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Markteintritt nur zusammen mit lokalen Partnern – Retarus in Japan und Südkorea

Wie kann ein erfolgreicher Eintritt in neue Märkte gelingen? Indem man sich zum Beispiel Hilfe von Profis holt. So hat es auch Retarus gemacht und an dem German Accelerator-Programm "Next Step" teilgenommen. Welche Erfahrungen das Münchner Unternehmen dabei sammeln konnte, berichtet uns Sebastian Raum, Director Global Operations und Internal Audit bei Retarus, im Interview.

Munich Startup: Warum habt Ihr Japan und Südkorea als potenziellen Expansionsmarkt gewählt?

Sebastian Raum: Wir sind ein Premiumanbieter im Bereich Kommunikationsdienstleistungen. Japaner und Südkoreaner legen wie wir Deutschen großen Wert auf Qualität und Innovation. Insofern sind diese Märkte für uns bereits im Grundsatz spannend. Zudem sind diese beiden Märkte, in denen wir heute noch keine Präsenz haben, die größten im Bereich Faxkommunikation.

Munich Startup: Warum sollten deutsche Startups Asien in Betracht ziehen?

Sebastian Raum: Der asiatische Markt ist für Europäer sicherlich nicht einfach, da es große kulturelle Unterschiede gibt. Aufgrund der enormen Dynamik und des großen Potenzials ist ein Markteintritt jedoch extrem spannend.

Große Sorgfalt bei der Auswahl des lokalen Partners

Munich Startup: 3 Tipps für Startups, die überlegen, nach Japan und/oder Südkorea zu expandieren?

Sebastian Raum: Versucht, die Kultur zu verstehen. Prüft die Kompatibilität eurer Unternehmenskultur mit der des Marktes. Lasst bei der Auswahl des lokalen Partners große Sorgfalt walten.

Munich Startup: Inwiefern haben Programme wie „Next Step“, mit denen Startups in einer sehr kurzen Zeit einen potenziellen neuen Markt entdecken und erkunden können, Euch bei Euren Expansionszielen geholfen?

Sebastian Raum: Das German Accelerator „Market Discovery“-Programm besteht einerseits aus „allgemeinen Vorträgen“, z.B. zur Rechtsformwahl, zu Fördermöglichkeiten im Land, zur Business-Kultur. Andererseits besteht es aus vielen individuellen Gesprächen zu Produkt- oder Unternehmensspezifika, die sich zwischen den teilnehmenden Unternehmen unterscheiden. Hierfür gibt es Mentoren, die sich Zeit nehmen, das jeweilige Unternehmen zu verstehen und dann mit ihrer Erfahrung unterstützen. Das ist sehr hilfreich, da man einen Plan für sich und sein Unternehmen schmieden kann und diesen dann von Mentoren mit spezifischer Erfahrung im Markt abgleichen kann.

Kurz-Meetings statt wöchentlicher Austausch

Munich Startup: Wie läuft es bei Euch mit dem virtuellen Arbeiten?

Sebastian Raum: Zu Beginn der Corona-Krise waren wir bei Retarus technisch bereits gut genug ausgerüstet, um ad hoc auf virtuelles Arbeiten umstellen zu können. Durch die internationalen Teams bei Retarus arbeiten viele Abteilungen schon lange virtuell. Die Umstellung auf vollständig virtuell war deshalb kein großer Schritt für uns und unserer Erfahrung nach hat virtuelles Arbeiten bei Retarus keinen erkennbaren Einfluss auf Leistung und Erfolg.

Eine besondere Herausforderung ist jedoch das Onboarding neuer Mitarbeiter. Was haben wir verändert, um auch virtuell erfolgreich sein zu können? Tägliche virtuelle Kurz-Meetings mit der gesamten Abteilung statt ein wöchentlicher persönlicher Austausch. Da das Plaudern an der Kaffeemaschine fehlt, haben wir zusätzlich zu Arbeits-Meetings Möglichkeiten zum Socializing eingeführt: 2 x täglich globale Sport-Sessions mit einem Personal Trainer, sowie Kaffee-Meetings, die neue Kollegen mit den bestehenden Teams zusammenbringen. Regelmäßige Post nach Hause für alle Mitarbeiter weltweit (Postkarte, Geschenke). Regelmäßige virtuelle Meetings mit allen Mitarbeitern weltweit in verschiedenen Formaten (Vollversammlung, Jam Session, Weihnachtsfeier). Das ist jeweils sehr aufwändig, wir arbeiten hier unter anderem mit Synchrondolmetschern.

Munich Startup: Und wie war Eure Erfahrung mit der Teilnahme an einem vollständig virtuellen Accelerator-Programm ohne Zeit vor Ort verbringen zu können?

Sebastian Raum: Im Accelerator-Programm lief das technisch ebenso völlig problemlos. Schade war, dass man die anderen teilnehmenden Unternehmen de facto gar nicht kennenlernen konnte und so auch gegenseitig keine Synergien gehoben werden konnten. Und natürlich fehlt der „local flavor“ und die Erfahrung vor Ort, wenn alles nur virtuell geschieht.

Was sind Eure nächsten Schritte in puncto Internationalisierung?

Sebastian Raum: Basierend auf den gewonnenen Insights werden wir damit beginnen, den Markt nach potenziellen Partnern zu scannen. Aufgrund der Erfahrung in anderen Märkten in Asien (Singapur, Malaysia, Thailand), werden wir den Markteintritt in jedem Fall nur zusammen mit lokalen Partnern unternehmen. Sorgfältiges Screening und eine gründliche Abstimmung von Interessen sind dabei aus unserer Sicht entscheidend für den Erfolg.


Weitere Informationen zu Japan und Südkorea findet Ihr in unserer Going Global-Reihe