Govshare: Lösungen für kommunalen Klimaschutz

Das Münchner Startup Govshare wurde 2022 von Philipp Schwarz und Franz-Ferdinand Kress gegründet. Über die Plattform sollen Kommunen einfacher Lösungen für den Klimaschutz umsetzen können. Dazu nutzt das Startup Datenvisualisierung und Semantik. Akteure aus Verwaltung und Politik erkennen so schnell, was andernorts bereits funktioniert bzw. nicht funktioniert hat. Gründer Philipp Schwarz spricht im Interview übers (fast) Aufgeben, die aktuellen Herausforderungen und die Vision des Unternehmens. Eine erfolgreiche Finanzierung konnte das Startup sich ebenfalls sichern. Die FAZ Business Media GmbH gab ein strategisches Investment in nicht genannter Höhe.

Munich Startup: Was macht Euer Startup? Welches Problem löst Govshare?

Philipp Schwarz, Govshare: Govshare ist eine Lösungsplattform für kommunalen Klimaschutz. Als solche tragen wir zentral relevante Umsetzungshilfen wie Vorlagen und Praxisbeispiele zusammen, um Städte und Gemeinden dezentral zu entlasten.

Warum? Unsere eineinhalbjährige Recherche und über 60 Gespräche mit Akteuren aus der Verwaltung und der Kommunalpolitik haben ergeben, dass die meisten Kommunen beim Thema Klimaschutz zwar vor sehr ähnlichen Aufgaben stehen, aber gleichzeitig das Rad vielerorts immer wieder neu erfunden wird.

Klimaschutz-Maßnahmen intuitiv und mit Spaß angehen

Govshare
Unser Interviewpartner, Philipp Schwarz von Govshare.

Munich Startup: Aber das gibt’s doch schon längst!

Philipp Schwarz: Leider nicht. Im kommunalen Klimaschutz mangelt es zwar nicht an Lösungen, Beratungsangeboten und Wissenskanälen. Aber das mündet oft in Überforderung, weil zum Beispiel Klimaschutzmanager gar nicht wissen, wo und mit welchen konkreten Schritten sie anfangen sollen. Eine quellen- und regionenübergreifende Plattform kann hier entlasten, indem sie den Verwaltungsmitarbeitern einen Teil des Rechercheaufwands abnimmt.

Was uns außerdem von anderen Angeboten abhebt, ist unser Fokus auf intuitives Design. Govshare ist vom Look and Feel her eher wie ein Online-Shop als ein Wikipedia. Das führt dann zu folgenden Aussagen unserer ersten Nutzer: „Es macht richtig Spaß, sich hier durchzuklicken.“ So etwas lässt unsere Herzen höher schlagen, denn darum geht es in unseren Augen: Konkrete Maßnahmen gegen den Klimawandel vor Ort umzusetzen macht Spaß!

Kurz vor dem Aufgeben

Munich Startup: Was ist Eure Gründungsstory?

Philipp Schwarz: Als ich Ende 2021 meinen jetzigen Mitgründer, Franz-Ferdinand (Kress, Anm.d.R.), kennengelernt habe, war ich kurz davor, die Gründung von Govshare aufzugeben. Zu diesem Zeitpunkt hatte ich bereits ca. 1,5 Jahre in Marktforschung, Netzwerk-Aufbau, Prototyping und Business-Plan-Entwicklung investiert. Eine Finanzierung musste her, war aber nicht in Aussicht. Franz-Ferdinand hatte mich damals im Rahmen eines Accelerator-Programms pro bono beraten und war überzeugt: Govshare muss verwirklicht werden! Als er hörte, dass ich bald aufgeben müsse, machte er einen sehr durchdachten Vorschlag für eine gemeinsame Gründung.

