Stefan Krautkrämer und Dirk Rudolf gründeten 2014 das Infrastruktur-Startup Fintecsystems (FTS). Das Fintech-Unternehmen will Banken und Finanzdienstleister bei digitalen Prozessen voranbringen. Das Gründerteam hat in diesem Bereich besondere Expertise. Denn gemeinsam hatten die beiden Gründer bereits die ‚Sofortüberweisung‘ mit aufgebaut und zu einem führenden Online-Bezahlverfahren in Europa gemacht. Nach dem Verkauf von ‚Sofort‘ an Klarna für mehr als 100 Millionen Euro und als die beiden Gründerteam-Mitglieder Ende 2014 ausgeschieden waren, wollten sie erneut gründen. Als Experten im Finanzbereich sahen sie in der neuen Zahlungsdienstleisterrichtlinie PSD2, die den Payment-Markt regulieren und liberalisieren würde, großes Potenzial.
Dirk Rudolf, Fintecsystems-Mitgründer, erklärt:
„Diese Regulierung versprach interessante Geschäftsmodelle rund um Kontoinformation und Zahlungsauslösung. Darauf wollten wir aufsetzen.“
Wie eine persönliche Erfahrung zur Idee führte
Und genau hier ist das Startup nun mit über 60 Beschäftigten von vier Standorten aus aktiv. Fintecsystems bietet beispielsweise Onlineüberweisungen in Onlineshops an. Ein weiteres Beispiel im Bereich Kontoinformation und Analyse ist der Online-Kreditantrag. Denn überall dort, wo Bonität digital und in Echtzeit geprüft werden muss, spielen die Lösungen des Münchner Fintechs eine entscheidende Rolle. Wie die beiden Gründer auf die Idee kamen? Wie so oft steckt eine persönliche Erfahrung dahinter, erzählt Dirk Rudolf:
„Stefan hatte aufgrund vieler Testkonten, die er als COO von Sofort eröffnete, einen schlechten Score, der ihm den Bezug einer Bahn-Kreditkarte verwehrte. Bei mir waren es schlechtere Konditionen bei einer Immobilienfinanzierung, die ich vermutlich aufgrund einer älteren Null-Prozent-Finanzierung bekommen hatte.“
Dadurch hatten beide keinen einwandfreien Score, obwohl sie solvent waren. Rudolf führt weiter aus:
„Da kam uns die Idee, dass es nichts Besseres gibt, die aktuelle Bonität zu bestimmen, als das Gehaltskonto. Damit war klar: Wir bieten eine Bonitätsprüfung in Echtzeit für Banken und Finanzdienstleister an.“
Ein Gamechanger für die Branche
Denn anders als Daten von Auskunfteien sind Kontoinformationen stets aktuell. Aus diesem ersten Businesscase heraus entwickelten die Gründer eine Reihe weiterer Produkte. Dabei gibt es zwar mehrere Anbieter am Markt, aber FTS kann einige Alleinstellungsmerkmale für sich verbuchen, so Stefan Krautkrämer, Fintecsystems-Mitgründer:
„Wir können mit unserer API 99,5 Prozent der Banken ansprechen, das sind rund 6.000 an der Zahl. Unsere Kategorisierungssoftware, die Kontoinformationen clustert, ist mit einer Treffsicherheit von bis zu 98,5 Prozent in den relevantesten Kategorien die leistungsstärkste Analyse-Software am Markt. Heute sind wir der führende ‚Open Banking‘- und Analytics-Provider.“
Fintecsystems arbeitet für mehr als 160 Unternehmen, darunter Banken wie Santander, DKB oder N26 sowie alle nationalen Vergleichsplattformen wie zum Beispiel Check24. Mit der DKB setzt eine der größten deutschen Direktbanken den vollautomatisierten Onlinekredit ein. Laut Einschätzung der Gründer ist dies ein absoluter Gamechanger.
Die Herausforderungen auf dem Weg zum Erfolg
Auf seinem Weg zum Erfolg begegnete das Fintech jedoch auch Herausforderungen. Es gab die Herausforderung, ein Produkt zu launchen, mit dem man seine eigenen Ideen und Visionen von dem, was man darstellen will, am Markt evaluieren kann, erklären die Gründer. Und wenn man als junges Unternehmen Banken als Kunden hat, die bei der Digitalisierung von Prozessen Unterstützung brauchen, hat man auch nicht die einfachste Zielgruppe. Denn hier dauern Entscheidungen – allein bedingt durch regulatorische Zwänge, aber auch aufgrund langer Abstimmungsrunden zwischen den Abteilungen – häufig sehr lange. Dadurch hatte das Startup gerade anfangs mit sehr langen Sales-Zyklen zu kämpfen, bis es dann zu einem finalen Abschluss kam. Eine andere Herausforderung war es, das richtige Team zusammenzustellen, wie Rudolf erzählt:
„Das dauert Jahre! Und dann muss dieses Team auch idealerweise über längere Zeit zusammenbleiben. Es ist im Prinzip wie bei einem Fußballteam: Um einen Meisterschafts-Kandidaten zu formen, braucht es einen langen Atem.“
Aber den langen Atem hatte das Startup. Und so blickt Fintecsystems auch nach dem Corona-Krisenjahr auf eine gute Geschäftsentwicklung. Dirk Rudolf findet:
„Wir können mit diesem herausfordernden Jahr, das so überraschend und wenig planbar war, sehr zufrieden sein. Wir hatten einen kurzen Corona-Dip im Frühjahr, profitieren aber insgesamt davon, dass die Nachfrage nach Online-Dienstleistungen sehr hoch ist während der Corona-Phase.“
Fintecsystems sieht steigende Nachfrage und verdoppelt Umsatz
Egal ob im E-Commerce, wo das Fintech Zahlungsdienste anbietet, oder bei den Finanzdienstleistungen, wie den erwähnten Online-Krediten und der Bonitätsprüfung, überall steigt die Nachfrage.
„Das führt dazu, dass wir über Plan gewachsen und im abgelaufenen Jahr fast sechs Millionen Euro Umsatz machen konnten – eine Verdoppelung des Umsatzes gegenüber 2019. Das ist für uns als Wachstumsunternehmen mit mehr als 60 Mitarbeitern ein tolles Ergebnis“,
so Krautkrämer.
Noch sieht sich das Startup trotz all der Erfolge als Hidden Champion. Das liegt auch an der B2B-Ausrichtung, mit der das Startup eher unter dem Radar fliegt. Aber gerade im B2B-Umfeld lassen sich sehr erfolgreiche und nachhaltige Geschäftsmodelle entwickeln, wie Krautkrämer und Rudolf bereits mehrfach bewiesen haben. Aktuell wird bei Fintecsystems an einer Finanzierungsrunde gearbeitet, um das Wachstum weiter voranzutreiben.