Unser Interviewpartner Carsten Rudolph, CEO von Baystartup.
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Carsten Rudolph von Baystartup: „Startups müssen jetzt schnell handeln“

Wie sollten sich junge Unternehmen in Zeiten der Corona-Krise aufstellen und welche Auswirkungen hat die Situation auf die Arbeit des Startup-Netzwerks Baystartup? Ein Interview Carsten Rudolph, Geschäftsführer von Baystartup.

Munich Startup: Ihr bietet viele Workshops für GründerInnen, UnternehmerInnen und CEOs an und habt Euer Angebot jetzt komplett auf Webinare und Online-Coaching umgestellt. Wie werden diese Formate angenommen?

Carsten Rudolph: Die Angebote werden sehr gut angenommen. Allein die digitalen Businessplanning-Workshops sind mit je rund 100 Teilnehmenden hoch nachgefragt — deutlich stärker als unsere Präsenz-Workshops. Für die Fachworkshops, die wir gemeinsam mit Fachexperten aus dem Kreis unserer Sponsoren ausrichten, haben wir bewusst eine maximale Teilnehmerzahl festgelegt. Damit können wir gewährleisten, dass der interaktive Charakter bestehen bleibt.

Workshop-Reihe „Krisenmanagement für Startups“

Neben diesen Kursen möchten wir Startups aber auch ganz konkret in der aktuellen Situation unterstützen. Dafür haben wir die Workshop-Reihe „Krisenmanagement für Startups“ ins Leben gerufen. Hier bieten wir einer breiten Zielgruppe Orientierung in der momentanen Informationsflut – und das tagesaktuell. Zum einen geben wir unsere Einschätzung zur Eignung der staatlichen Rettungsschirme für Startups, zeigen zum anderen aber auch Maßnahmen auf, die Startups jetzt dringend selbst in die Hand nehmen müssen. Dazu gehört vor allem ein striktes Liquiditätsmanagement.

Die Resonanz war hoch, in den ersten drei Folgen waren ca. 600 Personen dabei, und es wurden viele Fragen über das Onlinetool gestellt. Unter den Teilnehmern waren auch Experten, die zusätzlichen Input zu den Themen leisten konnten. Die Angebote erweitern wir stetig nach Bedarf, aktuelle Termine mit Anmeldemöglichkeiten veröffentlichen wir laufend unter www.baystartup.de/termine

Munich Startup: Macht Ihr damit auch positive Erfahrungen und überlegt, zukünftig in manchen Bereichen digitaler zu werden?

Carsten Rudolph: Schlicht digitaler zu werden ist ja kein Selbstzweck. Natürlich haben auch wir manche Tools nun deutlich zügiger eingeführt als ursprünglich geplant und werden vieles davon beibehalten. Auch in der Vergangenheit haben wir gelegentlich online — beispielsweise in unseren Finanzierungscoachings — gearbeitet. Was wir jetzt dabei merken, ist ein großer Fortschritt durch die tägliche konsequente und nicht nur gelegentliche Nutzung. Mit der Gewöhnung funktioniert hier vieles flüssiger und professioneller. Das gilt im Übrigen nicht nur für uns, sondern auch die betreuten — auch die digitalen — Startups.

Wir merken aber jetzt schon, dass kompakte Seminare von ca. einer Stunde sehr gut ankommen. Für einen solch effektiven „Know-how-Input“ eignet sich das Online-Format allein bereits wegen der entfallenden Anfahrt. Für Intensivworkshops ist die Situation aber wieder eine ganz andere: Ob es dauerhaft mehr Spaß macht, vier Stunden am eigenen Schreibtisch abzuhalten oder doch lieber in der persönlichen Interaktion mit anderen Gründerinnen und Gründern in einem Raum, bleibt abzuwarten. 

Munich Startup: Die dritte Phase des Münchner Businessplan Wettbewerbs läuft gerade an — hat sich hier etwas für die Teilnehmenden verändert?

Carsten Rudolph: Wesentliche Veränderungen für die Teilnehmer gibt es keine. Wir halten an unserem Zeitplan für 2020 fest. Bei den Wettbewerben haben wir den großen Vorteil, dass sowohl der Einreichungs- als auch Bewertungsprozess ohnehin weitgehend digital ablaufen. Dort ändert sich also nichts.

Positive Nervosität bei einem Pitch online nur schwer abbildbar

Anders sieht es für die Jurysitzungen und Prämierungen aus. Natürlich würden wir die Sieger gern auch weiterhin persönlich auszeichnen, wir sind überzeugt, dass der Live-Applaus nicht zu ersetzen ist. Auch die Spannung und positive Nervosität bei einem Pitch vor der Expertenjury sind online sicher schwer abbildbar. Diese Dinge werden wir soweit nötig digital umsetzen, hoffen aber sehr, dass wir unser großes Finale im Juli in München feiern können. 

Munich Startup: Als eines der größten Finanzierungsnetzwerke Deutschlands seid Ihr ganz nah an den InvestorInnen dran — wie ist die aktuelle Stimmung in InvestorInnen-Kreisen?

Carsten Rudolph: Tatsächlich wird die Stimmung von Woche zu Woche verhaltener — insbesondere, wenn es um neue Investments geht. Denn ganz klar ist: die Investoren kümmern sich aktuell um ihre bestehenden Tätigkeiten und helfen, wo es geht. Das sollte man letztlich als positives Signal sehen, das eine funktionierende Zusammenarbeit der Beteiligten zeigt.

Insgesamt würde ich die Situation aber eher als „abwartend“ bezeichnen. Viele Entscheidungen werden davon abhängen, welche Folgen der Lockdown gesamtwirtschaftlich hat. Unsere Einschätzung ist, dass hier weniger mangelndes Geld auf Investorenseite, sondern vielmehr der künftig erwartbare wirtschaftliche Erfolg der Startups ausschlaggebend sein wird. Denn diese müssen sich schließlich in der angespannten Marktsituation behaupten.

Munich Startup: Habt Ihr Tipps für Startups, die jetzt mit dem Rücken zur Wand stehen?

Carsten Rudolph: Da gibt es einige. Dazu gehört, täglich den Kontostand zu überprüfen und die eigene Burn Rate im Blick zu haben. Außerdem müssen die Startups notwendige Maßnahmen treffen, damit das Unternehmen überlebt. Das sind zum großen Teil schwierige Entscheidungen, die keinen Spaß machen, leider aber dazugehören.

„Schnelles Handeln ist das Gebot der Stunde“

Viele müssen sicher auch überlegen, ob ihr Geschäftsmodell „nach der Krise“ noch genauso attraktiv ist wie zuvor, ob sie ihren Fokus verlagern müssen oder ihr Angebot sogar noch gefragter sein könnte. Wir erleben viele, die erwarten, nach dem Lockdown würde es wieder wie zuvor weitergehen, als wären es „nur“ 1–2 Monate Stillstand gewesen. Das glaube ich nicht. Schnelles Handeln ist das Gebot der Stunde.