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Falkensteiner Ventures: „Wir nehmen Steine aus dem Weg und öffnen Türen“

Falkensteiner Ventures ist ein Frühphasen-Investor aus dem DACH-Raum, der sich mit Büros in München, Wien, Zürich und Berlin auf die Reise- und Freizeitindustrie sowie die Altenpflege konzentriert. Mit dem Vermarkter von Ferienwohnungen Airgreets und der alpinen Systemgastronomie Sankt Annas hat der Kapitalgeber auch zwei Münchner Startups im Portfolio. Im Interview erklärt uns Geschäftsführer Beat Blaser, wonach Falkensteiner Ventures bei Startups sucht, was es für ein erfolgreiches Startup braucht und was Deutschland von Österreich lernen kann.

Munich Startup: Stellt Falkensteiner Ventures bitte kurz vor.

Beat Blaser, Falkensteiner Ventures: Wir sind ein Boutique-Venture-Capital-Accelerator, diese Wortschöpfung haben wir mal für uns so kreiert. Wir beschränken uns ausschließlich auf Travel, Hospitality, Leisure – also die Freizeitindustrie – und Altenpflege. Warum haben wir diesen Fokus auf Travel und Hospitality? Mein Partner hat eine Hotelkette, die Falkensteiner Hotels, und ich selbst war mein ganzes Arbeitsleben europaweit in der Travel-Branche tätig. Deshalb haben wir uns auch dazu entschlossen, als Smart Money Investor nicht einfach nur Geld zu investieren, sondern auch Hands On dort wo es Sinn macht zu unterstützen.

Munich Startup: In was investiert Ihr bevorzugt?

Beat Blaser, Falkensteiner Ventures: Besonderes Interesse haben wir an all dem, was mit Travel zu tun hat. Ein weiterer Fokus-Cluster ist Vacation Rental, also Homes und Ferienwohnungen. Wir setzen hier auf technologie-unterstütztes, modernes Vermieten, denn wir glauben, dass man damit gerade in den Ferienregionen einen echten Beitrag liefern kann, wenn so neue internationale Gäste kommen. Wir glauben, dass es im Bereich der Ferienwohnungen noch ein unheimliches Potenzial gibt, deutlich mehr als in den Städten, wo das Segment ja sehr stark reguliert ist.

Ein weiterer unserer Schwerpunkte ist alles, was mit Software-as-a-Service für Hospitality zu tun hat. Hier spielt das Insiderwissen unseres Hoteliers eine große Rolle. Gerade in der kleinen Hotellerie können noch unheimlich viele Themen automatisiert und Effizienzgewinne gehoben werden. In diesem Bereich haben wir jetzt fünf Investments und sind dort auch weiterhin aktiv auf der Suche nach mehr.

„Wir suchen Themen an der Schnittstelle zwischen Old und New Economy“

Und das vierte Fokussegment geht in die Richtung Camping und Outdoor. Ganz generell suchen wir ja Themen, die an der Schnittstelle zwischen Old und New Economy sind. Und gerade im Camping-Bereich haben wir die Sicht, dass die Hospitality oftmals noch wenig digitalisiert ist. Ich spreche jetzt natürlich nicht von den gut organisierten Ketten sondern von den Einzelhotels. Und da ist es eigentlich so, dass das Camping-, Glamping-, Outdoor-Segment in vielen Fällen noch mal fünf, sechs oder sieben Jahre hintendrein ist. Wir sehen da gutes Potenzial und sind auch kurz vor Abschluss von drei weiteren Investments in diesem Bereich.

Munich Startup: Fokussiert ihr euch auf Startups in bestimmten Phasen?

Beat Blaser, Falkensteiner Ventures: Wir mögen alles, was früh, auf dem Powerpoint-Level ist, Pre-Seed- oder Seed-Stage ist. Wir haben eine relativ hohe Kenntnis mit den Themen, wir kennen den Markt ja sehr gut, und können in der frühen Phase  den jungen Leuten auch den größten Mehrwert mitgeben durch unsere Netzwerke, Erfahrungen und Mentoring. Ich muss ja zum Teil selbst lachen, wenn jemand etwas braucht zum Beispiel in Finnland oder in Tschechien und wir können ihm dann auch weiterhelfen. Uns war zu Beginn gar nicht so bewusst, dass wir ein exzellentes Netzwerk haben und den Leuten dann auch fast europaweit weiterhelfen können. Auch das führt dann dazu, dass wir fast ausschließlich Sachen im Early-Stage-Bereich machen.

