Unsere Interviewpartnerin Amanda-Stella Birkenholz
Foto: Amanda-Stella Birkenholz

Women in Tech: Interview mit Amanda-Stella Birkenholz von UVC Partners

Zu wenig Gründerinnen, zu wenig Investorinnen – von Wirtschaftsingenieurin und UVC-Investorin Amanda-Stella Birkenholz wollen wir im Interview wissen, was passieren muss, dass sich daran nachhaltig etwas ändert.

Munich Startup: Amanda, Du bist als Investment Managerin bei UVC Partners tätig. Bevor wir darauf zu sprechen kommen, nimm uns doch bitte auf Deinen beruflichen Werdegang mit.

Amanda-Stella Birkenholz: Ich habe Wirtschaftsingenieurwesen (Fachrichtung Maschinenbau) an der RWTH in Aachen studiert und habe nach dem Studium bei Bombardier Transportation ein internationales Traineeprogramm gemacht. Damit habe ich unterschiedliche Stationen im Unternehmen durchlaufen und war in Berlin, London und Bangkok, wo ich schließlich zwei Jahre das neue Headquarter für Asien mitaufgebaut habe, tätig. Ich habe in der Zeit sehr eng mit Vorständen zusammengearbeitet und für mich auch gemerkt, dass ich meine Karriere nicht immer im Konzern machen möchte.

2015 bin ich nach München zurückgekommen, hier bin ich auch aufgewachsen, und habe die Startup Welt für mich entdeckt. In den letzten Jahren war ich bei einem Company Builder und habe dort selbst B2B-Tech-Startups aufgebaut und vor einem Jahr auf die Investorenseite zu UVC Partners gewechselt.

Munich Startup: Wie bereits gesagt arbeitest Du aktuell bei UVC Partners, dem Investmentarm der UnternehmerTUM. Kannst Du kurz UVC Partners vorstellen?

Amanda-Stella Birkenholz: UVC Partners ist ein Spin-off der UnternehmerTUM und ein unabhängiger VC-Fonds mit dem wir in Europa in B2B-Tech-Startups investieren. Unser Fokus liegt dabei auf Industrial Tech, Enterprise SaaS und Mobilität und wir machen sowohl Hardware- als auch Software-Investments in Pre-Seed bis Serie-A-Unternehmen. Unser dritter Fonds hat 250 Millionen Euro Kapital und wir investieren initial 0,5-10 Millionen Euro und können dann in Folgerunden bis zu 30 Millionen Euro pro Unternehmen weiter finanzieren.

Fokus auf Hardware-Bereiche

Munich Startup: Was genau umfasst Deine Tätigkeit dort?

Amanda-Stella Birkenholz: Das Aufgabenfeld ist recht breit und deckt von der Suche nach spannenden Startups bis zur Betreuung alles ab. Konkret bedeutet das Screening von Startups, durchführen von Due Dilligences, um Produkt, Technologie und Markt zu verstehen und auch das Team einzuschätzen, Investment-Entscheidungen mit dem Team zu treffen, Vertragsverhandlungen mit den Startups und anschließend die Zusammenarbeit über das Board, um strategische Entscheidungen zu treffen und auch weitere Finanzierungsrunden zu unterstützen.

Munich Startup: Auf welchen Technologien oder Branchen liegt Dein Fokus?

Amanda-Stella Birkenholz: Ich bin für viele Hardware-Bereiche, wie Quantencomputer, Robotik, Energie, Space und auch Proptech verantwortlich.

Munich Startup: Welche Startups haben Dich in letzter Zeit besonders überzeugt?

Amanda-Stella Birkenholz: Erst kürzlich haben wir eines meiner Investments im Bereich Quantencomputer veröffentlicht. Wir haben in Planqc investiert, ein Unternehmen, das aus dem Munich Quantum Valley kommt und Quantencomputer bauen wird, die bei Raumtemperatur operieren. Das Team besteht aus weltweit angesehenen Experten, die in ihrem Bereich sehr viel Erfahrung aus der Forschung mitbringen und die mit den gewonnenen Erkenntnissen nun ein Unternehmen aufbauen. Ich bin überzeugt, dass Quantencomputer die Welt wie sie heute ist stark verändern werden und freue mich sehr, Teil davon sein zu dürfen.

„Unconscious Bias spielt eine Rolle“

Munich Startup: Nach wie vor gibt es deutlich weniger Investorinnen als Investoren und auch der Anteil von Gründerinnen liegt in Deutschland laut dem Deutschen Startup Monitor 2021 bei weniger als 18 Prozent. Siehst Du zwischen den beiden Aspekten einen Zusammenhang?

