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Re’flekt & Startup Creasphere – wie war die Zusammenarbeit?

Seit 2018 gibt es den Accelerator Startup Creasphere, der sich ganz auf das Thema Digital Health fokussiert. Wie läuft eine Zusammenarbeit zwischen Accelerator und Startup konkret ab? Das wollten wir vom Münchner Startup Re’flekt wissen, das vor zwei Jahren Teil des Accelerators war.

Die Vision von Wolfgang Stelzle, als er 2012 in München das Startup Re’flekt gründete: Augmented & Mixed Reality (AR & MR) für Unternehmen erschwinglich und skalierbar zu machen. Heute ermöglicht ein inzwischen 50-köpfiges Team an den Standorten München und San Francisco Kunden wie ABB, BASF, Bosch, Medtronic und Siemens ihre eigenen AR & MR-Anwendungen zu kreieren – und das ganz ohne Programmierkenntnisse.

Die Teilnahme an der Startup Creasphere hat Re’flekt vor zwei Jahren nochmals ein komplett neues Industriefeld eröffnet: die Healthcare-Branche. Das Ziel, mit dem Roche, Founding Partner der Startup Creasphere, in das gemeinsame Pilotprojekt gestartet war: die Bereiche Training, Service und Wartung in ihrer Diagnostik-Sparte zu digitalisieren.

Bis dato arbeiteten die Servicetechniker in ihren Schulungen und bei Einsätzen vor Ort in Laboren weitgehend auf Basis von tausenden von Seiten im Papier- oder PDF-Format. Von einer weiteren Digitalisierung und interaktiveren Animation der Trainingsunterlagen erhoffte sich Roche, den Aufwand für die Trainings zu reduzieren und diese besser an den aktuellen Wissensstand und auf das jeweilige Portfolio der Servicetechniker zuschneiden zu können. Das dreimonatige Pilotprojekt wurde zum vollen Erfolg – und führte im Anschluss zu einer weitergehenden Partnerschaft zwischen Re‘flekt und dem Technologieführer in der Diagnostikbranche weltweit.

Wir haben bei Re’flekt Gründer und CEO Wolfgang Stelzle nachgefragt, wie die Zusammenarbeit abgelaufen ist, wie sich die Trainings und der Kundenservice bei Roche durch den Einsatz von AR verändert haben und warum die Healthcare-Branche ein spannendes Feld für ihn ist.

Unser Interviewpartner Wolfgang Stelzle, Gründer und CEO von Re’flekt. (Foto: Re’flekt)

Munich Startup: Wie muss man sich das gemeinsame Pilotprojekt mit Roche vorstellen?

Wolfgang Stelzle: Roche war von Anfang an von unserer Reflekt One-Plattform begeistert. Allerdings stand die berechtigte Frage im Raum, wie viel Zeit, Aufwand und Budget nötig sein würde, um die 2D-Service-Manuals in ein 3D-Format zu bringen. Die dreimonatige Pilotphase im Rahmen der Startup Creasphere wollten wir dazu nutzen, zu zeigen, dass es mit relativ geringem Aufwand möglich ist. Und das hat geklappt!

Munich Startup: Wie ging es danach weiter?

Wolfgang Stelzle: Wir haben uns relativ schnell auf eine weitere Kooperation geeinigt und intensiv gemeinsam daran gearbeitet, die spezifischen Anforderungen von Roche in unsere Plattform zu integrieren. Heute hat Roche mit Reflekt One eine Plattform an der Hand, mit der sie inhouse ihre bestehenden Inhalte aus den 2D-Manuals mit 3D-Daten anreichern und in animierte Step-by-Step-Anleitungen konvertieren können – und zwar komplett ohne Programmierkenntnisse. Das ist bei der Menge an Trainings- und Service-Dokumenten bei Roche ein riesiger Schritt nach vorne; auf dem klassischen Weg hätte eine Umstellung sehr viel mehr Ressourcen benötigt oder wäre gar nicht zu stemmen gewesen.

Munich Startup: Was hat sich bei Roche konkret durch eure Lösung verbessert?

Wolfgang Stelzle: Im Schulungsbereich spart sich Roche mit Reflekt One Zeit und Kosten bei der Erstellung der Trainings und kann diese viel besser personalisieren, um ihre Servicetechniker gezielt entsprechend ihrem Wissensstand und ihrem jeweiligen Portfolio an Laborsystemen zu schulen. Durch den Einsatz der virtuellen Benutzerhandbücher, die ihre Servicetechniker auf dem Tablet bei Einsätzen vor Ort nutzen werden, wird sich die Support-Qualität noch weiter steigern.

Munich Startup: Also ein voller Erfolg. Und wie war es für euch als Startup, mit einem der größten Unternehmen in der Gesundheitsbranche zu arbeiten?

Wolfgang Stelzle: An die Zusammenarbeit mit großen Kunden sind wir ja bereits aus anderen Branchen gewohnt, aber da es die erste größere Kooperation im Healthcare-Bereich war, waren wir schon sehr gespannt, welche Anforderungen Roche mitbringen würde. Da AR & MR-Anwendungen in der Gesundheitsbranche noch bei weitem nicht so verbreitet waren wie beispielsweise in der Automobil-Branche, hatten wir zunächst die Befürchtung, dass wir eventuell viel mehr Überzeugungsarbeit leisten müssten. Aber hier ist Roche seinem Ruf als Innovationsführer in seinem Bereich gerecht geworden. Das Team hat sich von Anfang an voll auf das gemeinsame Projekt eingelassen und sich von unserem Tempo und der Begeisterung anstecken lassen – das ist für ein so großes Unternehmen mit festen und oft langwierigen Prozessen nicht selbstverständlich. Aber nur so war es möglich, dass wir so schnell den Proof of Concept und die Umsetzung geschafft haben.

Munich Startup: Und wie geht es für euch weiter – wollt ihr den Bereich Healthcare bei euch weiter ausbauen?

Wolfgang Stelzle: Die erfolgreiche Zusammenarbeit mit Roche hat uns gezeigt, wie viel Potenzial im Gesundheitswesen steckt, mithilfe von AR-Technologie komplexe Prozesse und technische Dokumentation zu vereinfachen. Hinzu kommt, dass die Branche und ihre Herausforderungen in der aktuellen Zeit besonders in den Fokus rücken. So ist zum Beispiel in der Medizintechnik eine Dringlichkeit entstanden, schnell innovative Lösungen zu finden und die Digitalisierung voran zu treiben. Mit unserer AR-Plattform und Expertise können wir Unternehmen genau dabei unterstützen und arbeiten auch bereits an der Umsetzung weiterer Use Cases.

Munich Startup: Würdet ihr auch anderen Startups die Teilnahme an der Startup Creasphere empfehlen?

Wolfgang Stelzle: Unbedingt. Was uns an der Startup Creasphere besonders gefallen hat, war, dass die Co-Creation so stark im Vordergrund stand. Es ging also nicht nur um das Pitchen der eigenen Lösung und etwas Coaching im Lauf des dreimonatigen Batches, sondern Roche hat sich sehr intensiv in das gemeinsame Pilotprojekt eingebracht und voll mitgezogen. So steht am Ende nicht nur ein Blick von außen auf die eigene Lösung, sondern die konkrete Chance auf eine weitere gemeinsame Zusammenarbeit.