Munich Startup: In welche Art von Startup würdet ihr denn nie investieren?

Beat Blaser, Falkensteiner Ventures: Natürlich soll es möglichst digital sein, aber eben an der Schnittstelle mit Brick&Mortar (stationären Geschäfts- bzw. Verkaufsräumen, Anm. d. Red.). Und auch die Binsenweisheit „Team, Team, Team“ war uns schon immer wichtig, denn ein gutes Team funktioniert auch mit einer mittelmäßigen Idee, aber eine mittelmäßige Idee geht nicht mit einem schwachen Team. Zudem möchten wir in Zukunft das Thema Female Founders stärker fördern.

Beat Blaser, Falkensteiner Ventures
Beat Blaser kennt die europäische Touristik inside-out, zuletzt als Managing Director von Thomas Cook International. Zuvor hat er die B2B Bettenbank Medhotels.com geführt und umfangreiche Partnering-Erfahrung etwa durch die strategische Allianz mit Expedia gesammelt. Nebst seiner Rolle als Managing Partner von Falkensteiner Ventures ist er Board Member bei verschiedenen Startup- und Grownup-Unternehmen. © Falkensteiner Ventures

„Wir nehmen Steine aus dem Weg und öffnen Türen“

Munich Startup: Müssen Startups bei Euch Angst haben, dass Ihr Euch zu stark einmischt?

Beat Blaser, Falkensteiner Ventures: Unser Selbstverständnis ist: Wir nehmen den Gründern Steine aus dem Weg und öffnen Türen. Wir wollen ihnen das Leben nicht zusätzlich schwer machen, um Gottes Willen. Das korreliert natürlich mit dem Team und der jeweiligen Geschäftsidee. Einige Teams benötigen mehr Unterstützung als andere. Vor allem in der frühen Phase unterstützen wir unsere Startup-Investments auch tatkräftig auf operativer Ebene. Der Idealfall ist aber eigentlich, dass von den Gründern zurück gepusht wird und die sagen „Wir hab das schon im Griff“, dass die wissen, was sie tun, und nur dann kommen, wenn sie wirklich Unterstützung brauchen. Wenn wir operativ zu stark involviert sind, dann ist meist etwas mit dem Team nicht in Ordnung.

Munich Startup: Wie lang braucht es von der ersten Kontaktaufnahme bis zum Vertragsabschluss?

Beat Blaser, Falkensteiner Ventures: Im Schnitt sind es sechs Monate, wenn es schnell geht auch mal drei. Und vielleicht mit ein bisschen Ping und Pong und hin und her sind es dann auch mal neun. Wahrscheinlich ist das Mittel aber sechs Monate bis dann die Kohle auf dem Konto ist.

Munich Startup: Um erfolgreich zu sein muss ein Startup…

Beat Blaser, Falkensteiner Ventures: …ein starkes, widerstandsfähiges Team sein mit einer starken Idee, die in wesentlichen Punkten Kundennutzen bringt, Probleme löst.

Munich Startup: Wie lernt ihr denn Startups kennen?

Beat Blaser, Falkensteiner Ventures: Wir haben keine Batches oder Abschlusstermine, wir mögen es, wenn die Leute auf uns zukommen, wenn für sie der richtige Zeitpunkt ist. Wir sind seit 2 Jahren im Markt, und wir finden unsere Startups eigentlich über alle Kanäle, also Netzwerkempfehlung, LinkedIn, und natürlich auch das ein oder andere an Pitching-Events. Aber am meisten freut es uns, wenn die Leute oder Kontakte auf uns zukommen, da versuchen wir auch immer innerhalb von zwei bis drei Wochen qualifiziertes Feedback zu geben.

Für Falkensteiner Ventures entscheidet die Team-Performance

Munich Startup: Gibt es ein K.o.-Kriterium beim Pitch?

Beat Blaser, Falkensteiner Ventures: Ein K.o.-Kriterium gibt es glaube ich nicht. Wenn, dann ist es sicher wieder die mangelnde Team-Performance oder auch die Chemie, also wenn wir das Gefühl haben, das passt nicht. Oder wir sind der Meinung, das Team kann die Herausforderung nicht schaffen. Manchmal ist es auch die Konstellation mit anderen Investoren, wo wir sagen, mit dem Gründerteam würde es gut klicken aber mit dem Bestandsinvestor oder mit dem Leadinvestor nicht.

