzen Tag das Rad neu erfinden“

Munich Startup: Outsourcen oder selber machen?

Oliver Krieg: Eigentlich machen wir Dinge gerne selbst, weil wir so stärker Einfluss darauf haben, wie das Produkt am Ende aussieht. Die Wahrheit ist aber: Bei einem Startup kann man nicht den ganzen Tag das Rad neu erfinden. Also machen wir vor allem die Dinge selber, die uns im Markt differenzieren und die von unseren Kunden wahrgenommen werden.

Etienne Eichstaedt: Ab einem gewissen Grad muss man sich einfach fokussieren und priorisieren. Dann muss man einfach ein paar Sachen auch outsourcen. Aber wir wollen jetzt nicht alles weggeben – wie Oliver schon sagt, ist das Ziel bei vielen Sachen den Hut auch noch selbst aufzubehalten.