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Bonescreen: Für die Knochengesundheit

Die radiologische Software von Bonescreen nimmt eine weit verbreitete, aber wenig beachtete Erkrankung in den Fokus: Osteoporose. Mittels KI-gestützter medizinischer Bildanalyse soll der Knochenschwund vollautomatisiert frühzeitig erkannt und behandelt werden können. Von den Vorzügen eines diversen Teams, den Herausforderungen bei der Zertifizierung und der Vision vom würdigen Altern berichtet einer der Gründer.

Munich Startup: Was macht Bonescreen? Welches Problem löst Ihr?

Dominik Maurer, Bonescreen: Wie der Name Bonescreen schon unschwer erahnen lässt, dreht sich bei uns alles um das Thema Knochen und Knochengesundheit. Unser Schwerpunkt liegt hier insbesondere in der Früherkennung der Volkskrankheit Osteoporose, die hierzulande leider entweder zu spät oder häufig auch gar nicht diagnostiziert wird.

Für die circa sechs Millionen Betroffenen Menschen in Deutschland bedeutet dies ein jährlich zunehmendes Frakturrisiko. Gerade im Alter beeinträchtigen aber solche Knochenbrüche signifikant die Lebensqualität. In Europa zieht sich im Schnitt jede dritte Frau und jeder fünfte Mann einmal in ihrem Leben eine osteoporotische Fraktur zu.

Mit unserem ersten Produkt SpineQ haben wir eine radiologische Software entwickelt, die nahezu jede Computer-Tomographie-Untersuchung, die im klinischen Umfeld gemacht wird, automatisch auch auf Osteoporose analysiert und den behandelnden ÄrztInnen so zusätzliche diagnostische Informationen bietet. Identifiziert SpineQ eine geringe Knochendichte oder ein erhöhtes zukünftiges Risiko, können die ÄrztInnen entweder weitere Analysen einleiten oder direkt präventive Maßnahmen verschreiben.

Bonescreen bietet forschungsbasierte Evidenz

Munich Startup: Aber das gibt’s doch schon längst!

Dominik Maurer, Bonescreen: Fast. Der Markt für die KI-gestützte medizinische Bildanalyse ist groß, das stimmt. Osteoporose selbst aber steckt weiterhin in der Nische fest. Das wollen wir ändern. Zuversichtlich stimmt uns hierbei das wachsende Bewusstsein der skandinavischen Länder, von dem es uns in Deutschland noch etwas mangelt. Auch haben sich viele Startups entschieden, sich auf Röntgen- oder Magnetresonanz-Untersuchungen anstelle des CTs zu fokussieren.

Das führt dazu, dass die zwei Haupt-Konkurrenten in unserem Bereich amerikanische Unternehmen sind, die es mit der von uns entwickelten Technologie aber nicht aufnehmen können. Das gilt aber ebenso für einige junge Unternehmen, die sich langsam in das Gebiet vorwagen, denn: Was vielen Startups in dem Bereich fehlt, ist die klinische und forschungsbasierte Evidenz, die wir bei Bonescreen aufgrund unserer mehr als 20-jährigen Forschung vorweisen. Das gibt uns die Sicherheit und den langen Atem, welcher im medizintechnischen Bereich notwendig ist.

Munich Startup: Was ist Eure Gründungsstory?

Dominik Maurer, Bonescreen: Gegründet wurde Bonescreen im Februar 2022. Seither ist unser Gründerteam von erstmalig zwei auf nun sechs Mitgründer gewachsen. Ein Großteil des Teams kennt sich von Ihrer gemeinsamen Zeit an der TU München. Hier ist einer unserer Gründer Professor der Radiologie. Vier von sechs Mitgründern haben hier Ihren Doktor begonnen oder angeschlossen, der Letzte im Bunde brachte die wirtschaftliche und finanzielle Expertise von Extern. Des Weiteren vereinen wir nicht nur das Interdisziplinäre aufgrund unserer diversen Hintergründe im radiologischen Bereich, der Software Entwicklung sowie dem Finanzwesen, sondern stellen auch auf inter-kultureller Ebene ein diverses Team: unser Team kommt aus Deutschland, Jordanien, Indien, Ghana und bald auch aus Ägypten.

