Alexander Glätzle, Johannes Zeiher und Sebastian Blatt, drei der Gründer von Planqc.
© Dirk Bruniecki

Planqc: Quantencomputer für wirtschaftlich relevante Anwendungen

Nicht nur internationale Konzerne wie Google, IBM oder Honeywell arbeiten an der Entwicklung von Quantencomputern, sondern auch zahlreiche Startups. Eines von ihnen ist Planqc aus München. Mit der Unterstützung des Max-Planck-Institut für Quantenoptik und des Munich Quantum Valley verfolgt das Startup das Ziel, Quantencomputer auf Tausende von Qubits und darüber hinaus zu skalieren. Wie Planqc dies gelingen soll, erklärt das Startup im Interview.

Munich Startup: Was macht Euer Startup? Welches Problem löst Planqc?

Planqc: Planqc entwickelt hochskalierbare Quantencomputer basierend auf Atomen in optischen Gittern, die auch bei Raumtemperatur betrieben werden können. Unsere Vision ist, Quantencomputer zu bauen, die sich für wirtschaftlich relevante Anwendungen nutzen lassen.

Quantencomputer sind spezialisierte Rechenmaschinen, die für ihre Berechnungen die Prinzipien der Quantenmechanik nutzen. Vereinfacht ausgedrückt können Quantenbits – sogenannte Qubits – gleichzeitig im Zustand Null und Eins sein und so Rechenprozesse parallelisieren. Quantenalgorithmen nutzen diese Eigenschaften auf clevere und hochspezialisierte Weise, um beispielsweise Primfaktoranalysen effizient durchführen zu können.

Munich Startup: Aber das gibt’s doch schon längst!

Planqc: Planqcs einzigartige Kombination von Quantentechnologien ist der vielversprechendste Weg, Quantencomputer auf Tausende von Qubits und darüber hinaus zu skalieren. Dies ist eine wichtige Voraussetzung für „nützliche“ Quantencomputer. Unsere Quantencomputer speichern Information in einzelnen Atomen – von Natur aus die besten Qubits – und ordnen sie in hochskalierbaren künstlichen Lichtkristallen an. Zur Verarbeitung von Quanteninformation kommen Quantengatter zum Einsatz, die auf präzise gesteuerten Laserpulsen basieren. Wir kombinieren in unseren Quantencomputern die weltbesten Atomuhren, die weltbesten Quantengasmikroskope und extrem schnelle Rydberg-Gatter.

Sobald leistungsfähige, fehlerkorrigierende Hardware zur Verfügung steht, können damit gängige RSA-Verschlüsselungsverfahren geknackt werden. Dies wird jedoch noch einige Zeit in Anspruch nehmen und glücklicherweise gibt es bereits Methoden, die gegen Angriffe von Quantencomputern immun sind. Für viele langfristig geplante Anwendungen mit Produktzyklen von zehn bis zwanzig Jahren ist es jedoch wichtig, sich schon heute auf den fehlerkorrigierten Quantencomputer der Zukunft vorzubereiten.

Planqc will Know-how „aus dem Forschungsumfeld hinauslösen und einer breiteren Nutzerbasis zugänglich machen“

Munich Startup: Was ist Eure Gründungsstory?

Planqc: Planqc wurde im April 2022 mit der Vision gegründet, die langjährige erfolgreiche Grundlagenforschung im Bereich neutraler Atome am Max-Planck-Institut für Quantenoptik (MPQ) und das daraus resultierende Know-how zu verwerten und damit aus dem Forschungsumfeld hinauszulösen und einer breiteren Nutzerbasis zugänglich zu machen.

Das Gründungsteam von Planqc besteht aus Alexander Glätzle, Sebastian Blatt, Johannes Zeiher und Lukas Reichsöllner, die alle einschlägige Erfahrungen im internationalen Umfeld im Bereich Quantencomputing und Quantenmetrologie mit neutralen Atomen gesammelt haben. Bereits während seiner Promotion erforschte Alexander Glätzle Methoden, mit denen mithilfe neutraler Atome neuartige Rechenarchitekturen für Quantencomputer realisiert werden können. Nach einem Postdoc-Aufenthalt in Oxford und Singapur arbeitete er mehrere Jahre bei einer internationalen Unternehmensberatung im Bereich angewandte Blockchain, wo er sich im Rahmen eines MBA-Studiums auch das nötige betriebswirtschaftliche Hintergrundwissen aneignete, um Planqc als CEO zu leiten.

Sebastian Blatt promovierte an der University of Colorado in Boulder, bevor er nach einem Postdoktorandenaufenthalt an der Harvard University 2015 als Gruppenleiter dem MPQ beitrat. Als Doktorand war er maßgeblich an der Entwicklung der ersten Strontium-Atomuhren beteiligt, die derzeit die genauesten Uhren der Welt sind. Am MPQ entwickelte er seitdem Technologien zur Skalierung von Quantensimulatoren und Quantencomputern auf Basis neutraler Atome.

