Der Plan von Lilium sieht vor, noch vor Jahresmitte mit der SPAC (Special purpose acquisition company) Qell Acquisition zu fusionieren. Durch diesen Prozess, der oft als Hintertür für den Gang an die Börse bezeichnet wird, entfallen für das Unternehmen die beim IPO-Börsengang üblichen Prozesse. Stattdessen legt ein Sponsor den SPAC auf, der auch selbst darin investiert und die unternehmerische Führung dieses Börsenmantels übernimmt. Im Fall von Qell Acquisition ist dies der frühere Präsident von General Motors North America Barry Engle. Hat ein SPAC ausreichend Mittel über den eigenen Börsengang eingesammelt, folgt die Akquisition von einem oder auch mehreren nicht an der Börse gelisteten Unternehmen, wodurch diese öffentlich handelbar werden.
Nach der Fusion von Lilium mit Qell soll das neue Unternehmen – das dann unter dem Namen Lilium firmieren soll – eine Bewertung von rund 3,3 Milliarden Dollar (2,8 Milliarden Euro) erreichen. Für die Münchner soll dabei neues Kapital in Höhe von 830 Millionen Dollar (707 Millionen Euro) abfallen, welches das Startup in seinen Plan, im Jahr 2024 den kommerziellen Betrieb zu starten, investieren will.
„Das Potenzial der Elektrifizierung des Flugverkehrs ist enorm“
Barry Engle erklärt:
„Qell hat sich auf die Suche nach einem außergewöhnlichen und ehrgeizigen Technologieunternehmen mit großem Wachstumspotenzial gemacht – und mit Lilium haben wir das gefunden. Ich habe meine Karriere in der Mobilität verbracht und die Elektrifizierung der Automobilindustrie miterlebt. Das Markt- und gesellschaftliche Potenzial der Elektrifizierung des Flugverkehrs ist enorm. Ich und das gesamte Team von Qell sind begeistert von dem Einfluss, den Lilium haben kann, und von der Rolle, die wir spielen können.“
Erst im vergangenen Jahr sicherte sich Lilium in einer Finanzierungsrunde 240 Millionen Dollar frisches Geld von dem chinesischen Internet-Konzern Tencent und den bestehenden Investoren Atomico, Freigeist und LGT. Später schloss sich zudem das schottische Investment-Management-Unternehmen Baillie Gifford mit 35 Millionen Dollar der Finanzierung an. Damit hatte das Startup insgesamt über 340 Millionen Dollar Kapital eingesammelt und die Milliardenbewertung geknackt.
Das Münchner Startup entwickelt inzwischen mehrere Elektro-Flugtaxis, die senkrecht starten und landen. Neben dem bereits bekannten Fünf-Sitzer kündigte Lilium erst kürzlich eine Maschine mit sieben Sitzen an, die wirtschaftlich rentabler sein und daher als erstes Modell in die Serienfertigung gehen soll. Zudem plant das Startup einen regionalen Flugservice in mehreren Regionen der Welt. Hierzu kündigte Lilium bereits zwei Testnetze an, in denen das Startup sein Konzept erproben will: Zum einen sollen zwischen den größten Städten im US-amerikanischen Bundesstaat Florida Passagiere befördert werden. Und zum anderen will man im Ruhrgebiet zehn Städte miteinander und mit dem Düsseldorfer und Kölner Flughafen verbinden. Zudem sieht der Plan vor, auch die weiter entfernten Städte Aachen, Bielefeld, Münster und Siegen an das Testnetz anzuschließen.