© L. Gervasi / München Tourismus

Winterschlaf in der Münchner Startup-Szene

2023 war ein schwieriges Jahr für die Münchner Startup-Szene. Und auch zum neuen Jahr kam das Ökosystem noch nicht richtig in die Gänge. Wir blicken in unserem Quartalsrückblick auf die Zahlen.

Alle folgenden Daten zur Münchner Startup-Szene stammen – sofern nicht anders angegeben – aus unserem Data & Insights-Dashboard. Wer mehr erfahren will, kann auch selbst die Datenbank nach weiteren Insights durchsuchen.

Das erste Quartal 2024 spülte erneut nur wenig Geld in die Kassen der Münchner Startup-Szene. So lag die Gesamtfinanzierungssumme bei lediglich 353 Millionen Euro. Damit liegt sie knapp unter dem Niveau von Q4 2023 (365 Millionen Euro) und deutlich unter dem des Vorjahresquartals (492 Millionen Euro). Dabei gilt für alle betrachteten Zeiträume, dass bei einigen Finanzierungsrunden keine Zahlen bekanntgegeben wurden, weswegen die finalen Summen noch einmal höher liegen.

Große Finanzierungsrunden gab es im Winter nur zwei. Tubulis konnte sich 128 Millionen Euro in seiner Series-B sichern und Finn 100 Millionen Euro in seiner Series-C. (Die wichtigsten Finanzierungen des vergangenen Quartals haben wir hier zusammengefasst.) Damit steht Q1 2024 besser da als Q4 2023, als es kein einziges Investment über 100 Millionen Euro gab. Auch das Vorjahresquartal sah lediglich zwei Mega-Investments. Das Problem dabei: Durch die weiter gesunkene Gesamtsumme verwässern diese seltenen Erfolge die Bilanz des Quartals nur noch stärker. Denn die zwei Finanzierungsrunden von Tubulis und Finn machen knapp 65 Prozent der Gesamtinvestitionssumme aus. Lässt man die Megarunden weg, kommt Q4 lediglich auf 135 Millionen Euro – so wenig wie kein Quartal mehr seit Q2 2020, als zum Beginn der Corona-Pandemie nur 127 Millionen Euro eingesammelt werden konnten.

Startup-Szene sieht weniger Investitionsrunden und kaum Geld aus Übersee

Auch die Zahl der Investitionsrunden nahm erneut ab und setzt damit einen Trend fort, der Mitte 2022 seinen Anfang nahm. Mit nur mehr 30 erfolgreich abgeschlossenen Finanzierungsrunden ist der Stand im Quartals 2024 so niedrig wie seit Herbst 2017 nicht mehr, als ebenfalls nur 30 Startups aus der Münchner Startup-Szene Investoren fanden. Im Vorjahresquartal waren es hingegen noch 59 erfolgreiche Investments und im vorangegangen Jahresviertel 45.

Die durchschnittliche Investitionssumme (ohne Megarunden) lag in den Monaten Januar bis März bei 4,8 Millionen Euro pro Finanzierung. In den drei Monaten zuvor waren es hingegen noch 8,1 Millionen Euro. Im Vorjahresquartal lag der Schnitt bei 4,2 Millionen Euro.

US-Investoren zeigten sich im Winter weiterhin vorsichtig. So lag der Anteil amerikanischer Finanzmittel an Finanzierungsrunden für Münchner Startups im ersten Quartal dieses Jahres bei 16,2 Prozent (57,1 Millionen Euro). Im Vorjahresquartal waren es nur 6,6 Prozent (32,7 Millionen Euro) und im letzten Quartal 2023 13,2 Prozent (48 Millionen Euro). Den Großteil der Finanzierungssummen stemmten von Januar bis März Geldgeber aus Deutschland (35,7 Prozent, 126 Millionen Euro) und dem Rest Europas (45,3 Prozent, 160 Millionen Euro). Geld aus Asien sowie anderen Regionen spielt im Münchner Ökosystem traditionell nur eine geringe Rolle.

Übernahmen, Insolvenzen und neue Fonds im Münchner Ökosystem

Börsengänge von Münchner Startups gab es im ersten Quartal keine, allerdings haben neun Jungunternehmen neue Eigentümer gefunden. So gehört jetzt Relevo zur schwedischen Duni Group, Zavvy wurde von der HR-Plattform Deel übernommen und auch das Edtech Heytimi und Noyes Technology haben im ersten Quartal Käufer gefunden. Einige dieser Verkäufe waren allerdings aus der Not geboren, da die Startups zuvor in die Insolvenz rutschten. Neu eröffnet wurden zudem drei Insolvenzfahren, die vorläufige Insolvenz traf zwei weitere Münchner Startups. (Mehr zu den Insolvenzen des Quartals haben wir hier zusammengefasst.)

Zumindest an die Venture Capital Fonds scheint das Geld inzwischen wieder üppiger zu fließen. Denn von Januar bis März konnten acht VCs Closings ihrer Fonds verkünden und insgesamt rund zwei Milliarden Euro einsammeln. So brachte unter anderem der Final Close des Vidia Climate Fund I 415 Millionen Euro für den 2021 gegründeten VC Vidia, Golding Capital konnte mit Golding Secondaries (Second Closing mit 280 Millionen Euro) und Golding Infrastructure (First Closing mit 360 Millionen Euro) gleich zwei Fonds weiter befüllen und auch Picus Capital sicherte sich rund 70 Prozent der Zielsumme von 200 Millionen Euro seines Picus Venture Fund II im First Closing. Darüber hinaus fanden auch YZR Capital mit dem Wachstumsfonds Deutschland und Alpine Space Ventures mit dem European Investment Fund der NATO neue Geldgeber.