Danach haben wir uns einem intensiven und sehr strukturierten Kennenlernen unterzogen. Wir haben sofort gemerkt: Das passt! Bei den wichtigsten Fragen sind wir auf einer Wellenlänge, unsere Charaktere und Arbeitsweisen ergänzen sich prima. Los ging die wilde Fahrt durch Pitching, Finanzierung, notarielle Gründung und Produktentwicklung.

Munich Startup: Was waren bisher Eure größten Herausforderungen?

Philipp Schwarz: Es gab verschiedene Herausforderungen:

  • Das Finden eines selbsttragenden und nachhaltigen Geschäftsmodells: Govshare wurde mit nur einem Ziel gegründet, eine messbar positive Wirkung im kommunalen Klimaschutz zu erreichen. Das mit einem tragfähigen Einkommensmodell in Einklang zu bringen, war und ist eine der größten Herausforderungen für uns.
  • Die erste Finanzierung sicherzustellen.
  • Als Plattform haben wir mit dem klassischen Henne-Ei-Problem zu kämpfen. Wie bekommt man den Stein ins Rollen, sodass auch andere sich trauen, bei uns mitzumachen?

Munich Startup: Wo möchtet Ihr in einem Jahr stehen, wo in fünf Jahren?

Philipp Schwarz: Unser Kernprodukt, die webbasierte Lösungsplattform Govshare.org, ist erst Anfang Mai 2023 an den Start gegangen. Die ersten 20 Kommunen, darunter Saarbrücken, Esslingen, der Landkreis Bad Kissingen und die Stadt Bad Sassendorf, sind bereits dabei. In einem Jahr wird Govshare ein skalierbares Modell verstetigt haben, das ganz konkrete Mehrwerte für Verwaltungspersonal vor Ort schafft, in dem es Zeit bei der Umsetzung von Klimaschutz-Maßnahmen spart. Wir haben bis dahin hoffentlich mehrfach bewiesen, dass man mithilfe unserer Plattform mit den gleichen Ressourcen mehr Maßnahmen pro Jahr umsetzen kann.

Die Govshare-Vision: Ein systemischer Wandel

Wo steht Govshare in fünf Jahren? Hoffentlich haben wir es geschafft, die wichtigsten Akteure im kommunalen Klimaschutz zusammenzubringen und unser Angebot nutzerorientiert so weiterzuentwickeln, dass hunderte Städte und Gemeinden in Deutschland, Österreich und der Schweiz täglich, gerne und mehrwert-stiftend mit Govshare arbeiten und dabei Zeit und Geld sparen.

Unsere Vision: Der systemische Wandel, den wir uns wünschen und den wir anstreben, hat bis dahin auch Fahrt aufgenommen. Das Teilen von Erfahrungen nach dem Abschluss von Projekten wird zum Mainstream. Dabei wird auch immer mehr über negative Erfahrungen bzw. über Learnings gesprochen: Was würden wir beim nächsten Mal anders machen und warum? Denn auch auf die Gefahr hin, dass ich dafür ins Phrasenschwein einzahlen muss, glaube ich fest daran: Klimaschutz ist eine Gemeinschaftsaufgabe!

Munich Startup: Wie habt Ihr den Startup-Standort München bisher erlebt?

Philipp Schwarz: Besser als sein Ruf. Es gibt hier nicht nur eine vibrierende Startup-, sondern auch eine wachsende Impact-Szene. Auch die direkte Unterstützung und das Fachwissen der zuständigen Abteilungen bei der Stadt München waren bisher hervorragend.

Munich Startup: Schneller Exit oder langer Atem?

Philipp Schwarz: Definitiv langer Atem. Wir haben unsere Gründungsreise direkt mit einem strategischen Investor begonnen. Das ist unüblich, zeigt aber neben unserem Fokus auf positive Wirkung, dass wir langfristig und vor allem sehr kooperativ denken.

Helen Duran

Als Redakteurin ist die Wirtschaftsgeografin Helen Duran seit 2015 für Euch in der hiesigen Gründerszene unterwegs. Sie ist neugierig auf Eure spannenden Startup-Geschichten!

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