Bei manchen News zu Finanzierungen, Transaktionen und Exits in der Startup-Szene kann es einen schon schwindeln – vor allem international. Investments in Startups oder auch frühe Übernahmen durch große Player gehen in hohe Millionen- oder gar Milliardenbeträge. Aber wie kommen Startups in Deutschland an die VC-Töpfe? Welche Investoren sind erreichbar und was erwarten sie von Gründern? Darüber macht sich Dr. Carsten Rudolph Gedanken, der als Geschäftsführer von BayStartUP Investoren und Startups zusammenbringt.
Wann lohnt es sich für ein Startup mit Kapitalbedarf überhaupt, Venture-Kapitalgeber kennen zu lernen?
Startups sollten schon ein paar Voraussetzungen erfüllen, bevor sie sich vorstellen. Vor allem sollten sie finanzierungsreif für Venture Capital sein. Das heißt, sie sollten sich schon einen gewissen Track Record erarbeitet und wesentliche erste Schritte zurückgelegt haben.
Eine sehr gute Voraussetzung sind natürlich z. B. schon ein paar hunderttausend Euro Umsatz. Ein IT-Startup sollte seine Software schon an ein paar Kunden verkauft haben, im Internet-Bereich sollten nennenswerte Kundenzahlen vorhanden sein. Wenn ich als Gründer allerdings eine Hightech-Maschine baue, brauche ich oft mehr Zeit und Material, bis ich einen marktfähigen Prototypen habe. Unter Umständen muss ich auch mit hohen Kosten für Zulassungsverfahren etwa für das CE-Kennzeichen rechnen, bis ich überhaupt einen ersten Kunden habe, unter anderem im Gesundheitsbereich. Aber auch diese Gründer, bei denen Go-to-Market-Prozess wesentlich länger dauert, müssen einem Investor beweisen, dass ihr Verfahren von Kunden akzeptiert wird.
Wie überzeugt man als Gründer einen Venture-Capital-Fonds?
Gründer sollten vor allem ihre Ertragsmechanik erklären und verständlich machen können, dass sie ein skalierungsfähiges Geschäftsmodell haben. Damit ist gemeint, dass die Umsätze deutlich schneller steigen können als die Kosten. Auch wenn es einfach klingt, in der Realität trennt sich hier die Spreu vom Weizen. Außerdem muss ein Startup die eigenen Stärken und Schwächen kennen und ein tiefes Verständnis für den Markt und die Wettbewerber haben. Und auch die Perspektive ist wichtig: Ein VC-Investor denkt immer auch an den Exit und braucht deshalb längerfristige Wachstumspotenziale.
Wer sind im Moment die typischen VC-Investoren in Deutschland?
Es gibt in Deutschland einfach im internationalen Vergleich sehr wenige Fonds, daher ist es eher schwierig „typisch“ zu definieren. Es gibt ein nur ein paar Fonds, die auch mal fünf bis zehn Millionen Euro in ein Startup geben können, dafür haben wir eine gewisse Zahl an kleineren Fonds, die auch zum Teil in den letzten Jahren neu entstanden sind. Diese sind oft mit erfahrenen Gründern besetzt und probieren auch neue Konzepte aus, ich denke hier zum Beispiel an die „Venture Stars“ in München mit dem „Netzathleten“-Gründer Stefan Pfannmöller, eine Kombination aus Inkubator-Fond und Company-Builder. Solche Ideen brauchen wir öfter, aber man sieht auch immer mehr. Was die Branchen betrifft: Sicher sind – zu Beginn – weniger Kapital-intensive Modelle wie IT-Themen etwas leichter finanzierbar. Aber gut skalierende Modelle auch im Hardware Bereich sind finanzierbar, was zählt ist ein messbarer Nachweis schneller Erfolge. Von internationalen Investoren sehen wir hier zunehmendes Interesse, allerdings erst bei größeren Tickets, zum Beispiel die Investments von zuerst Highland Capital und jetzt HPE Growth Capital in eGym mit insgesamt über 60 Mio. Dollar. Aber einige – zum Beispiel – Partech sind auch bereits früher unterwegs, zum Teil mit eigenen Mitarbeitern im Lande.
Was es sonst noch brauchen könnte…
Wir müssen weiter konsequent am Gesamt-Ökosystem in Deutschland bauen. Das Silicon Valley etwa ist uns hier mindestens 30 Jahre voraus. Auf der regionalen Ebene ist – aber auch nicht in allen Bundesländern – einiges an Startup-Hilfe entstanden. Die Infrastruktur mit Akzeleratoren, Kompetenzzentren, Fördertöpfen und vernetzten Akteuren ist gut und wächst. Um aber Bewegung in die Venture-Capital-Finanzierung zu bringen, sind vor allem diejenigen gefragt, die wirklich an den größeren Stellschrauben drehen könnten: die Entscheider auf Bundesebene. In jüngerer Zeit waren wir Startup-Unterstützer eher damit beschäftigt, eine weitere Verschlechterung zu verhindern, zum Beispiel das gerade noch gekippte Anti-Angel-Gesetz oder aktuell die geplante Verschärfung des Kartellrechts, was den Verkauf von Startups an Investoren erschweren würde. Es gibt also trotz guter Chancen für Startups insgesamt noch viel Luft nach oben.
Dr. Carsten Rudolph ist Geschäftsführer von BayStartUP. Die bayerische Anlaufstelle für Gründer und Startups richtet z. B. den Münchener Businessplan Wettbewerb aus, bietet Startup Coaching an und organisiert eines der größten Investoren-Netzwerke in Europa. Dr. Carsten Rudolph bringt langjährige Erfahrung aus Industrie, Beratung und einem eigenen international aufgestellten Startup mit. Infos zum Unterstützungsangebot unter www.baystartup.de