Drei junge Münchner Unternehmen haben allein im ersten Halbjahr 2016 insgesamt fast 100 Millionen Euro Kapital für die Wachstumsphase eingesammelt. Das 2010 gegründete Digital-Fitness-Startup eGym gab im März bekannt, dass es eine Serie-C-Finanzierung von über 40 Millionen Euro abschließen konnte. Das 2011 gestartete Smarthome-Startup Tado verkündete im April, dass ein neuer strategischer Investor mit 20 Millionen Euro eingestiegen ist. Im Juni schloss das ebenfalls 2011 gegründete Big Data-Startup Celonis ein Funding von rund 25 Millionen Euro ab – in einer ersten Finanzierungsrunde mit externen Investoren. Solche Meldungen bringen Gründer zum Träumen. Ein Gastbeitrag von Larissa Kiesel von BayStartUP.
Aber: „Du gehst nicht einfach raus und sammelst 45 Millionen Dollar ein.“, bringt Philipp Roesch-Schlanderer, Mitgründer und CEO von eGym, es auf den Punkt. Dahinter stecken harte Arbeit im Markt, ambitionierte Wachstumspläne und die richtige Ausrichtung von Anfang an. Und der Kapitalmarkt muss auch die richtigen Gelegenheiten bieten.
Woher kommen die Millionen?
In der Regel investieren mehrere, auch internationale Kapitalgeber in solchen zweistelligen Millionen-Runden. Bei eGym stieg HPE Growth Capital ein, ein VC-Fonds mit Sitz in Amsterdam. In der aktuellen Finanzierungsrunde beteiligte sich auch wieder Highland Europe, der Europa-Arm des US Investors Highland. Dieser hatte 2014 schon rund 11 Millionen Euro investiert. Auch die Alt-Investoren High-Tech Gründerfonds und Bayern Kapital mit dem Wachstumsfonds Bayern gingen in der Runde mit.
Das Kapital für Celonis kommt vom US-Fonds Accel Partners, der vor allem mit seiner facebook-Beteiligung bekannt wurde, und von 83North (ehem. Greylock IL) aus Israel. Tado erhielt die 20 Millionen von Inven Capital, der Beteiligungsfirma des europaweit tätigen Energiekonzerns CEZ-Gruppe. In einer Finanzierungsrunde 2015 hatten Statkraft Ventures, der Fonds des norwegischen Energieriesen Statkraft, sowie die BayBG Bayerische Beteiligungsgesellschaft und Siemens Venture Capital bereits über 15 Millionen Euro investiert.
Das sagen Investoren und Startup-Experten
Investoren, vor allem aus den USA, sehen in Europa noch viele ungenutzte Chancen im Wachstumsmarkt. Als der eGym-Investor Highland 2015 seinen zweiten Europa-Fonds mit 332 Millionen Euro aufsetzte, erklärte Fergal Mullen, Co-Gründer und Partner von Highland Europe, gegenüber der Financial Times: „Die Finanzierungslücke in Europa ist offensichtlich.“ Seiner Einschätzung nach war bis dato in den USA sechsmal mehr Kapital investiert worden als in Europa. Auch das Startup-Portal TechCrunch.com bezeichnete europäische Entrepreneure in einem Artikel über Highland Europe als tendenziell „under-funded“ und „over-syndicated“: Europäische Startups müssten oft nachteilige Shareholder-Strukturen mit zu vielen Investoren und zu kleinen Summen in Kauf nehmen, um Wachstum zu finanzieren.
„Ich finde es ist sehr erfreulich, dass München und Deutschland insgesamt in den letzten Jahren stärker in den Fokus von internationalen Investoren gerückt sind und damit die Wahrscheinlichkeit für solche Millionen-Finanzierungen in den frühen Wachstumsphasen steigt.“
so Dr. Carsten Rudolph, Geschäftsführer von BayStartUP.
„Die von deutschen und internationalen Investoren erkannte Finanzierungslücke im frühen Wachstumsmarkt kann weiter geschlossen werden. Dafür wurde auch der von Bayern Kapital gemanagte Wachstumsfonds Bayern aufgelegt, der seit 2015 öffentliches Kapital als Co-Investor bereitstellt und den Wachstumsmarkt für private Fonds noch attraktiver macht.“
Wofür brauchen Startups so viel Kapital?
Startups mit exzellenten Voraussetzungen, die jetzt in die Vollen gehen und ihre ambitionierten Wachstumspläne realisieren können – so lässt sich die Dynamik der großen Finanzierungsrunden beschreiben. Die Weiterentwicklung von Technologie und Produkt, der Ausbau des Vertriebs und die Internationalisierung stehen im Vordergrund. „Es ist sinnvoll, möglichst schnell zu globalisieren.“, betont Dr. Carsten Rudolph.
„In der Wachstumsphase müssen Startups ihre Ressourcen stärken und hochqualifizierte Mitarbeiter mit entsprechendem Gehalt anziehen. Zudem sind die Unternehmensanteile signifikanter Größenordnung in der Regel schon verteilt, das heißt, die Bewertung muss weitaus höher ausfallen als in früheren Finanzierungsrunden.“