Munich Startup: Bei was habt Ihr Euch schon mal ordentlich verkalkuliert?

Beat Blaser, Falkensteiner Ventures: Ich kann sagen – und das gilt inklusive COVID-Phase – bis jetzt sind nach unserem Ampel-System alle Startups auf grün, und eines auf gelb. Und bei dem glauben wir auch, dass wir das gemeinsam mit allen Beteiligten wieder in den Grün-Status bringen. Bis dato hatten wir also Glück und vielleicht auch die richtige Wahl, aber uns ist noch keines abgestürzt.

„Es wird mehr bedachter gereist“

Munich Startup: Der Trend des Jahres ist…!

Beat Blaser, Falkensteiner Ventures: Da gibt es verschiedene. Zum einen sind da die COVID-Auswirkungen: Wir stellen fest, dass viel lokal gereist wird, dass viel kurzfristiger gebucht wird, und mit Sicherheit auch, dass viel bedachter gereist wird, also mehr nach dem Sinn gefragt wird anstatt mal am Wochenende nach New York und zurück zu fliegen. Und was wir auch sehen ist, dass große, tradierte Unternehmen im Bereich Travel, mögen es Reiseveranstalter sein oder Airlines, natürlich sehr stark am Kämpfen sind. Das liegt natürlich an COVID, aber zum Teil auch an überalterten Geschäftsmodellen, zum Teil auch an Ballast und Kosten, die sie einfach nicht reduziert bekommen.

Und was wir auf der anderen Seite dann sehen, egal ob jetzt bei uns im Portfolio oder bei anderen, ist, dass die Jungunternehmen einfach so viel agiler sind und natürlich eine geringere Kostenbasis haben. Damit können sie sich stärker auf Produkt und Kunden konzentrieren und weniger auf interne Probleme und alles, was dazu gehört. So haben sie dann einfach größere Chancen in der derzeitigen Situation. Jetzt ist die Zeit für Startups in Travel!

Was Deutschland von Österreich lernen kann

Munich Startup: Was macht die Münchner Startup Szene aus Sicht der Investoren richtig? Was könnte sie besser machen?

Beat Blaser, Falkensteiner Ventures: Wenn ich jetzt so in unsere Travel-Themen schaue, dann ist München einfach ein unheimlich guter Standort. Die Schweiz und Österreich sind in der Nähe und der Süden ist nicht weit weg. Aber vielleicht kann man da in der Kommunikation die Ökosystem-Vorteile noch besser und noch deutlicher hervor streichen. Denn ab und an habe ich das Gefühl, dass die wichtigen Sachen, wenn zum Beispiel Obama bei der Bits & Pretzels auftaucht, fast schon nebenbei passieren.

Und ein anderes Thema, das mir durch den Kopf geht, ist die Unterstützung von Stadt, Bund und Ländern. Ich glaube, dass in dem Bereich Deutschland insgesamt, nicht nur München, Potenzial hat, das besser zu kommunizieren. Österreich ist da unglaublich gut unterwegs, mit Klarheit der Kommunikation, Förderung der Startups, und das auch noch mit hohem Tempo. Wir hatten jetzt drei Mal die Situation, dass wir uns für Company-Ansiedlungen zwischen Deutschland und Österreich entscheiden mussten, und beide Male haben sich die Gründerteams mit uns zusammen dann für Österreich entschieden. Was die Effizienz und Geschwindigkeit von Förderungen anbelangt könnte man sich vielleicht von den Österreichern noch ein bisschen was abschauen.

Munich Startup: Last but not least: Auf wen gehen Startups zu, wenn sie mit Euch ins Gespräch kommen wollen?

Beat Blaser, Falkensteiner Ventures: Bei uns allen. Ob das jetzt bei mir ist, beim Erich Falkensteiner, bei unserer Office- und Projektmanagerin Ingrid Silginer oder über das Webformular, Social Media oder andere Kanäle – uns ist das völlig egal. Die Startups sollen keine Scheu haben, keine Berührungsängste, sondern einfach drauf los und sich bei uns melden.