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Games in Bavaria: Über die Kartoffelfabrik zum Industriesupport

Längst sind Videospiele ein echter Wirtschaftsfaktor und der Markt für Games ist milliardenschwer. Robin Hartmann unterstützt im Auftrag von Games/Bavaria die bayerische Gamesindustrie und berichtet hier über den Stand der Dinge.

Das Gründerzentrum WERK1 in München ist vielen aus dem Startup-Umfeld bereits ein Begriff. Die Wenigsten wissen jedoch, dass der Name WERK1 von den ehemaligen Pfanni-Werken herrührt, die sich auf dem jetzigen Gelände des Werksviertels Mitte befunden haben. Ebenfalls nicht weit verbreitet ist das Wissen um Games/Bavaria, die Dachmarke der Bayerischen Spieleindustrie, die vom WERK1 betreut wird, und genau darum geht es jetzt:

Spieleindustrie und -entwicklung in Bayern

Außerhalb der Spieleindustrie werden mir immer wieder überraschte Blicke zugeworfen, wenn ich erzähle, dass in Bayern schon seit Jahrzehnten Videospiele erfolgreich entwickelt werden und wir am Standort geschätzt 200 Unternehmen haben, die damit ihr Geld verdienen. Hierbei handelt es sich nicht nur um die Entwickler selbst, sondern auch um Publisher, diverse Service- sowie Technikdienstleister und komplett spezialisierte Studiengänge an öffentlichen und privaten Hochschulen.

Die fast ausschließlich international agierenden Unternehmen arbeiten häufig mit modernster Technologie und beschäftigen nicht nur eine Vielzahl an Spielern, sondern schaffen ganze virtuelle Welten, welche zu begeistern wissen. Das ist nur einer der Gründe warum viele der klassischen Industrien wie z.B. Automotive immer öfter mit der Spieleindustrie zusammenarbeiten möchten und den Austausch suchen.

Ein nicht zu vernachlässigender Wirtschaftsfaktor

Den Vergleich mit anderen Medienbranchen wie Musik oder Film müssen die Spieleschaffenden schon eine ganze Weile nicht mehr scheuen. Weltweit macht die Spieleindustrie ca.  108,9 Milliarden US-Dollar Umsatz, dies geht aus den Auswertungen der Marktforschungsagentur Newzoo von 2017 hervor, Tendenz steigend. Deutschland liegt mit seinen ca.  4,4 Milliarden Euro Umsatz (Newzoo 2017: The German Gamer) auf Platz #4 der Absatzmärkte weltweit.

Das Volumen einer Spieleproduktion reicht von mehreren 10.000 Euro für kleinere Produktionen bis hin zu richtigen Großproduktionen. Ein sehr populäres Beispiel ist hier das Spiel GTA V, welches satte 265 Millionen US-Dollar in der Entwicklung und Vermarktung gekostet hat. Schon am ersten Tag konnten mit Einnahmen von ca.  800 Millionen US-Dollar die Produktionskosten mehr als nur wieder eingespielt werden.

Global Game Jam 2017 im Werk1 (Foto: WERK1)

Spieleentwicklung ist jedoch ein hit-driven Business. Nicht jedes Projekt spielt seine Kosten so schnell — wenn überhaupt — wieder ein. Besonders der Smartphone-Sektor ist extrem kompetitiv. Wie auf Pocketgamer.biz erfasst, werden monatlich über 3000 Spiele alleine auf den Apple Appstore eingereicht. Selbst wenn man davon ausgeht, dass ein Teil davon erst gar nicht angenommen wird oder es sich um ein Update handelt, gibt es einen Eindruck, wie viel Bewegung im Markt ist. Es reicht hier leider nicht mehr nur ein qualitativ hochwertiges Produkt zu schaffen, wenn man es nicht zusätzlich schafft, Sichtbarkeit für das Produkt zu generieren.

Trotz etwaiger Herausforderungen gelingt es in Deutschland nicht wenigen, von Games zu leben. Der Branchenverband BIU gibt an, dass derzeit rund 28.460 Angestellte in der Computer- und Videospieleindustrie beschäftigt sind.

