Cognibit: Autonomes Fahren sicherer machen

Das Münchner Startup Cognibit will autonomes Fahren sicherer machen. Dafür hat das Gründerteam eine Software entwickelt, die menschliches Verhalten im Straßenverkehr simuliert. Eine wichtiges Thema, denn der Mensch ist im Straßenverkehr gar nicht so einfach berechenbar. Mitgründerin Isabelle Garzoz beantwortet unsere 7 Fragen.

Munich Startup: Wer seid Ihr und was macht Cognibit? Stellt Euch bitte kurz vor!

Isabelle Garzorz, Cognibit: Wir sind die Cognibit-Gründer Lukas Brostek (40), Alex Knorr (32) und ich, Isabelle (31). Unsere gemeinsame Vision ist es, autonomes Fahren sicher zu machen. Als Neurowissenschaftler forschten wir alle Drei am Zentrum für Sensomotorik der LMU München über Bewegungswahrnehmung und Verhaltensmodellierung. Lukas arbeitete nach seinem PostDoc bei einem großen Automobilhersteller und konnte dort mehrjährige Erfahrung als Entwicklungsspezialist im Bereich Autonomes Fahren erwerben. Dabei beschäftigte er sich auch mit dem Thema „Virtuelle Entwicklung“, also der computergestützten Simulation des Verkehrsgeschehens. In diesem Zusammenhang entstand die Idee – basierend auf neurokognitiven Erkenntnissen – Simulationsmodelle des Verhaltens menschlicher Verkehrsteilnehmer zu entwickeln. Die Geschäftsidee war also geboren und zusammen bewarben wir uns für das Exist-Gründerstipendium, über das wir seit März dieses Jahres gefördert werden.

Das menschliche Verhalten als Herausforderung für autonomes Fahren

Munich Startup: Welches Problem löst Euer Startup?

Isabelle Garzorz, Cognibit: Cognibit steht für „Cognition and behavior in traffic” und genau das wollen wir mit unserer Software erreichen – menschliche Kognition und menschliches Verhalten im Straßenverkehr simulieren. Warum man das braucht?

Ein autonomes Fahrzeug muss ca. 30 Milliarden Kilometer zurücklegen, damit sich ein Automobilhersteller sicher sein kann, dass es sicherer ist als ein menschlicher Fahrer. Inzwischen wird aufgrund dieser Größenordnung hauptsächlich in der Simulation getestet. Das funktioniert aber nur, wenn die Bedingungen in dieser Simulation realistisch sind – schließlich soll das Fahrzeug auch mit schwierigen Verkehrssituationen konfrontiert werden. Und da ist vor allem das Verhalten der Menschen im Straßenverkehr, mit denen das zu testende Fahrzeug interagieren soll, die größte Herausforderung. Wir bei Cognibit simulieren dieses Verhalten realitätsgetreu.

Raus aus der Blackbox

Munich Startup: Aber das gibt’s doch schon längst!

Isabelle Garzorz, Cognibit: Es gibt schon Verkehrsteilnehmermodelle. Aber wir verfolgen einen neuen Ansatz, der auf neurokognitiver Forschung basiert und gegenüber herkömmlichen, rein datenbasierten Machine-Learning-Ansätzen zahlreiche Vorteile besitzt. Während die Konkurrenz mit ihrem „Blackbox“-Ansatz versucht, aus Verkehrsdaten das menschliche Verhalten im Straßenverkehr zu extrahieren und zu simulieren, modellieren wir das Verhalten explizit.

Wir simulieren also die gesamte sensomotorische Verarbeitungskette, sodass unsere Verkehrsteilnehmer-Modelle auch die menschlichen Limitationen berücksichtigen. Wir berechnen also beispielsweise ein eingeschränktes Sichtfeld, unterschiedliche Reaktionszeiten, Ablenkung etc. ein. Das ist enorm wichtig. Denn mit unsere transparenten Modelle können sicherheitskritische Situationen wie Unfälle oder Beinahe-Unfälle in der Simulation absichern und rekonstruieren. Datenbasierte Ansätze bräuchten unendlich viele Datensätze, um die vielen Variationen verkehrskritischer Situationen realistisch simulieren zu können.

Munich Startup: Was waren bisher Eure drei größten Herausforderungen?

Isabelle Garzorz, Cognibit: Unsere größte Herausforderung war wohl die aktuelle Corona-Krise, durch die sehr viele Messen und Konferenzen gestrichen wurden – und damit für uns auch die Gelegenheit, direkt mit Kunden, Kooperationspartnern und Investoren zu sprechen. Trotzdem haben die virtuellen Alternativen bislang erstaunlich gut funktioniert.

In 5 Jahren: Sichere autonome Fahrzeuge auf der Straße

Munich Startup: Wo möchtet Ihr in einem Jahr stehen, wo in fünf Jahren?

Isabelle Garzorz, Cognibit: In einem Jahr möchten wir unsere ersten Pilotkunden von unserem Produkt überzeugt haben und mit ihnen zusammen unser Produkt weiterentwickeln. Bis dahin haben wir dann hoffentlich auch ein, zwei Mitarbeiter zur Unterstützung im Bereich der Softwareentwicklung und Sales an Bord.

Unsere Vision für Cognibit in fünf Jahren? Bis dahin soll unsere Technologie bei den Herstellern autonomer Fahrzeuge flächendeckend zum Einsatz kommen und so sichere autonome Fahrzeuge auf die Straße bringen.

Munich Startup: Wie schätzt Ihr den Startup-Standort München ein?

Isabelle Garzorz, Cognibit: Wir sind ein recht junges, frisch gegründetes Startup, daher fehlen uns noch die Erfahrungswerte. Aber bislang können wir uns über München absolut nicht beklagen. Als Mobility Hub ist München für uns genau der richtige Fleck innerhalb Deutschlands. Viele unserer potentiellen Kunden und Kooperationspartner sind schon direkt vor Ort.

Munich Startup: Risiko oder Sicherheit?

Isabelle Garzorz, Cognibit: Da spiegeln wir wohl ganz gut unser Produkt wider: Sicherheit hat immer höchste Priorität.