Munich Startup: Wer seid Ihr und was macht Verso? Stellt Euch bitte kurz vor!
Andreas Maslo: Wir, Andreas Maslo (33) und Florian Holl (39), sind die Gründer von Verso. Die Frage nach den Auswirkungen unserer Lieblingsprodukte auf Umwelt, Mensch und Gesellschaft treibt uns seit Jahren um. 2010 lernten wir uns über unsere Tennismannschaft kennen und prüften damals schon Produkte aus unserem Alltag auf ihre Herkunft und die Umstände, unter denen sie entstanden waren. Und fanden: Nichts.
Nach weiteren Recherchen wurde klar, dass den meisten Unternehmen selbst nicht bewusst ist, welche Auswirkungen ihr Handeln auf Mensch, Umwelt und Gesellschaft hat. Ihnen fehlte das Know-how sowie ein passender Managementansatz. Um Nachhaltigkeit in Unternehmen so einfach wie möglich managebar zu machen, gründeten wir schließlich Verso.
Heute ist unser Unternehmen ein komplettes CSR-Management-Cockpit für Nachhaltigkeitsbeauftragte. So unterstützen wir Unternehmen mit unseren Software- und Beratungslösungen bei der nachhaltigen Transformation der Wirtschaft. Egal ob Startup oder Großkonzern, mit Verso können Firmen Informationen rund um die Nachhaltigkeit managen und schnell an ausgewählte Stakeholder kommunizieren.
Verso ist nicht mein erstes Unternehmen. Mit 18 Jahren übernahm ich ein denkmalgeschütztes Gebäude und machte eine 4-Sterne Pension daraus. Als ich 2006 am Deutschen Gründerpreis teilnahm, und den 3. Platz in Bayern machte, begann ich mich intensiv mit Unternehmertum auseinanderzusetzen. Mein wirtschaftliches Studium an der FH Kempten und der Harvard University legten für Verso einen guten Grundstein. Mein Mitgründer Florian Holl hat ebenfalls einen BWL-Background und gibt als CSR-Experte regelmäßig Vorträge, unter anderem an der Hochschule Fresenius in München.
Große Ziele: Verso will die Welt nachhaltig transformieren
Munich Startup: Welches Problem löst Euer Startup?
Andreas Maslo: Grundsätzlich geht es uns darum, dass wir unsere Welt dringend nachhaltig transformieren müssen. So wie wir leben, werden wir in Kürze einen ‚Point of no return‘ erreichen, was Klima und Umwelt angeht. Doch das ist nicht alles. Auch in weiteren Bereichen der Nachhaltigkeit – ökonomischen, sozialen und gesellschaftlichen Aspekten – ist eine Menge außer Balance geraten und in der aktuellen Form nicht zukunftsfähig.
Einen wesentlichen Anteil an diesen Missständen hat die Art, wie wir wirtschaften. Unternehmen wollen und müssen heute ihre Verantwortung wahrnehmen, um auch in Zukunft noch bestehen zu können. Deshalb ist das Thema Nachhaltigkeitsmanagement, beziehungsweise CSR, heute eines der wichtigsten und dringendsten im unternehmerischen Kontext.
Wir bei Verso möchten mit unserer Software und Beratung die Hürden nehmen und es für Unternehmen so einfach und angenehm wie möglich machen, sich nachhaltig zu transformieren. Neben unserem Software- und Beratungspaket für Einsteiger nutzen auch viele CSR-Profis unsere Software. Über das Cockpit managen sie ganzheitlich ihre Ziele, Maßnahmen und Kennzahlen sowie ihre Kommunikation. Und dann ist da noch die CSR-Berichtspflicht. Wir haben den Prozess in der Software teilautomatisiert und Leitfäden integriert. Das spart den Nutzern immens Zeit und Kosten und macht externe Agenturen unnötig.
Munich Startup: Aber das gibt’s doch schon längst!
Andreas Maslo: Wir würden uns freuen, wenn es das so schon längst gäbe! Denn dann wäre die Wirtschaft heute schon deutlich weiter in der nachhaltigen Transformation. Es braucht noch viel mehr Unternehmen, die sich der nachhaltigen Transformation unserer Welt widmen. Denn jetzt zählt’s!
Bürokratie als Herausforderung
Munich Startup: Was waren bisher Eure größten Herausforderungen?
Andreas Maslo: Unsere größte Herausforderung ist sicherlich immer wieder die Konfrontation mit der ‚alten Welt‘ des Wirtschaftens. Reine Gewinnmaximierung als Grundlage für jegliche Entscheidung – und eben auch Budgets. Für das komplexe Thema Nachhaltigkeit war es in der Vergangenheit oftmals schwierig, fruchtbaren Boden zu finden. Einfach, weil Entscheider die Wesentlichkeit und auch das Potenzial von CSR nicht verstanden haben. Es ist ähnlich wie mit der Digitalisierung – es gibt durchaus noch viele Unternehmenslenker da draußen, die den Mut zur Veränderung erst dann fassen, wenn es gar nicht mehr anders geht.
