Foto: Roundpeg Technologies

Follow-up: Roundpeg feiert den erfolgreichen Marktstart

Das Münchner Startup Roundpeg entwickelt eine Technologie zur Umfelderkennung für Cobots. Damit ermöglicht es neue Arten der Interaktion zwischen Roboter und Mensch, die bisher gar nicht oder nur sehr eingeschränkt möglich waren. Denn dank der Systeme der Münchner können die Cobots Hindernisse erkennen und Kollisionen und somit auch Unfälle aktiv vermeiden – und das auch bei hohen Arbeitsgeschwindigkeiten. So will Roundpeg die Produktion revolutionieren und die Kosten für den Einsatz automatisierter Lösungen am Fließband drastisch reduzieren. Im Update-Interview erzählen die Gründer Oliver Krieg und Etienne Eichstaedt von ihrem erfolgreichen Marktstart, aktuellen Herausforderungen und der großen Vision der Mensch-Roboter-Interaktion.

Munich Startup: Als wir das letzte Mal miteinander gesprochen haben, hattet ihr für dieses Jahr den Marktstart Eurer Lösung geplant. Das habt Ihr im April auch geschafft, allerdings mit einem etwas anderen Produkt als ursprünglich geplant. Was genau ist passiert?

Roundpeg: Als wir das letzte Mal gesprochen haben, hatten wir noch eine komplette Lösung mit Roboter im Fokus. Wir haben es seitdem aber geschafft, unser Produkt so zu adaptieren, dass wir die Sensorik auf bereits aktive Roboter montieren können. Mit seinem runden Sensorgehäuse ist unser Produkt jetzt tatsächlich ein runder Klotz, oder round peg, wie man im Englischen sagen würde.

Anfangs nur in unauffälligem Grau verfügbar, vertreibt Roundpeg seine Produkte inzwischen auch individualisiert in frei wählbaren Farben © Roundpeg Technologies

Munich Startup: Welche neuen Herausforderungen kamen denn mit dem Markstart auf Euch zu?

Roundpeg: Eine neue Herausforderung ist es jetzt natürlich, immer lieferfähig zu sein. Dazu gehört zum Beispiel, ein sauberes Teilemanagement zu betreiben. Und wir müssen auch ein Stück weit vorhersehen können, wann Bestellungen kommen. Das ist sozusagen alles jetzt „normales Business“: Produktionsbetriebe schicken uns Anfragen und möchten Angebote, Lieferscheine und am Ende auch Rechnungen haben. Der Roboter muss zu dem Zeitpunkt, zu dem man ihn bestellt, auch kommen. Das hat jetzt alles vielleicht weniger mit dem klischeehaften Bild eines Startups zu tun, wie wir es manchmal auch noch haben.

Eine revolutionäre Lösung mit Erklärungsbedarf

Eine viel größere Herausforderung ist es aber gewesen, den Kunden verbal zu erklären, was man mit unserem Produkt machen kann. Besonders auf Messen erleben wir viele Menschen, die anfangs nicht viel damit anfangen können, wenn man ihnen sagt, dass der Roboter von allein anhält, bevor er einen trifft. Vor allem diejenigen, die noch wenig bis gar keine Erfahrung mit Robotern haben, gehen nämlich davon aus, dass das einfach so ist. Erklärt man ihnen dann, dass der Roboter sie ohne unser Produkt einfach getroffen hätte, glauben sie das erstmal nicht.

Bei Kunden mit viel Robotererfahrung ist das hingegen genau anders. Die bleiben gerne mit mehreren Metern Abstand zum Roboter stehen, wenn sie mit uns reden. Dann stellen wir ihnen unsere Lösung vor und während wir reden, wandert das Gespräch mehr und mehr zum Roboter hin. Für diese Kunden ist es dann tatsächlich eine Überraschung, wenn der Roboter auf sie zufährt und dann anhält.

Es ist für uns aber essenziell, dass das alles richtig verstanden wird. Denn es geht ja nicht nur darum, Kollisionen zu verhindern. Damit verändern und verbessern wir auch die Art und Weise, wie Menschen mit Robotern zusammenarbeiten. Und wer hier schon aus eigener Erfahrung ein gewisses Bild hat, wie diese Zusammenarbeit mit einem Roboter ist, der muss es manchmal einfach erleben, dass es auch anders geht.

„Das muss jetzt in die Köpfe der Leute rein!“

Munich Startup: Wie sieht es denn jetzt mit Eurem weiteren Wachstum aus?