Amanda-Stella Birkenholz: Sicherlich und es gibt dabei auch verschiedene Aspekte. Zum einen spielt dabei der Unconscious Bias, den wir alle haben und der auch natürlich ist, eine Rolle. Wir connecten besser mit Menschen, die uns ähnlich sind und das Geschlecht spielt dabei natürlich eine Rolle. Die Branche wird noch immer von männlichen Investoren dominiert und daher ist es auch nicht ungewöhnlich, dass diese mehr Potenzial in männlichen Teams, die ihnen selbst ähnlich sind, sehen. Andererseits gibt es schon ein starkes Bewusstsein in der Branche, dass diverse Teams besser performen und damit sicherlich auch heute mehr Chancen für Gründerinnen, Kapital einzusammeln als das noch vor einigen Jahren war.

Der andere sehr wichtige Punkt ist aus meiner Sicht das Netzwerk. Das Netzwerk von Männern ist meist größer als das von Frauen, was leider häufig entscheidend ist. Sowohl im Unternehmensaufbau als auch im Fundraising gibt es schon Best Practices, welche die Erfolgsquoten erhöhen und diese zu kennen ist sehr wertvoll. Daher ist der Austausch mit anderen GründerInnen sehr wichtig und hilft auch Intros zu den VCs zu erhalten, was immer besser funktioniert als über eine Homepage ein Pitch Deck zu senden.

Munich Startup: Investieren Frauen Deiner Erfahrung nach anders als Männer?

Amanda-Stella Birkenholz: Gerade in Impact Fonds sind häufig Frauen Partnerinnen, wohingegen dies bei klassischen Finanz-Fonds leider noch selten der Fall ist. Ich glaube im klassischen VC sind die Wege der Entscheidungsfindung von Frauen und Männern ähnlich, wenn auch Frauen sicherlich eine andere Perspektive auf Themen haben.

Mehr Bootstrapping, weniger VC

Munich Startup: Und gründen Frauen auch anders als Männer?

Amanda-Stella Birkenholz: Frauen haben häufiger das Bedürfnis etwas mit Impact zu machen. Daher, und auch weil es dort mehr weibliche Partnerinnen gibt, sind auch die Quoten von weiblichen Teams, die von Impact-Investoren eine Finanzierung bekommen, deutlich höher als von klassischen Finanzinvestoren.

Ich beobachte auch häufig, dass Frauen sich mehr auf das Bootstrappen fokussieren und erst wirklich etwas solides aufbauen wollen, bevor sie in eine Finanzierung gehen. Männer hingegen sammeln früher Geld ein und das auch häufiger basierend auf einer Vision als Frauen das tun. Unternehmen, die von Frauen gegründet wurden, sind damit auch häufiger solide aufgestellt, aber haben nicht immer so starkes Wachstum wie Unternehme von rein männlichen Teams.

Munich Startup: Bedarf es Deiner Meinung nach spezielle Netzwerke nur für Frauen, um mehr Frauen zum Gründen und Investieren zu motivieren? Wenn ja, kannst Du welche empfehlen?

Amanda-Stella Birkenholz: Ich glaube, dass Frauen insgesamt mehr Netzwerken sollten und dass ein Frauennetzwerk ein guter Rahmen sein kann, um in einer geschlossenen Gruppe offen über gewissen Themen zu sprechen. Dafür haben wir die Female Founders Office Hours gegründet, wo wir weiblichen Teams zu Themen wie Finanzierung, Startup-Programmen und dem Aufbau von Startups Hilfestellungen anbieten.

Dennoch muss das Netzwerk geschlechtsunabhängig sein und gerade das Vernetzen mit erfolgreichen Gründern und Investoren – die heute noch häufig männlich sind – ist das was Frauen brauchen, um Wissen aufzubauen und auch Zugang zu Kunden oder Investoren zu erhalten.

Leider investieren auch viel zu wenig Frauen. Svenja Lassen hat deswegen das Female Investors Network gegründet, um hier mehr Frauen für Angel Investments zu sensibilisieren und den Zugang zu bieten.

Munich Startup: Das Thema Vereinbarkeit von Beruf und Familie ist für viele Frauen, die gründen wollen, ein wichtiges Thema. Was muss sich aus Deiner Sicht ändern, damit Frauen, die bereits Kinder haben oder eine Familie gründen wollen, sich nicht von einer Unternehmensgründung abhalten lassen?

Amanda-Stella Birkenholz: Es gibt einige Teams, die direkt aus der Uni heraus gründen. Das hat viele Vorteile, da man geringe Lebenserhaltungskosten hat und auch noch nicht weiß, was alles nicht geht. Dann macht man einfach das, was man denkt und plötzlich funktionieren Sachen, die vorher niemand anderes geschafft hat. Viele Teams gründen aber auch nachdem sie einige Jahre Arbeitserfahrung haben und auch Expertise in einem Bereich aufgebaut haben. Dann sind die Gründer um die 30 Jahre und gerade bei Frauen ist das Thema Familie hier meist sehr präsent. Viele wollen eine Familie und denken deswegen, dass sie die Karriere zurückstellen müssen. Das Konzept Elternzeit ist ein tolles, aber leider haben die meisten Eltern das Modell: die Frau nimmt 12 Monate, der Mann zwei und in der Zeit machen sie Urlaub in Neuseeland oder irgendwo. Viele Frauen arbeiten anschließend in Teilzeit und tragen die Hauptverantwortung für ihre Kinder. Dabei noch ein Startup aufzubauen ist fast unmöglich und sicherlich ein Grund, weshalb viele Frauen davor zurückschrecken.

