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Hey Circle: Immer wieder nachhaltig versenden

Mit Mehrweg-Lösungen für den E-Commerce sagt Hey Circle den Abfallbergen aus Papierkartons und der damit verbundenen Umweltbelastung den Kampf an. Doris Diebold, Gründerin und Geschäftsführerin, hat mit uns über ihren Antrieb, ihre Pläne und die Macht der Einweg-Lobby gesprochen.

Munich Startup: Was macht Hey Circle? Welches Problem löst Ihr?

Doris Diebold, Hey Circle: Wir machen Schluss mit den Abfallbergen aus dem E-Commerce, indem wir Onlinehändlern und deren KundInnen wiederverwendbare Versandverpackungen als Alternative zum Einweg-Karton bieten. So sparen wir auf 50 Umläufe gerechnet 94 Prozent Abfall und 76 Prozent CO2-Emissionen ein.

Munich Startup: Aber das gibt’s doch schon längst!

Doris Diebold, Hey Circle: Schön wär’s! Tatsächlich haben VerbraucherInnen aber kaum eine Wahl, wenn sie online etwas bestellen. Zwar gibt es die ersten Mehrweg-Anbieter im Paket-Bereich, aber mehr als 99 Prozent der 4,5 Milliarden Sendungen in Deutschland werden in einer Verpackung verschickt, die indirekt für die Tonne produziert wird. Damit sich das ändert, bieten wir eine große Auswahl an Verpackungsgrößen, die den ganzen Markt abdeckt, und eine komplementäre IT-Lösung, die den Onlinehändler bei der Rücksendung und der Pfandabwicklung unterstützt.

Hey Circle: Positiver Impact durch Müllvermeidung

Munich Startup: Was ist Eure Gründungsstory?

Doris Diebold, Hey Circle: Für mich war 2019 der Moment gekommen, dass ich unbedingt mit meiner Arbeit einen positiven Impact schaffen wollte. Ich bemühte mich bereits, im Alltag Müll zu vermeiden, etwa im Supermarkt und durch bewussten Konsum. Beim Online-Shopping – welches als zweifache Mama eine große Rolle spielt – fand ich aber erstmal keine Lösung. Also sorgte ich einfach selbst dafür! Ich kündigte meinen guten Job in einem großen Unternehmen, tüftelte los, suchte mir mit Morris Kurz einen Gründungspartner und ein starkes Netzwerk. Nach der Gründung der GmbH im April 2021 folgte im Frühjahr 2022 der Markteintritt mit den ersten Produkten und die ersten KundInnen. Und irgendwo dazwischen lag auch noch Corona, woraus ich aber das Beste rausholte. Schließlich hat Corona den E-Commerce ja sogar noch befeuert und die Dringlichkeit der Mehrweg-Lösung erhöht.

Munich Startup: Was waren bisher Eure größten Herausforderungen?

Doris Diebold, Hey Circle: Unternehmen davon zu überzeugen, dass die Änderung in der Logistik einfacher ist als gedacht. Jedes Unternehmen ist sich bewusst, dass es nicht so weiter gehen kann wie bisher, aber oft herrscht noch ein „Never change a running system“-Gedanke vor. Die allermeisten Unternehmen, die einen Test mit uns durchführen, bleiben aber dabei und weiten nach und nach den nachhaltigen Versand aus.

Eine andere aktuelle Herausforderung ist die politische Unterstützung – und die Macht der Einweg-Lobby. Das betrifft tatsächlich alle nachhaltig arbeitenden Unternehmen. Deshalb freuen wir uns über jeden gesamtgesellschaftlichen Fortschritt und jedeN KundIn, der/die an unserer Seite den Mehrweg etablieren möchte.

Ab 2030 gilt Mehrweg-Quote für den E-Commerce

Munich Startup: Wo möchtet Ihr in einem Jahr stehen, wo in fünf Jahren?

Doris Diebold, Hey Circle: In einem Jahr wollen wir rund 2,2 Millionen Einweg-Verpackungen ersetzt haben, im Jahr darauf die 10-Millionen-Marke knacken. 2030 kommt die Mehrweg-Quote für den E-Commerce, deshalb werden sich immer mehr Unternehmen für wiederverwendbare Versandverpackungen entscheiden und ihren KundInnen endlich die nachhaltige Option anbieten, die ich selbst vergeblich gesucht hatte.

Munich Startup: Wie habt Ihr den Startup-Standort München bisher erlebt?

Doris Diebold, Hey Circle: Von Anfang an gab es sehr viel Unterstützung, etwa von unseren Business Angels, und passende Förderprogramme. Wir finden hier auch viele Austauschmöglichkeiten mit anderen Startups, die sich mit dem Thema wiederverwendbare Produkte befassen. Man kann wohl so weit gehen, München als Hotspot der Mehrweg-Szene zu bezeichnen.

Munich Startup: Öffis oder Fahrrad?

Doris Diebold, Hey Circle: Das kommt ganz auf die MitarbeiterInnen an. Rund die Hälfte des Münchner Hey-Circle-Teams wohnt im Zentrum, die anderen pendeln mit dem ÖPNV. Bemerkenswert ist wohl, wie viel wir im Büro zusammenkommen: JedeR kann so viele Tage wie er/sie mag im Home-Office verbringen, aber gemeinsam arbeiten, austauschen oder kochen spielt in unserer Unternehmenskultur eine große Rolle.