Roundpeg: Wie gesagt, viele sind noch daran gewöhnt, dass der Roboter hinter einem Zaun steht und da sein Ding macht. Sobald der abgesperrte Arbeitsbereich betreten wird, stoppt der Roboter seine Arbeit. Da stehe ich entweder neben dem Roboter, oder der Roboter bewegt sich, wenn ich den Käfig verlassen habe. Dass beides geht, das muss jetzt in die Köpfe der Leute rein. Wir haben jetzt aber die Möglichkeit den einen oder anderen Kunden-Use-Case vorstellen zu können, zum Beispiel mit Airbus. Wenn die Kunden so sehen, dass es Lösungen gibt und man wirklich neben dem Roboter stehen kann und der reagiert auf einen – dann nimmt das auch eine gewisse Eigendynamik auf.

Munich Startup: Wie wird Eure Lösung dann in den Werks- und Montagehallen so angenommen? Wie sehen die Leute, die am Ende mit den Robotern arbeiten müssen, das Ganze?

Roundpeg: Das Feedback, das wir aktuell bekommen, zeigt uns, dass es für die Akzeptanz von Robotern ein riesiger Gewinn ist. Es ist vermeintlich ein kleiner Beitrag, aber er wirkt wahnsinnig stark auf die Wahrnehmung der Menschen in den Produktionsbetrieben. Diese ändert sich weg vom dummen Roboter, der einen vielleicht ersetzt. Stattdessen wird er eher als Freund gesehen, der einen respektiert und mit dem man zusammenarbeiten kann.

Munich Startup: Und sieht es finanziell bei Euch aus? Seid Ihr auf der Suche nach Wachstumskapital?

Roundpeg: Wir sind jetzt in der schönen Lage, dass wir Umsätze haben, und das hilft an der finanziellen Front sehr stark. Was Wachstumskapital angeht, wollen wir zeitnah eine Runde einsammeln. Wir haben festgestellt, dass wir wirklich ein Problem der Kunden lösen. Denn: Unsere Lösung ist aktuell die Einzige, die man nachträglich auf einen Roboter aufbauen kann, die Kollisionen wirklich vermeidet. Weltweit. Deshalb ist es eine gute Gelegenheit, einen starken Partner mit ins Boot zu holen und durchzustarten. Es gibt sogar schon ein paar Commitments – sieht also aktuell ganz gut aus.

Roundpeg will die Interaktion von Menschen und Robotern revolutionieren

Munich Startup: Wie soll es in Zukunft für Euch weitergehen?

Roundpeg: Unsere Vision ist es, die Interaktion von Menschen und Robotern zu revolutionieren, und zwar in absolut jeder Hinsicht. Man ist da noch sehr auf Produktionsroboter fixiert, weil produzierende Unternehmen einfach noch die Hauptabnehmer von Robotern sind. In der Branche hoffen aber alle auf den privaten Sektor. Und wenn wir es gelöst bekommen, dass Roboter ihr Umfeld wirklich von sich aus sauber wahrnehmen können, dann wird das ein starker Beschleuniger sein für Roboter in unserem Alltag. Das Ziel – oder der Traum – ist ja immer noch, dass Roboter die Sachen im Haushalt und um uns herum erledigen, die lästig sind. Und unsere Vision ist es, da einen ordentlichen Beitrag zu leisten, indem wir die Interaktion zwischen Roboter und Mensch neugestalten.

Munich Startup: Welche Learnings konntet Ihr im Team denn bisher mitnehmen?

Roundpeg: Egal wie gut man sich kennt – wir beide kannten uns ja lange vor der Gründung schon – wenn man zusammen ein Startup aufbaut, lernt man sich noch einmal ganz anders kennen. Aber was vielleicht für andere Gründer wichtiger ist: Bei potenziellen zukünftigen Teammitgliedern schauen wir ganz genau hin, ob die auch wirklich unsere Vision mittragen. Und wir müssen auch sehen, wie die einen Beitrag dazu leisten können. Und man ist überrascht, wie schlagkräftig heutzutage auch ein kleines Team sein kann.

Ein Startup gründen ist wie ein 1.000-Teile-Puzzle

Munich Startup: Was macht für Euch ein gutes Startup-Ökosystem aus?

Roundpeg: Es ist wirklich sehr wertvoll sich mit anderen auszutauschen. Bei der Gründung eines Startups gibt es so viele Belange, die man adressieren muss und ein gutes Ökosystem gibt von allen Seiten Input, auf was man achten muss. Das kann man vielleicht mit einem 1.000-Teile-Puzzle vergleichen: Man bekommt die ganzen Puzzleteile hingeschmissen und am Ende soll eine Firma dabei rauskommen. Man weiß aber überhaupt nicht, wie man das zusammensetzen soll, und das Ökosystem liefert dann sozusagen den Deckel der Schachtel, auf dem man sieht, wie es aussehen sollte. Eine genaue Anleitung ist das natürlich nicht, aber man bekommt eben viele Inputs, die einen alle ein kleines Stückchen weiterbringen. Die guten Programme haben das verstanden – wir glauben aber, dass wir das noch mehr forcieren sollten in München.

weiterlesen ↓