Warum ist Industriesupport sinnvoll?

Gerade erst habe ich mit großen Zahlen um mich geschmissen und von einem Milliardenumsatz geschrieben und jetzt geht es um Unterstützung?

Auch hier möchte ich nochmal den Branchenverband BIU zitieren. Dieser gibt an, dass nur rund 6-7% des Umsatzes in Deutschland auch bei unseren lokalen Entwicklern und Publishern bleibt. Das ist eine eher ernüchternde Zahl für eine so große Industrie im eigenen Land.

Um diese Zahl zu steigern und auch die Voraussetzungen für die lokalen Unternehmen zu verbessern gibt es einige Initiativen und Förderungen. In Bayern haben wir allem voran unsere Dachmarke Games/Bavaria welche von den Institutionen FFF-Bayern, MedienNetzwerk Bayern und dem WERK1 getragen werden. Die benötigten Mittel werden hierfür vom bayerischen Staatsministerium für Wirtschaft und Medien, Energie und Technologie zur Verfügung gestellt.

Über den FFF-Bayern besteht die Möglichkeit, für Spieleunternehmen Konzept-, Prototypen- und Produktionsförderung zu beantragen. Dies geschah in den letzten Jahren schon über 72 Mal. Im Jahr 2017 steht hierfür die Rekordsumme von  1,2 Millionen Euro zur Verfügung, welche 2018 auf  1,8 Millionen Euro erneut angehoben werden soll. Das MedienNetzwerk Bayern macht sich vor allem mit seiner Vernetzung zwischen verschiedenen Industrien stark. Im WERK1 sind inzwischen zwei Vollzeitstellen (unter anderem ich selbst) damit beschäftigt, die Spieleindustrie zu unterstützen. Sei es dadurch, gemeinsame Messeauftritte auf der Gamescom zu organisieren, internationale Aufschläge wie auf der GDC in San Francisco zu koordinieren, Informationen über Webseite und Newsletter zu verteilen oder auch die zahlreichen Initiativen der Industrie selbst zu unterstützen.

Hier sind Events zu nennen wie das GameCamp Munich, das im kommenden Jahr sein zehnjähriges Jubiläum feiern wird. Und auch ohne die selbstorganisierten Stammtische — zu Neudeutsch Usergroups — wäre die Vernetzung unter den Unternehmen und Spieleschaffenden bei weitem nicht so gegeben.

Im internationalen Vergleich sind unsere Fördersummen und der Support aber eher noch ein Tropfen auf den heißen Stein. Umso wichtiger ist es, in einem internationalen Markt gut vernetzt zu sein, passende Partner zu finden aber auch sich gegenseitig zu unterstützen.

Wir sind dran, das noch weiter zu verbessern und ich freue mich über jeden, der uns dabei helfen will und Interesse an unserer Branche zeigt. Wenn Euch das Thema Spieleindustrie interessiert, lasst es die Redaktion wissen. Vielleicht taucht hier dann in Zukunft ein weiterer Artikel mit Industrieinsights auf.


Weitere Informationen

Ein Großteil der in Bayern stattfindenden Events und Aktionen der Spieleindustrie laufen unter der Dachmarke Games/Bavaria (Link zu Broschüre). Hier findet Ihr ein Firmenregister der Bayerischen Spieleunternehmen, Eventkalender und Ansprechpartner und unseren monatlichen Newsletter für alle, die gerne auf dem Laufenden bleiben.


Zum Autor:

Robin Hartmann ist gelernter Informatikkaufmann und war über sieben Jahre in der IuK-Industrie tätig. Anschließend schloss er ein Studium in Production und Management für die Spieleindustrie an der Games Academy Berlin ab und kann seitdem auf mehr als sieben Jahre Industrieerfahrung als Producer und Projektmanager zurückblicken. Seit Mai 2014 ist Robin im WERK1 als Projektleiter Games tätig und für Projekte verantwortlich, welche im Auftrag des Bayerischen Wirtschaftsministeriums die Spieleindustrie in Bayern unterstützen.