Johannes Zeiher forschte bereits während seiner Doktorarbeit am MPQ an Rydberg-Atomen in optischen Gittern und damit an den konzeptionellen Grundlagen der in MQV und Planqc verwendeten Technologie. Nach einem Postdoc-Aufenthalt in Berkeley ist er seit 2020 Gruppenleiter am MPQ und entwickelt dort neue experimentelle Plattformen im Bereich Quantencomputing mit neutralen Atomen. Lukas Reichsöllner erforschte ultrakalte Quantengase in Innsbruck und Amsterdam und arbeitete die letzten Jahre für ein führendes Laser- und Photonikunternehmen in Deutschland.

Starke Unterstützung für das Gründerteam

Komplementiert wird das Gründerteam durch die Multiaufsichtsrätin und Finanzexpertin Ann-Kristin Achleitner sowie Serial Entrepreneur Markus Wagner, Gründer von i5invest. Unterstützt wird Planqc von den wissenschaftlichen Beratern Immanuel Bloch und J. Ignacio Cirac. Beide sind Direktoren am MPQ und bekannt für ihre wegweisenden Arbeiten zur Quantensimulation und Quanteninformation. Zusätzlich konnte Quantenalgorithmus-Experte Dieter Jaksch, Professor für Physik an der Universität Oxford und der Universität Hamburg, als Berater gewonnen werden.

Munich Startup: Was waren bisher Eure größten Erfolge?

Planqc: Zu den größten Erfolgen von Planqc zählt sicherlich, dass der Tech-Visionär Hermann Hauser gewonnen werden konnte. Dr. Hauser ist einer der bekanntesten Unternehmer und Risikokapitalgeber der Welt und kann auf eine lange Geschichte bei der Gründung von Unternehmen in verschiedenen Technologiesektoren zurückblicken. Dazu gehören Acorn Computers, ARM – weltweit führend in der Mikroverarbeitungstechnologie, die heute in 95 Prozent aller Mobiltelefone zu finden ist – oder Solexa (heute Illumina), wo er mit Technologien zum Lesen der menschlichen DNA den Grundstein für die anhaltende Revolution der synthetischen Biologie legte. Er ist außerdem ein wichtiges Mitglied der Wissenschafts- und Technologiegemeinschaft von Cambridge sowie ein vertrauenswürdiger Innovationsberater der britischen Regierung und der Europäischen Union.

Ein weiterer wichtiger Meilenstein für Planqc ist der 29-Millionen-Euro-Auftrag des DLR für den Bau und die Installation eines skalierbaren Neutralatom-Quantencomputers.  Planqc wurde vom Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) ausgewählt, um eine digitale, auf neutralen Atomen basierende Quantencomputer-Hardware- und Softwareplattform zu entwickeln, die skalierbar ist und Quantenalgorithmen für reale Probleme demonstrieren kann. Dies ist der erste Verkauf eines digitalen Quantencomputers auf Basis neutraler Atome in Europa.

„Wir stehen für realistische Aussagen zu möglichen Anwendungen“

Munich Startup: Wo möchtet Ihr in einem Jahr stehen, wo in fünf Jahren?

Planqc: Wir stehen für realistische Aussagen zu möglichen Anwendungen, der Leistungsfähigkeit der Hardware und dem Zeitplan, auf dem Quantencomputing weitgehend Praxisrelevanz entwickeln wird. Gleichzeitig treiben wir den Aufbau unserer skalierbaren Hardwareplattform mit Hochdruck voran, um das Potenzial von Quantencomputern schnellstmöglich voll ausschöpfen zu können. Derzeit arbeiten wir mit mehreren Partnern vor allem daran, kundenspezifische Anwendungsgebiete für Neutralatom-Quantencomputer zu erforschen. Wir sind jedoch sehr daran interessiert, mit anderen Unternehmen auf der ganzen Welt in Kontakt zu treten, die sich für Quantencomputing und Quantensensoren interessieren und von einer langfristigen Zusammenarbeit profitieren können.

Munich Startup: Wie habt Ihr den Startup-Standort München bisher erlebt?

Planqc: Planqc wurde von einem Team aus Wissenschaftlern des Max-Planck-Instituts für Quantenoptik (MPQ) und der Ludwig-Maximilians-Universität München gegründet und ist die erste Ausgründung des Munich Quantum Valleys (MQV), einem der führenden Zentren für Quantentechnologie in Europa. Die enge Anbindung an die Forschung dieser Münchner Institutionen war gerade zu Beginn ein wichtiger Standortvorteil gegenüber der internationalen Konkurrenz im Bereich Quantencomputing.

Durch die enge Anbindung an die weltweit einzigartige interdisziplinäre Forschung im MQV und insbesondere die Zusammenarbeit mit dem MPQ wollen wir als Unternehmen sicherstellen, dass die Ergebnisse der Grundlagenforschung genutzt werden. Damit soll die Lücke geschlossen werden, die sich in Deutschland häufig zwischen Grundlagenforschung und kommerzieller Verwertung im Bereich des Quantencomputings auftut, um in diesem Zukunftsfeld im internationalen Vergleich nicht den Anschluss zu verlieren.

Munich Startup: Schneller Exit oder langer Atem?

Planqc: Unsere Vision bei Planqc ist die Entwicklung leistungsfähiger Quantencomputer, die einen Mehrwert für Kunden bieten. Diese Aufgabe benötigt langen Atem und kontinuierliche Verbesserung der zugrundeliegenden Hardware.