„Mehr Mut zur Technologie“ – Nachgefragt bei Acton Capital Partners

Acton Capital Partners investiert seit 1999 in Internet-Unternehmen. Neben etsy und HolidayCheck gibt es mit Ciao.com, Zooplus, Mytheresa.com und Windeln.de auch einige erfolgreiche Münchner Startups im Portfolio. Mit Munich Startup spricht Dr. Christoph Braun, Managing Partner bei Acton, über Vorlieben, Trends, Angst und verpasste Chancen. Wer ihn persönlich kennenlernen will, hat die Chance bei Burdas Startup Day’n’Night (#SDNN) am 20. Januar.

Christoph, stellt Euch bitte kurz vor!

Acton ist ein Venture Capital Fund mit Sitz in München. Unser Team investiert seit 1999 in junge technologiegetriebene Unternehmen in Europa und Nordamerika. Bis heute haben wir über 350 Millionen Euro in mehr als 65 Unternehmen investiert.

„Ein guter Investor sollte persönliche Präferenzen ausblenden“

In was investiert Ihr bevorzugt? Beeinflussen auch mal ganz persönliche Präferenzen Deine Investments?

Wir investieren in stark wachsende junge Internet-Unternehmen. Die absolute Umsatzgröße ist zum Zeitpunkt des Einstiegs für uns nicht notwendigerweise entscheidend. Wichtig ist, ob das Unternehmen in seinem spezifischen Markt schnell, profitabel und nachhaltig wachsen kann. Typischerweise investieren wir im Rahmen von B-Finanzierungsrunden oder auch in reiferen A-Runden. Die meisten unserer Portfoliofirmen richten sich an Konsumenten (B2C) oder kleine bis mittlere Unternehmen (SMB).

acton dr. braun
Dr. Christoph Braun, Managing Partner bei Acton.

Ein guter Investor sollte nicht nur von sich auf andere schließen und deshalb persönliche Präferenzen so gut es geht ausblenden. Ich bin viel zu neugierig, um mich auf wenige Segmente zu spezialisieren. Bislang habe ich recht breit investieren dürfen, von Marktplätzen wie Etsy über Software wie Clio bis hin zu E-Commerce bei Zooplus oder Momox.

Würdet Ihr auch mal in unbekannte Branchen investieren?

Wir investieren nicht in die Technologie selbst, sondern immer in ein Geschäftsmodell, das sich einer Technologie bedient. Bisher waren das zwar immer innovative Modelle, aber in bekannten Branchen.

„Es muss klar sein, wie das Unternehmen zukünftig Geld verdient“

In welche Art von Startup würdet Ihr nie investieren?

Wir investieren in Unternehmen mit Geschäftsmodell bei denen klar ist, wie sie zukünftig Geld verdienen können. Damit scheiden Unternehmen aus, die zunächst auf maximale Verbreitung gehen, aber ihr Geschäftsmodell erst noch finden müssen.

Scoutet Ihr selbst nach vielversprechenden Firmen oder habt Ihr Berater dafür?

Wir suchen selbst und gehen oft auch direkt auf Firmen zu. Oft erhalten wir Empfehlungen über unser Netzwerk oder Fonds, die eine Phase früher einsteigen. Auch auf Konferenzen und Messen halten wir nach vielversprechenden Startups Ausschau. Über Berater kommt wenig.

„Angst wäre Gift“

Müssen Startups bei Euch Angst haben, dass Ihr Euch zu stark einmischt?

Angst wäre Gift, denn die Beziehung zwischen den Gründern und Investoren braucht vor allem Vertrauen. Ein guter Investor mischt sich so viel ein wie nötig und so wenig wie möglich. Wir versuchen, vor allem in strategischen Fragen und bei der Entwicklung der Organisation einen echten Beitrag zu leisten.

Letztlich wollen wir starke, unternehmerische Gründer, die wir aktiv unterstützen können. Die Betonung liegt dabei auf Unterstützung. Das Steuer hat immer noch der Gründer in der Hand.

Und wie lang braucht es von der ersten Kontaktaufnahme bis zum Vertragsabschluss?

Das ist von Fall zu Fall unterschiedlich. Ein Investment kann schnell ablaufen und in weniger als sechs Wochen erfolgreich abgeschlossen werden. Oft lernen wir die Unternehmen aber auch zu einem sehr frühen Zeitpunkt kennen und verfolgen zunächst deren Entwicklung bis der richtige Zeitpunkt für ein Investment gekommen ist.

„Ein Unternehmen zu etablieren ist ein Marathon“

„Um erfolgreich zu sein, muss ein Startup…“

… die richtige Idee zur richtigen Zeit haben und mit dem richtigen Team umsetzen. Ein Unternehmen zu gründen und erfolgreich im Markt zu etablieren ist kein Sprint, sondern ein Marathon. Entsprechend ist gutes Zeitmanagement essentiell, um nachhaltig zu wachsen.

Nenne uns das K.o.-Kriterium beim Pitch!

Gründer die bereits bei ihrem Pitch über einen Exit nachdenken. Wir investieren in Unternehmer, die langfristig an Bord sein wollen und den Atem besitzen, ein Unternehmen zum Marktführer zu machen.

Das Anti-Portfolio von Acton

Bei was habt Ihr Euch schon mal ordentlich verkalkuliert?

Jeder Venture Fund hat ein Anti-Portfolio, Erfolgsunternehmen in die man hätte investieren können. Auch wir haben einige Unternehmen abgelehnt, die inzwischen hocherfolgreich sind. Das gehört ebenso zum Geschäft wie einzelne Abschreibungen. Obwohl wir auf ein ausgewogenes Portfolio achten und nicht auf einzelne Gewinner setzen, die den ganzen Fonds zurückzahlen, wächst nicht jedes Unternehmen immer so, wie wir uns das vorstellen. Aber deshalb heißt es ja auch Risikokapital.

Der Trend des Jahres ist…

Nachhaltigkeit! Recommerce-Unternehmen wie unsere Beteiligung momox stehen an der Spitze eines grundlegenden Wandels des Konsumverhaltens.

„Mehr Mut zur Technologie“

Was macht die Münchner Startup Szene aus Sicht der Investoren richtig? Was könnte sie besser machen?

Die Münchner Startup-Szene ist leiser als die Berliner Szene. Auch der Fokus unterscheidet sich. Während sich viele Startups in Berlin auf Endkunden konzentrieren, findet sich in München viel B2B-Innovation und auch mehr Mut zur Technologie.

Im Ökosystem von TU und LMU München entstehen viele spannende Startups, die bereits früh über ihre Anbindung an die Industrie nachdenken. Das ist gut und richtig. Berlin ist spielerischer unterwegs und sehr stark, wenn es um die Vernetzung von Gründern und Startup-Teams sowie das Teilen von Expertise und Wissen geht. Hier kann München sicherlich noch dazulernen.

Last but not least: Auf wen gehen Startups zu, wenn sie mit Euch ins Gespräch kommen wollen?

Wir lesen jeden Pitch, der uns erreicht. Idealerweise identifizieren Startups vorab, welches Team-Mitglied sich mit dem betreffenden Thema befasst und schicken ihren Pitch per Mail. Was nicht so gut funktioniert, sind Mails an alle Kollegen, das läuft dann schon unter Spam.

Und wer Acton persönlich kennenlernen will, sollte am 20. Januar unbedingt auf die Startup Day’n’Night (#SDNN) des Burda Bootcamps gehen – Dr. Christoph Braun ist dort als Speaker vertreten.