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Govradar bringt Behörden und Innovationen zusammen

Das Münchner Startup Govradar ist eine Online-Beschaffungsplattform, die dem öffentlichen Sektor dabei hilft, die richtigen Innovationen zu kaufen. Ein Interview mit Sascha Soyk, Gründer und Geschäftsführer des Startups.

Munich Startup: Wer seid Ihr und was macht Govradar? Stellt Euch bitte kurz vor!

Sascha Soyk: Mit Govradar entwickeln wir eine Beschaffungsplattform für den öffentlichen Sektor, um Behörden dabei zu helfen, Innovationen ressourceneffizient zu beschaffen – automatisiert und vergaberechtskonform. Ich habe die Besonderheiten öffentlicher Beschaffung selbst erlebt, teilweise sehr schmerzhaft, in meiner Zeit in der Innovationseinheit eines Bundesministeriums. Danach war ich beim amerikanischen Softwareunternehmen Palantir und habe die zweite Seite in diesem Markt, die der Anbieter, verstehen gelernt. Es ist für beide Seiten, innovative Technologieunternehmen und öffentliche Auftraggeber, eine echte Herausforderung, effizient zusammenzufinden. Umso wichtiger für die Digitalisierung in deutschen Behörden, dass wir mit Govradar jetzt beide Seiten intelligent verbinden.

Daniel Schießl, unseren CTO, habe ich kennengelernt durch das Center for Digital Technology and Management (CDTM) hier in München. Ich selbst habe BWL an der Uni Mannheim studiert, aber mein Bruder hatte mir als Alumnus Daniels Profil weitergeleitet. Er bringt einfach genau das mit, was wir im Aufbau eines „Check24 für den öffentlichen Sektor“ in den kommenden Jahren brauchen werden: Echte Entwickler-Skills, aber auch die Fähigkeit, ein schnell wachsendes technisches Team zu führen. Daniel hat hier an der TU München und in Stanford Elektro- und Informationstechnik und Physik studiert. Und wir sind sehr stolz, ihn für Govradar als Co-Founder gewonnen zu haben.

Markt erkunden, Innovationen beschaffen

Munich Startup: Welches Problem löst Euer Startup?

Sascha Soyk, CEO von Govradar und unser Interviewpartner. © Govradar

Sascha Soyk: Öffentliche Beschaffung ist leider weiterhin sehr teuer, extrem langwierig und im Ergebnis oftmals nicht sonderlich innovativ. Weil ganz wenige Startups und kleine Unternehmen überhaupt am Sektor partizipieren. Als Markterkundungsplattform bringen wir beide Seiten zusammen, mit Anonymität, Compliance per Design und Automatisierung.

Aktuell fokussieren wir uns auf IT-Beschaffung für Schulen. Auch wenn es hier nun viele Förderprogramme wie den ‚Digitalpakt Schule‘ gibt, sind Kommunen als Schulträger häufig überfordert mit der Vielzahl der individuellen Bedarfe und Anträge. Wir automatisieren die Beschaffung im kleinvolumigen Bereich, sodass sich die Mitarbeiter bei den Landkreisen und Städten auf komplexere Themen konzentrieren können. Dabei sorgen wir mit unseren Lösungen immer dafür, dass Vergaberecht von Anfang an mitgedacht und berücksichtigt wird. Das gibt den Vertretern der öffentlichen Hand Sicherheit hinsichtlich einzuhaltender Auflagen.

Als Konsumenten sind wir es alle gewohnt, „einfach im Internet zu shoppen“. Das geht im öffentlichen Sektor nicht – es müssen zum Beispiel immer mindestens drei Angebote eingeholt werden. Schließlich werden hier Steuergelder ausgegeben. Wir sorgen unter diesen Bedingungen dafür, dass die Beschaffung von IT trotzdem nicht viele Monate dauert, sondern setzen uns als Benchmark die Einfachheit von Online-Stores. Wenn auch nicht „heute geklickt, morgen geliefert“, dann zumindest „nach wenigen Wochen geliefert“.