Gleichzeitig  haben die meisten männlichen Gründer mit denen ich interagiere, kleine Kinder. Bei Männern scheint dieser Aspekt also keine so tragende Rolle zu spielen wie bei den Frauen.

Kinderbetreuung aufteilen

Für Frauen, die gründen wollen, ist es ganz entscheidend, wie die Kinderbetreuung zwischen den Eltern aufgeteilt wird und dass die Männer hier auch einen großen Teil der Aufgaben und Verantwortung übernehmen. Frühzeitig das Gespräch zu führen und auch die Männer mehr in die Verantwortung zu bringen, ist dabei entscheidend. Denn dann muss man zwischen Gründung und Familie keinen Kompromiss mehr machen, sondern kann beides vereinen.

Ich selbst habe auch eine Tochter und mein Partner und ich arbeiten beide in Vollzeit. Unsere Tochter ist ganztags in der Kita, dort super integriert und auch sehr glücklich. Wir haben uns die Elternzeit gleichwertig aufgeteilt und auch im Alltag übernimmt er genauso viel an Aufgaben wie ich. Nur als Team können wir Familie und Karriere meistern und so einen Rahmen finden, in dem wir beide erfüllt sind.  

Munich Startup: Erscheint es Dir gerade als eine gute Zeit, um zu gründen?

Amanda-Stella Birkenholz: Ich glaube, dass es nie einfacher war als heute, ein Startup aufzubauen. Das Ökosystem hat sich in den letzten 10 Jahren stark entwickelt, es gibt viel Kapital am Markt und die großen Unternehmen wollen heute, mehr denn je mit Startups zusammenarbeiten. Das ist gerade für B2B-Startups ein großer Gewinn und hilft enorm dabei, Geschwindigkeit und Wachstum zu bringen.

Es gibt viele Sorgen, dass es nun aufgrund der Ukraine-Krise weniger Geld im Markt für Startups gibt. Ich denke, dass es trotz anstehender Rezession noch genug Finanzierungsmöglichkeiten für gute Teams geben wird. In der Vergangenheit hat man auch gesehen, dass Innovationen häufig in Krisenzeiten entstanden sind.

Munich Startup: Was könnte aus Deiner Sicht am Gründungsstandort München noch verbessert werden?

Amanda-Stella Birkenholz: München hat sich in Deutschland zum Zentrum der Startups entwickelt. Die erste Startup-Welle war in Berlin, dort sind damals viele der B2C-Unternehmen entstanden. Gerade Süddeutschland hat natürlich mit dem starken Fokus auf Industrie und auch Talente den Technologiestartups viel zu bieten. Die UnternehmerTUM ist mittlerweile das größte Entrepreneurship-Netzwerk in Europa und damit ein toller Ort für Startups, sich zu finden und zu wachsen.

Eine Stadt mit toller Lebensqualität in der BMW, Google und Amazon sitzen und sehr hohe Gehälter zahlen, bringt natürlich auch hohe Lebenserhaltungskosten mit sich und ich fände es schön, wenn es hier mehr Unterstützung für bezahlbaren Wohnraum gäbe. Auch die Verfügbarkeit von bezahlbaren Betreuungsplätzen für Kinder mit langen Öffnungszeiten wäre wünschenswert, denn gerade für Gründerinnen sollte Familie vs. Karriere kein Kompromiss sein. Dafür brauchen Frauen aber auch mehr Rahmenbedingungen, die eine Gründung ermöglichen.

Role Model: Spanx-Gründerin Sarah Blake

Munich Startup: Welche Investorin oder welchen Investor würdest Du gerne einmal persönlich treffen? Und was würdest Du sie oder ihn fragen?

Amanda-Stella Birkenholz: Es gibt leider viel zu wenig Role Models. Eines meiner Role Models ist Sarah Blakey, die Gründerin von Spanx. Sie hat ohne Kapital oder den Hintergrund einer Unternehmerfamilie ein Milliardenunternehmen aufgebaut, hat auf dem Weg dahin viele „nein, das wird niemals funktionieren“ gehört und unterstützt heute Frauen darin, ihr Unternehmen aufzubauen. Was ich beeindruckend finde ist, wie sie zielstrebig ihren Weg gegangen ist und was mich am meisten interessieren würde ist, wie sie das Durchhaltevermögen hatte, trotz vieler Rückschläge ihren Weg zu gehen.

Regina Bruckschlögl

Nach eigenen Startup-Erfahrungen blickt sie als Redakteurin von Munich Startup nun aus einer anderen Perspektive auf die Münchner Startup-Szene – und entdeckt dabei jeden Tag, wie vielfältig das Münchner Ökosystem ist. Startup Stories, die erzählt werden wollen!

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