Nico Hribernik und Manuel Nothelfer (v.l.), Gründer der Wellster Healthtech Group
Foto: Wellster Healthtech Group

Wellster Healthtech Group: „Möchten das größte und fürsorglichste Gesundheitsunternehmen in Europa aufbauen“

Das Telemedizin-Startup Wellster Healthtech Group kombiniert Telemedizin, medikamentöse und digitale Therapien zu jeweils einem Gesundheitsthema. In Deutschland betreibt Wellster unter anderem die Portale gospring.de und myspring.com. Wir haben mit den Gründern Manuel Nothelfer und Nico Hribernik gesprochen.

Munich Startup: Wer seid Ihr und was macht Ihr? Stellt Euch bitte kurz vor!

Wellster Healthtech Group: Wir sind Dr. Manuel Nothelfer und Nico Hribernik und haben im November 2018 Wellster Healthtech Group gegründet. Manuel ist 42 Jahre alt und hat nach seinem Wirtschaftsdoktor an der Universität Witten/Herdecke einige Jahre als Berater für die Boston Consulting Group strategische Erfahrung speziell in der Versicherungs- und Gesundheitsbranche gesammelt. Später führte er als Co-Founder von betreut.de (Merger mit Care.com) seine Firma bis zum IPO an die Wall Street. Nico ist 38 Jahre alt, hat internationale BWL an der Wirtschaftsuniversität Wien studiert und daraufhin als Brand Manager für Procter & Gamble einige Billion-Dollar-B2C-Brands in verschiedenen Märkten geführt. Nach ersten unternehmerischen Erfolgen in Asien war er zuletzt Head of Brand bei Flixmobility. 2018 lernten wir uns zufällig bei einer Veranstaltung von HV Capital kennen. Gemeinsam haben wir zwei Dinge erkannt: die digitale Gesundheitsbranche wird künftig alles verändern – es gibt jedoch eine entscheidende Versorgungslücke. Die Idee von Wellster war geboren.

Munich Startup: Welches Problem löst Euer Startup?

Wellster Healthtech Group: Viele Menschen mit alltäglichen Gesundheitsproblemen gehen nicht zum Arzt. Eine Ursache neben vielen anderen ist die Unwissenheit, dass es sich bei den Beschwerden um ein medizinisches Problem handelt. Komplizierte Wege erschweren zusätzlich die Motivation zum Handeln: Der Allgemeinarzt stellt die Überweisung zum Facharzt aus, auf dessen Termin man lange wartet. Im Anschluss muss der Patient noch das Rezept in der Apotheke einlösen. Verstärkt wird diese Hürde durch die Antriebslosigkeit, wenn psychische Belastungen zu den Beschwerden hinzukommen.

Wellster betreibt vollintegrierte Online-Plattformen, wodurch der Arztbesuch auch von zu Hause möglich ist. Die Diagnose wird vom Arzt per Ferndiagnose gestellt, das Rezept je nach Wunsch des Patienten an eine Versandapotheke oder Apotheke vor Ort übermittelt. Unsere Ärzte erfassen den Behandlungserfolg digital und optimieren ihn fortlaufend. Wir überwinden damit die entscheidenden Barrieren des konventionellen Gesundheitssystems.

„Wellster spricht all diejenigen an, die sich zwar ihres Problems bewusst sind, aber dennoch den Weg zum Arzt scheuen“

Munich Startup: Aber das gibt’s doch schon längst!

Wellster Healthtech Group: Es gibt bereits viele Telemedizin-Anbieter am Markt. Das Problem: Sie sprechen vor allem diejenigen an, die sowieso schon bewusst einen Arzt aufsuchen wollen. Damit versuchen sie das bestehende System zu ersetzen und nicht zu verbessern. Es geht hier also um eine reine Umverteilung von offline zu online. Wellster spricht all diejenigen an, die sich zwar ihres Problems bewusst sind, aber dennoch den Weg zum Arzt scheuen – obwohl es dafür Diagnosen mit entsprechenden Therapiemöglichkeiten gibt. Wir schaffen daher vor allem über klassische Marketingkanäle wie TV oder Außenwerbung Aufmerksamkeit für unsere rein digitalen Behandlungsangebote und leiten so direkt auf unsere vollintegrierten Lösungsplattformen weiter.

Munich Startup: Was waren bisher Eure drei größten Herausforderungen?

Wellster Healthtech Group: Das Marktumfeld der Medizin und Pharma steht im Vergleich zu anderen Bereichen des täglichen Lebens gerade erst am Anfang der digitalen Umwälzung. Daher gibt es noch viele Spannungsfelder zwischen konservativen und progressiven Akteuren, die uns juristisch und regulatorisch berühren. Worüber wir sehr froh sind: Zum einen konnten wir durch unsere medizinischen Studien mit der LMU München sowie der Uni Freiburg weltweite Pionierarbeit für die Telemedizin leisten. Zudem überzeugten wir führende Ärzte und Apotheker Deutschlands von dem signifikanten Vorteil unserer Angebote für die Versorgungslage und -forschung. Heute arbeiten wir mit den meisten Akteuren Hand in Hand, um neue Standards in der Telemedizin etablieren zu können.

Munich Startup: Wo möchtet Ihr in einem Jahr stehen, wo in fünf Jahren?

Wellster Healthtech Group: Mit Wellster möchten wir das größte und fürsorglichste Gesundheitsunternehmen in Europa aufbauen und etablieren. Das heißt konkret: Wir werden der erste Kontaktpunkt von Patienten für die gesamte häusliche Gesundheit. Zunächst liegt der Fokus bis Mitte/Ende nächsten Jahres auf dem deutschen Raum, wo wir das Produktangebot für bestehende und neue Zielgruppen erweitern möchten. Ein Augenmerk richten wir auf die psychische Gesundheit und Vernetzung mit lokalen Medizinangeboten. Langfristig streben wir eine Expansion in fünf europäische Länder an.

„Bereits mehr als 1 Million Menschen“ auf Plattformen der Wellster Healthtech Group

Munich Startup: Wie schätzt Ihr den Startup-Standort München ein?

Wellster Healthtech Group: Wir sind super glücklich hier. München als einer der fünf Gründer-Hotspots in Deutschland hat unserer Meinung nach alles zu bieten, was erfolgreiche Startups und ihre Teams brauchen. Wir lieben die Stadt für ihre Dynamik und Lebensqualität. International anerkannte medizinische Institutionen wie die Technische Universität oder LMU München sorgen dafür, dass für uns relevante Experten vom Fach deutschland- sowie weltweit hier ihr Zuhause finden. Das kommt natürlich auch den Startups der Digital-Healthcare-Branche zugute.

Munich Startup: Schneller Exit oder langer Atem?

Wellster Healthtech Group: Seit unserem Go-Live im Mai 2019 nutzen bereits mehr als 1 Million Menschen telemedizinische Sprechstunden über die Plattformen von Wellster. Aus unseren Studien wissen wir, dass mehr als zwei Drittel von ihnen noch nie zuvor wegen ihres Problems bei einem Arzt waren. Allein das zeigt, wie viel wir bewirken können. Wir möchten auf lange Zeit Verantwortung übernehmen. Deshalb haben wir vielversprechende Projekte für die Zukunft in Planung, mit denen wir einen nachhaltigen Einfluss nehmen auf das Wohlbefinden der Menschen.