Künstliche Intelligenz bei Bots – E-Bot7 im Porträt

Das Münchner Startup E-Bot7 entwickelt und integriert künstliche Intelligenz in den bestehenden Kundenservice von Unternehmen. Das System analysiert eingehende Nachrichten, leitet sie an die richtige Abteilung weiter und stattet Support-Agenten während des operativen Geschäfts mit smarten Antwortvorschlägen aus. Dadurch sinkt die Bearbeitungszeit um bis zu 80% und wiederkehrende Anfragen werden automatisiert. Wir haben mit Xaver Lehmann, einem der Gründer, gesprochen.

E-Bot7 verbindet zwei Trendthemen — Bots und Künstliche Intelligenz (KI). Wie seht Ihr das Marktpotential für diesen Bereich?

Das Marktpotential für künstliche Intelligenz-Lösungen im Bereich des Kundendienstes ist enorm. Heutzutage sind die meisten CRM-Systeme vollkommen veraltet. Kundenservicemitarbeiter verbringen die meiste Zeit damit, repetitive Fragen zu beantworten, anstatt sich auf anspruchsvolle Fragen zu konzentrieren. Diese Ineffizienz kann mit Hilfe von KI und Chatbots behoben werden.

Auch das Marktpotenzial für virtuelle Chatbot-Assistenten ist enorm. Forrester geht von einer Vertausendfachung des Marktvolumens bis 2020 aus. Unsere ersten Zielmärkte sind die Telekommunikations-Industrie, Versicherungen sowie Banken. Dabei entspricht das Marktvolumen ca. 25 Milliarden Euro.

Kannst Du kurz einen Überblick zu den verschiedenen Bot-Lösungen geben?

Es gibt verschiedene technische Lösungsansätze wie man einen Bot aufbauen kann. Die meisten Bots, die man auf Facebook Messenger oder als Chat-Fenster auf Webseiten findet, sind so genannte „Rule-Based Bots“. Diese werden meistens aus existierenden Frameworks gebaut und manuell mit Daten — Fragen & Antworten — gefüttert. Diese Daten bilden eine so genannte statische Datenbank, da sich die eingesetzten Fragen & Antworten nicht verändern. Diese Bots funktionieren gut, solange der Kunde eine in der Datenbank existierende Frage stellt.

Wenn jedoch eine Frage gestellt wird, die nicht in der Datenbank existiert, dann bekommt der Kunde eine Fehlermeldung. Am Ende des Tages müssen die Service Mitarbeiter noch einmal ins System gehen, um die Fehlermeldungen auszulesen und die passenden Antworten manuell einzufügen. Erstens ist es unmöglich, mit einer statischen Datenbank alle möglichen Fragen der Kunden abzudecken und zweitens möchte kein Unternehmen weitere Ressourcen aufbringen, um den Bot am Ende des Tages zu trainieren.

Die drei Gründer von E-Bot7: Fabian Beringer, Xaver Lehmann und Maximilian Gerer (v.l.n.r.)

Was könnt Ihr also besser als andere Bots?

Wir bei E-Bot7 haben genau diese Probleme gelöst, da wir mit Hilfe künstlicher Intelligenz und neuronalen Netzen die Bedeutung der einkommenden Frage verstehen. Um zu garantieren, dass unsere künstliche Intelligenz keine falschen Antworten an den Kunden weiterleitet bieten wir eine hybride Agent- und KI-Lösung an.

Hybride Agent- und KI-Lösung

Was heißt das genau?

Das Unternehmen wählt am Anfang eine nötige Sicherheit aus, z.B. 98%, mit der das Unternehmen bestimmen kann, wie sicher sich die KI sein muss, bevor diese automatisiert eine Antwort versendet. Sobald eine Kundenfrage gestellt wird, gibt die KI einen Antwortvorschlag.

Falls sich die KI über 98% sicher ist, dass die vorgeschlagene Antwort zur Frage passt, dann schickt die KI diese automatisiert an den Kunden weiter. Falls sich die KI jedoch z.B. nur zu 95% sicher ist, dann sendet die KI den Antwortvorschlag an einen Agenten weiter, der den Antwortvorschlag überprüft.