Für die nachhaltige Transformation war ‚Fridays for Future‘ und die globale Klimabewegung bestimmt ein Beginn. Seitdem wird unser Herzensthema, Nachhaltigkeit, kaum mehr als Gutmenschentum abgetan. Auch für den zahlenorientiertesten CFO ist nun nicht mehr von der Hand zu weisen, dass unternehmerische Verantwortung gefordert wird. Von MitarbeiterInnen, Kunden, Shareholdern, der Gesellschaft. Nachhaltigkeit wird gerade zur „Licence to Operate“ für jedes Unternehmen da draußen. Egal ob Startup oder Konzern.
Die zweite große Herausforderung ist immer wieder die Bürokratie. Wir müssen die gleichen bürokratischen Anforderungen erfüllen wie große, etablierte Unternehmen. Das macht häufig keinen Sinn und kostet uns Zeit und Geld, die wir sehr viel lieber in unsere Unternehmensentwicklung investieren würden. Wir würden uns sehr wünschen, dass Dinge wie die Einstufung des Sozialversicherungspflichtigen-Status (Angestellter oder Unternehmer) oder auch Mitarbeiter-Anteilsprogramme deutlich vereinfacht würden. Auch eine Ombudsstelle für Startups wäre eine gute Idee, um unverhältnismäßige Bürokratie oder fragliche Einzelentscheidungen von Verwaltungsbeamten zu melden und Rat zu erhalten.
Skaleneffekte im nachhaltigen Wirtschaften nutzen
Munich Startup: Wie laufen die Geschäfte?
Andreas Maslo: Unser Geschäft steht und fällt mit der Aufmerksamkeit, die das Thema Nachhaltigkeit bekommt. Wir freuen uns, dass dieses Interesse heute so groß wie noch nie ist. Wir erhalten eine unfassbare Resonanz auf unsere Events und finden momentan viele offene Türen und Ohren vor. Unsere Kundenbasis konnten wir innerhalb des letzten Jahres so um 56% steigern.
Natürlich erhalten wir momentan auch Corona-bedingte Absagen, weil kein Budget freigegeben wird. Andere setzen aber genau wegen der Pandemie und der globalen Verflechtungen jetzt auf Nachhaltigkeit und wollen es unbedingt strategisch angehen. In Kürze werden wir den ersten Onlineshop für CSR-Software launchen, um es Kunden noch einfacher zu machen, Verso für ihr CSR-Management einzusetzen.
Auf die nächsten ein bis drei Jahre gesehen, können wir uns durchaus vorstellen, uns mit Marktbegleitern zusammenzuschließen, um ein noch breiteres Angebot für unsere Kunden umsetzen zu können. Durch entsprechende Skaleneffekte und Synergien wäre es möglich, die nachhaltige Transformation von Unternehmen so noch schneller voranzutreiben. Dafür ist es nämlich höchste Zeit!
München: Ein Privileg mit Kehrseite
Munich Startup: Wie schätzt Ihr den Startup-Standort München ein?
Andreas Maslo: München ist natürlich Heimat und Hightech-Standort gleichermaßen. Das ist schon ein Privileg, in dieser einmaligen Stadt unser Office zu haben. Noch dazu sitzen wir im Münchner Technologiezentrum (MTZ), das ein sehr gutes Wachstumsumfeld bietet.
Aber diese anziehende Stadt hat eben auch Kehrseiten: Die Mieten in München sind nicht gerade kompatibel mit Startup-Gehältern.
Außerdem würden wir uns mehr Plattformen zum spezifischen Austausch wünschen. Insbesondere zu den Themen Nachhaltigkeit, CSR und SaaS, also Software as a service. Da sind so viele ungenutzte Potenziale! Zur Nachhaltigkeit haben wir mit unserem Impact Circle selbst schon eine Plattform zum Austausch gestartet, in der wir CSR-Leader interviewen und CSR-Manager beziehungsweise Interessierte zusammenbringen.
Grundsätzlich bin ich allerdings der Meinung, dass der physische Standort immer weniger Bedeutung hat. Wir finden es zwar super wichtig, dass Teams sich regelmäßig sehen. Spätestens seit dem Lockdown Anfang des Jahres sind aber viele daran gewöhnt, komplett remote zu arbeiten. Startups könnten also auch Teammitglieder beschäftigen, die mitten in den Alpen oder anderswo wohnen – so lange der Internetzugang passt. Ein zentraler Treffpunkt wie München ist aber dennoch eine gute Basis. Denn hier haben wir viele Kunden direkt vor der Haustür.
Munich Startup: Hidden Champion oder Shooting Star?
Andreas Maslo: Das Thema Nachhaltigkeit in Unternehmen und unsere Kunden wollen wir zum Shooting Star machen. Wir als Verso sind auch gerne der Hidden Champion.