Govradar berücksichtigt Vergaberecht

Munich Startup: Aber das gibt’s doch schon längst!

Sascha Soyk: Ja, viele denken an Amazon oder eben Check24. Solche Plattformen funktionieren aber für öffentliche Auftraggeber aus diversen rechtlichen Gründen nicht. Govradar wird ähnlich einfach in der Bedienung sein, dabei aber jederzeit vergaberechtliche Auflagen berücksichtigen.

Munich Startup: Was war eure bislang größte Herausforderung?

Sascha Soyk: Häufig werde ich auf die derzeitige Situation angesprochen. Da wir kurz vor dem Lockdown gegründet haben, kennen wir eigentlich nur den Corona- bzw. Krisenmodus. Bisher funktioniert trotzdem alles ganz gut. Natürlich haben sich Kundenansprachen verzögert. Es war schon eine Herausforderung, mit den Behörden während des Lockdowns in Kontakt zu treten, da es natürlich auch hier viel Ratlosigkeit und Verunsicherung gab. Auf der anderen Seite versuche ich es positiv zu sehen und leite daraus einen Vorteil ab: Corona zeigt, dass wir endlich mehr für die Digitalisierung tun müssen und nicht nur Ämter, sondern beispielsweise auch die Schulen auf Vordermann bringen müssen. Wir hoffen auch, dass das Investoren inzwischen so wahrnehmen.

Munich Startup: Wo möchtet Ihr in einem Jahr stehen, wo in fünf Jahren?

Sascha Soyk: Mitte nächsten Jahres wollen wir möglichst viele Schulen in Deutschland digitalisiert haben, also dazu beigetragen haben, dass sie schnell neue Hardware und Software erhalten haben. Aktuell liegt unser Fokus auf Bayern, aber wir glauben, dass wir noch in diesem Jahr auch auf andere Bundesländer ausrollen können.

In fünf Jahren soll unsere Vision langsam Wirklichkeit werden: Govradar als die führende europäische Beschaffungsplattform für den öffentlichen Sektor. Wir glauben, dass die Digitalisierung ein entscheidender Treiber sein wird. Denn nicht nur in deutschen Schulen sieht es häufig noch stark nach 1980 aus – Verwaltung in Europa insgesamt hat noch so viel aufzuholen!

„Verwaltung hat noch viel aufzuholen“

Munich Startup: Wie schätzt Ihr den Startup-Standort München ein?

Sascha Soyk: Wir fühlen uns rundum wohl hier! Daniel ist sogar geborener Münchner und ich habe Govradar letztes Jahr bewusst hier gegründet, nachdem ich seit 2012 in der Landeshauptstadt lebe. Die Stadt hat für uns einen ungeschlagen hohen Freizeitwert und entwickelt sich auch als Startup-Standort immer weiter. Wir müssen uns vor Berlin längst nicht mehr verstecken! Hier gibt es ein etabliertes Ökosystem von hervorragenden Unis, von Acceleratoren und Coworking-Communities und wir haben von allen bereits sehr profitiert. Die Teilnahme am Founder Institute und am Batch des LMU Entrepreneurship Centers waren genauso hilfreich, wie die breiten Recruiting-Möglichkeiten an der TU, der LMU und der UniBw. Und den besten Office-Standort, direkt am Marienplatz, haben wir Wayra zu verdanken!

Munich Startup: Früh aufstehen oder die Nacht durchmachen?

Sascha Soyk: Puh, da gehen die Meinungen bei uns im Gründerteam wohl klar auseinander: Daniel ist immer schon super früh am Start – ich bin eher der Kandidat für die Nachtschichten. Aber das passt ja. Hauptsache wir finden jetzt nach Corona auch endlich wieder Zeit für gemeinsame After-Work-Drinks mit dem ganzen Team!