Viele Risikokapitalinvestoren rufen nach Erleichterungen bei den Steuern, um das Investmentgeschehen in Deutschland anzukurbeln. Eine Studie der LMU München und der TU Darmstadt hat den Zusammenhang von Kapitalertragssteuer und Investitionsbereitschaft untersucht — und kommt zu überraschenden Ergebnissen.
Um herauszufinden, wie sich der Steuersatz auf das Investmentgeschehen auswirkt, haben Professorin Dr. Carolin Bock von der TU Darmstadt und Dr. Martin Watzinger von der LMU München 61.000 Investitionen in 34.000 Startups aus 32 Ländern untersucht. Carolin Bock sagt:
„Ausgangspunkt für die Studie war, dass wir die negativen Finanzierungseffekte für Startups durch eine hohe Steuerbelastung der Venture-Capital-Geber quantifizieren wollten.“
Wie erwartet kommt die Studie zu dem Ergebnis, dass ein höherer Steuersatz den Zugang zu Venture Capital dämpft. Martin Watzinger sagt:
„Der Effekt ist substantiell. Durchschnittlich betrachtet erhalten in Deutschland jährlich etwa 17,4 Startups pro zehn Millionen Einwohnern ihre erste Finanzierungsrunde durch Venture Capital. Unsere Ergebnisse zeigen, dass eine Steuererhöhung um einen Prozentpunkt dazu führt, dass ungefähr 1,4 weniger Startups pro zehn Millionen Einwohnern erstmalig finanziert werden.“
Hohe Steuersätze haben „erzieherische Wirkung“
Die Wissenschaftler betrachteten zusätzlich zur Anzahl der Startup-Finanzierungen auch den Erfolg der Unternehmen und machten eine unerwartete Entdeckung: Bei höherem Steuersatz steigt der Anteil der erfolgreichen Startups. Dadurch, dass VC-Investoren weniger Geld zur Verfügung steht, setzen sie es also mutmaßlich überlegter ein.
„Interessant daran ist, dass Venture-Capital-Geber die Erfolgs-DNA von Startups wohl tatsächlich beurteilen können und durch Steuern knapper werdende Mittel effizient investieren“,
sagt Bock.
„Da höhere Steuersätze demnach bewirken, dass zunächst die für die Innovationsleistung so wichtigen erfolgreicheren Startups finanziert werden, könnte man Steuererhöhungen fast eine erzieherische Wirkung zusprechen“,
so Watzinger.
Dennoch empfehlen die Studienautoren keine hohen Steuersätze: Die Kapitalertragsteuer habe grundsätzlich einen negativen Effekt auf die Finanzierung von Startups.