Das Gründungsteam von Point Twelve: Erika Degoute, Flore du Durfort und Quentin Cangelosi
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Point Twelve: People, Purpose and Passion

Point Twelve ist eine B2B-Plattform, die es Herstellern energieintensiver Güter ermöglicht, ihre umweltfreundliche Produktion einfach und kontinuierlich zu zertifizieren und dabei bis zu 90 Prozent Zeit zu sparen. Das Startup wurde Anfang 2023 von Flore du Durfort, Erika Degoute und Quentin Cangelosi gegründet und hat auch den diesjährigen Munich Startup Special Prize bei der Bits & Pretzels gewonnen. Ein Interview mit Flore de Durfort, CEO bei Point Twelve.

Munich Startup: Was macht Point Twelve? Welches Problem löst Ihr?

Flore de Durfort: Point Twelve ist eine IoT- und SaaS-Plattform, die es Herstellern energieintensiver Güter ermöglicht, ihre Produktion einfach und kontinuierlich als „grün“ zu zertifizieren. Für Hersteller von nachhaltigen Kraftstoffen, Gasen, Chemikalien, Düngemitteln und Materialien wie Stahl und Zement verspricht Point Twelve eine Zeitersparnis von 90 Prozent bei den gesamten Zertifizierungsprozessen für kohlenstoffarme Produkte. Wir konzentrieren uns zunächst auf die Hersteller eines Gutes, das im Mittelpunkt der industriellen Dekarbonisierung steht: Wasserstoff.

Unsere Lösung macht es diesen Produzenten leicht, die erneuerbare Herkunft ihrer Energie nachzuweisen, Kohlenstoffemissionen dynamisch auf der Grundlage von Betriebsdaten zu quantifizieren, staatlich anerkannte Zertifikate zu erhalten und daraus die höchste Umweltprämie zu erzielen.

All das geschieht kosteneffizient und planbar. Und nicht wie bisher mit manuellen, kostspieligen, intransparenten, unvorhersehbaren und nicht skalierbaren Zertifizierungs- und Verifizierungsprozessen.

Point Twelve vereint Wissen zu Energiemärkten mit Tech-Know-how und Produktdesign

Munich Startup: Aber das gibt’s doch schon längst!

Flore de Durfort: In der Tat! Es geht darum, Nachhaltigkeit in den Technologie-Stack eines Produktionsstandorts eines Unternehmens einzubetten. Das ist eine echte Herausforderung. Unser „unfair advantage“ liegt wahrscheinlich in unserem Team – ein diverses und kompetentes Team an der Schnittstelle zwischen „Reg“ und „Tech“. Wir bieten eine gute Mischung und vereinen Wissen zu Energiemärkten und Regulierung, Technologieentwicklung und nutzerorientiertem Produktdesign. Dies unterscheidet uns von reinen „Tech“- oder „Tech-first“-Teams, die unserer Meinung nach ohne Fachwissen nicht erfolgreich sein können. Es geht nicht (nur) um den Aufbau einer komplexen Technologie. Sondern es geht um die Lösung eines branchenweiten Problems, bei dem Grenzen wie Lösungen in der Regulierung liegen.

Munich Startup: Was ist Eure Gründungsstory?

Flore de Durfort: Point Twelve ist eine 3P-Geschichte: People, Purpose and Passion! Es ist die Geschichte von drei Franzosen mit Sitz in München, die sich leidenschaftlich für die Energiewende engagieren und sehr motiviert sind, die Industrie schneller zu „dekarbonisieren“. Es ist die Geschichte von „verknallt sein“ im beruflichen Sinne, als wir GründerInnen uns bei gemeinsamen Daten- und Technologieprojekten bei E.ON kennenlernten. Und es ist letztlich auch die Geschichte dreier Menschen, die sich am Rande des Krieges in der Ukraine trafen und sich der Herausforderung stellten, ihre ganze Tatkraft und ihr Können in den Dienst einer sinnvollen Sache zu stellen: industrielle Dekarbonisierung, Energiesicherheit, industrielle Führungsrolle im Bereich Nachhaltigkeit.

Munich Startup: Was waren bisher Eure größten Herausforderungen?

Flore de Durfort: Ganz von vorne anzufangen! Denn wir wollten ein möglichst umfassendes Verständnis haben über die Herausforderungen, die wir lösen wollten. Dabei sind wir sind nach allen Regeln der Kunst vorgegangen und haben 80 Kunden- und Experteninterviews geführt, bevor wir auch nur eine Zeile Code geschrieben hatten. Wir sind große Fans der „Lean Startup“-Methode.

Grüne Zertifizierung soll dynamisch, kontinuierlich und transparent eingebettet sein

Munich Startup: Wo möchtet Ihr in einem Jahr stehen, und wo in fünf Jahren?

Flore de Durfort: Unser Ziel ist es, zu zeigen, dass eine grüne Zertifizierung dynamisch, kontinuierlich und transparent gestaltet und in den Produktionsbetrieb des Unternehmens eingebettet werden kann.

Wir konzentrieren uns zunächst auf einen wichtigen Teil der industriellen Dekarbonisierung: Wasserstoff. In einem Jahr wollen wir unsere SaaS-Lösung an so vielen Wasserstoffproduktionsstandorten eingeführt haben, dass wir zeigen können, wie wir komplexe Lieferkettendaten in verständliche, überprüfbare Nachhaltigkeitsberichte umwandeln, die von staatlich anerkannten Zertifikaten gestützt werden. Und das alles auf eine für die Hersteller möglichst rationale und automatisierte Weise. Innerhalb des nächsten Jahres wollen wir beweisen, dass wir mit der Lösung dieser Herausforderung für Wasserstoff gleichzeitig ein übergreifendes Problem lösen.

In fünf Jahren wollen wir, dass Point Twelve die Referenztechnologie für die Rückverfolgung und Verifizierung der Dekarbonisierung von Industrieprodukten ist. Wie der TÜV, nur besser, schneller, technologiegestützt und agil!

München: Fürsorglich und herausfordernd

Munich Startup: Wie habt Ihr den Startup-Standort München bisher erlebt?

Flore de Durfort: Eine gesunde Mischung aus „fürsorglich“ und „herausfordernd“. Obwohl wir nicht aus München kommen, haben wir hier ein extrem gut geeignetes Ökosystem für unser Wachstum vorgefunden. Wir waren an der Technischen Universität München im Xpreneurs-Accelerator. Hier haben wir nicht nur großartige Talente und viel Fachwissen zur Energiewende gefunden, sondern auch zahlreiche Industriepartner und Startup-Verbündete.

Und weil ein Startup zunächst die Menschen sind, die es vorantreiben: München entpuppt sich als ein sehr guter Ort, um Kinder aufzuziehen! Point Twelve wurde von drei jungen Eltern und NaturliebhaberInnen gegründet, die sich bemühen, Familie und Arbeit im Gleichgewicht zu halten. Wären wir in Paris in der Lage, fast jedes Wochenende in die Alpen zu fahren, um neue Energie zu tanken? Sicherlich nicht!

Munich Startup: Hidden Champion oder Shooting Star?

Flore de Durfort: Shooting Star!

Update von Januar 2024: Das Startup wurde umbenannt in „Atmen“.