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968 Millionen Euro Funding: Die Healthtech-Startup-Landschaft unter der Lupe

Die Healthtech-Branche ist eine der größten im Münchner Startup-Ökosystem. Doch wie genau sieht sie aus? Worauf konzentrieren sich die Startups? Und wie läuft es mit den Finanzierungen? Ein Blick in die Munich Startup Insights gibt hier Aufschluss.

Alle Daten zur Münchner Startup-Szene in diesem Artikel stammen aus unserem Data & Insights-Dashboard. Wer mehr erfahren will, kann auch selbst die Datenbank nach weiteren Insights zu Healthtech-Startups durchsuchen. Zur besseren Handhabung haben wir einen Guide sowie Tutorial-Videos erstellt, die die wichtigsten Funktionen erklären.

Aktuell gibt es im Münchner Startup-Ökosystem 177 Startups, die dem Health-Bereich zugeordnet werden können. Sie konnten in den letzten zehn Jahren rund 176 Finanzierungsrunden abschließen und auf diese Weise insgesamt 967,7 Millionen Euro an Funding einsammeln. Das stärkste Jahr war dabei 2021, in dem mit 323 Millionen Euro rund ein Drittel aller Mittel flossen. Auf Platz zwei folgt bereits das aktuelle Jahr, in dem die Münchner Healthtech-Startups schon Ende Juni 183 Millionen Euro einwerben konnten. Rang drei belegt 2019 mit 113 Millionen Euro. Die Gesamtbewertung der Münchner Healthtech-Startups liegt bei rund 3,1 Milliarden Euro.

Dabei kann man die Startups grob in vier Kategorien unterteilen:

Biotechnology

In dieser Kategorie finden sich Startups, die biotechnologische Prozesse nutzen, verbessern oder unterstützen. Dazu zählen unter anderem Startups wie Tubulis, das sogenannte Antikörper-Wirkstoff-Konjugate (ADC) entwickelt, Preomics, das an Automatisierungs- und Probenvorbereitungstechnologien für sogenannte proteomische Analysen arbeitet, oder auch Irubis, das für seinen neuartigen Probenträger für die ATR-Infrarotspektroskopie bekannt ist.

Insgesamt können 51 Münchner Startups in diese Kategorie eingeordnet werden, allerdings sind hier Mehrfachzuweisungen möglich. Sie konnten seit 2012 in 91 Finanzierungsrunden rund 665,1 Millionen Euro einsammeln. So kommt der Biotechnology-Bereich auf eine Gesamtbewertung von rund 1,1 Milliarden Euro.

Health Platform

Als zweite Kategorie kommen die Plattformen ins Spiel. Hierzu zählen Modelle wie das von Climedo, bei dem die elektronische Datenerhebung für dezentrale klinischen Studien im Mittelpunkt steht, ebenso wie die Lösung von Cliniserve, die Kommunikation und Prozessplanung zwischen PatientInnen und Pflegenden sowie zwischen dem Pflegepersonal in Gesundheitseinrichtungen vereinfachen soll. Aber auch Angebote wie das von Nui Care – das Startup arbeitet an einem digitalen Assistenten, der pflegenden Angehörigen alle relevanten Fragen reaktiv beantwortet.

In der Kategorie Health Platforms finden sich insgesamt 59 Startups aus München. Sie haben in den letzten zehn Jahren 85 Finanzierungsrunden erfolgreich abgeschlossen und dabei 542,9 Millionen eingesammelt. Die Plattform-Startups kommen zusammengerechnet auf eine Bewertung von etwa 1,7 Milliarden Euro.

Medical Devices

In den Bereich Medical Devices fallen alle solchen Startups, die medizinische Geräte herstellen. Beispiel hierfür sind unter anderem Mecuris (Orthesen und Prothesen), Reactive Robotics (automatisierte Frühmobilisierung von schwerstbetroffenen Patienten) oder Adjucor (implantierbares Herzunterstützungsgerät). Aber auch Unternehmen, die medizinische Roboter wie etwa die OP-Assistenz von Medineering oder Produktionstechniken für medizinische Geräte wie Kumovis entwickeln, zählen in diese Kategorie.

Die 46 Startups der Kategorie Medical Devices kommen auf 76 Finanzierungsrunden und eine Gesamtfinanzierung in Höhe von 410 Millionen Euro. Die Gesamtbewertung der Kategorie liegt bei 806 Millionen Euro.

Pharmaceutical

Die letzte der vier Kategorien im Bereich Health – Pharmaceutical – umfasst alle Startups, die Arzneimittel herstellen oder Pharmakonzerne dabei unterstützen (abgesehen von der Produktion selbst, die ja unter Biotechnology fällt). Ysura zum Beispiel entwickelt einen digitalen Besprechungsraum für ÄrztInnen und den Pharma-Außendienst. Den größten Teil dieses Bereichs machen jedoch digitale Therapien, also Medizinapps, aus. Sie decken verschiedenste gesundheitliche Probleme ab und sind auch erstattungsfähig, sofern sie als Digitale Gesundheitsanwendung (DiGA) vom Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) zugelassen sind. Hierzu gehören Startups wie Kranus (Erektionsstörungen), Vantis (Herz-Kreislauf-Erkrankungen) und natürlich Kaia Health (Lungenkrankheit COPD).

Aktuell werden nur 28 Startups dieser Kategorie zugerechnet – mit steigender Akzeptanz und Nutzung der DiGA dürften dieser Bereich in Zukunft aber stark wachsen. Die Gesamtbewertung des Bereichs mit 798 Millionen Euro zeigt im Vergleich zu den anderen drei Kategorien das Potenzial, das hier erwartet wird. Mit 318,9 Millionen Euro aus 25 Finanzierungsrunden sind die Pharmaceutical-Startups auch finanziell gut ausgestattet.

Weitere Infos zur Healthtech-Szene

Die drei Healthtech-Startups mit den höchsten Bewertungen sind Kaia Health (273-409 Millionen Euro), Tubulis (240-360 Millionen Euro) und Avi Medical (200-300 Millionen Euro). Zudem haben 22 der 177 Startups Female Founders im Gründungs-Team oder wurden sogar ausschließlich von einer bzw. mehreren Frauen gegründet. Ebenfalls interessant: Rund die Hälfte der Unternehmen ist jünger als fünf Jahre, die größte Gründungswelle sah das Jahr 2017 mit 31 frisch aus der Taufe gehobenen Startups.