Zertifizierung als größte Hürde

Munich Startup: Was waren bisher Eure größten Herausforderungen?

Dominik Maurer, Bonescreen: Auch wenn man meinen könnte, bei einem sechsköpfigen Gründer-Team ist es die stetige Konsensfindung, so funktioniert dies bei uns erstaunlich gut. Wenn es um die Strategie und die Vision geht, teilen wir alle dieselben Ambitionen.

Die größte Herausforderung war jedoch mit Abstand, uns das Kapital zu sichern, damit sich ein Großteil des Teams Vollzeit in das Abenteuer Bonescreen stürzen konnte und auch finanziell sicher fühlte. Das haben wir seit Mai 2023 mit dem Co-Investment von EIT Health in Höhe von 1,5 Millionen Euro geschafft. Jetzt gilt es, Bonescreen für die Zukunft aufzustellen. Die größte Hürde hier ist die für medizintechnische Produkte oder Software so wichtige CE-Zertifizierung. Eine Kommerzialisierung ist ohne sie in großen Teilen nicht möglich, weswegen wir geschlossen daran arbeiten, was viel Zeit benötigt.

Munich Startup: Wo möchtet Ihr in einem Jahr stehen, wo in fünf Jahren?

Dominik Maurer, Bonescreen: Wie jedes Startup haben wir innerhalb der nächsten zwölf Monate Vieles vor! Um es mit drei Worten zu sagen: CE-Zertifizierung, Finanzierung und Kommerzialisierung.

Der medizintechnische Bereich ist aus guten Gründen stark reguliert und jeder, der ein Produkt oder eine Software vertreiben möchte, muss diese von staatlich benannten Stellen zertifizieren lassen. Bis Ende des Jahres wollen wir diesen Meilenstein erreicht haben, um dann unser Produkt kommerziell vertreiben zu können. Um schon jetzt die Weichen für eine Produkterweiterung zu stellen, wollen wir mit zusätzlichem Kapital zwei bis drei Mitarbeiter einstellen und Liquidität bis Ende 2025 sichern. Wir sind im Moment in der Planung einer Angel-Runde. In den nächsten fünf Jahren wollen wir DIE Untersuchung sein, aufgrund derer Ärzte DACH-weit bei den meisten Patienten frühzeitig Osteoporose diagnostizieren.  Wir sehen das als unseren Beitrag, so vielen Menschen wie möglich ein würdiges Altern zu ermöglichen.

„Fest in München verwurzelt“

Munich Startup: Wie habt Ihr den Startup-Standort München bisher erlebt?

Dominik Maurer, Bonescreen: Wir sind schon lange in München und hier fest verwurzelt. Unser gesamtes Gründerteam hat hier entweder gelebt oder studiert und weiß den Standort zu schätzen. Nie war uns eine Entscheidung leichter gefallen. Der Zugang zu gut ausgebildeten, motivierten Fachkräften mit der geteilten Liebe zu Outdoor-Freizeitaktivitäten und unserem lokalen Netzwerk in der Radiologie-Szene hat die Entscheidung natürlich noch um einiges erleichtert. Auch war es leicht, schnell Zugang zu Büroräumen zu finden. Im Moment sitzen wir zum Beispiel im Werk1 und fühlen uns dort pudelwohl.

Munich Startup: Outsourcen oder selber machen? 

Dominik Maurer, Bonescreen: Technologie? Ganz klar: Selber machen, immer! Für alles andere heißt es zumindest für den Anfang: Selber machen. Denn wer von Anfang an alles outsourced, wird schwer einschätzen können, wie viel Zeit Dinge wirklich brauchen und mit hoher Wahrscheinlichkeit für Leistungen bezahlen, die nicht notwendig sind. Das ist ein Luxus, den wir uns als Startup nicht leisten können (und auch nicht wollten, wenn wir könnten).