Der Agent kann nun drei Aktionen auslösen. Erstens kann der Agent den Antwortvorschlag abschicken und die Intelligenz weiter trainieren. D.h. wenn die Frage nochmals gestellt wird, hat die Antwort eine höhere Wahrscheinlichkeit. Zweitens kann er den Vorschlag selber bearbeiten und abschicken und dadurch das System weiter trainieren, indem es die bearbeitete Antwort in die Wissensbank hinzufügt. Drittens, falls eine komplett neue Frage gestellt wird, kann der Agent eine neue Antwort verfassen, speichern und abschicken. Durch diesen Prozess wird eine Datenbank aufgebaut, die sich im operativen Prozess des Agenten kontinuierlich anpasst und dazulernt. So kann die KI bei jeder Interaktion des Agenten neues Wissen akkumulieren. Gleichzeitig wird die KI „supervised learning“ vom Agenten kontrolliert.

„Die Ergebnisse haben uns selber überrascht“

Eure KI scheint recht schnell zu lernen. Kannst Du dazu ein paar Zahlen nennen?

Man darf beim Thema KI und Machine Learning nicht vergessen, dass das System Daten und Zeit braucht, um schnell und effektiv zu lernen. Dementsprechend lernt die KI bei 10.000 Anfragen pro Tag schneller als bei 100. Die Ergebnisse unserer Technologie haben uns selber überrascht.

In einer unserer Case Studies mit einer großen Telekommunikationsfirma hat unser Bot nach zwei Monaten bereits mehr Anfragen verschickt (61%) als der Agent. Unser Fokus auf deutscher Sprache hilft uns dabei, dass wir relativ zügig, nämlich innerhalb von vier Wochen, weitere europäische Sprachen auftrainieren können.

Was sind Eure drei Zutaten für Erfolg?

  • Wir haben eine sehr große Vision. Wir wollen innerhalb der nächsten drei Jahre europäischer Marktführer im Bereich KI und Machine Learning Applikationen sein. Das Ziel gibt uns alltäglichen Ansporn, um noch härter und fokussierter zu arbeiten.
  • Ein starkes Team, dem man vertrauen kann und mit dem man den Erfolg teilt. Man kann zusammen erfolgreich gründen und wachsen.
  • Ausdauer und Mut, wir lassen uns nicht von Kritikern und Nein-Sagern entmutigen. Im B2B Business findet man viele davon. Wir nehmen uns Kritik zu Herzen und lernen schnell hinzu.

Was ist aktuell ein kniffliges Thema für Euch?

Unser Team wächst sehr schnell. Deshalb ist es derzeit eine große Herausforderung, passende Mitarbeiter zu finden, die perfekt ins Team passen und den nötigen Drive besitzen, wie wir Gründer.

Fokus auf den Mehrwert

Was ist Deiner Meinung nach der ausschlaggebende Faktor für eine nachhaltige Unternehmensentwicklung?

Unsere Meinung nach gibt es nicht nur einen ausschlaggebenden Faktor für eine nachhaltige Unternehmensentwicklung. Einer unserer wichtigsten Faktoren zum Erfolg jedoch ist unser Fokus auf unsere Value Proposition. Wir müssen uns täglich im Klaren sein wem, wie, wann und wo unsere Software einen Mehrwert bringt. Ohne diesen Gedanken und der Überzeugung des eigenen Produktes kann man langfristig nicht erfolgreich werden.

Fail forward – was war der lehrreichste Fehler den Ihr gemacht habt?

Während unserer ersten Investmentrunde waren wir uns zu sicher, dass alles nach Plan läuft. In letzter Sekunde ist einer unsere Investoren ohne Grund ausgestiegen. Zum Glück hatten wir zu dem Zeitpunkt ein sehr starkes Netz an weiteren Investoren, die uns dann unterstützt haben. Wir haben daraus gelernt, dass ein Deal erst vollendet ist, wenn alles unterschrieben ist (Anm. d. Red.: hier erfahrt Ihr mehr zur Finanzierungsrunde).

Welchen Rat gebt Ihr anderen Gründern mit auf den Weg?

Es lohnt sich 24/7 für deinen Traum zu arbeiten.

„München ist die ideale Gründerstadt“

Und welche Vorteile bietet München aus Deiner Sicht einem Gründer?

München ist die ideale Gründerstadt. Bis auf die hohen Mietpreise hat München deutschlandweit die beste Infrastruktur zum Gründen. Erstens hat man sehr starke Universitäten wie die LMU und TUM mit ihren Entrepreneurship-Initiativen wie z.B. dem MakerSpace oder das LMU EC. Hier können sich Gründer mit ergänzenden Fähigkeiten finden und anfangen, ihre Idee umzusetzen.

Zusätzlich befinden sich viele VC`s und Acceleratoren in München, die das erste Wagniskapital geben könnten. Zuletzt ist München einfach die schönste Stadt Deutschlands.

Da geben wir Xaver natürlich recht und bedanken uns für das spannende Interview und die Insights!