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Diese Münchner Startups hat die Insolvenz erwischt

Von der Einleitung des Verfahrens bis zum endgültigen Abschluss ist eine Insolvenz ein langwieriger Prozess – der auch immer wieder Münchner Startups ereilt. Ein Überblick der Insolvenzen im ersten Quartal 2024.

Wenn der Zahlungsausfall ein Unternehmen ereilt, wird in der Regel eine vorläufige Insolvenzverwaltung angeordnet, bevor es zum eigentlichen Verfahren kommt. Dies dient der Sicherung des Schuldnervermögens vor nachteiligen Veränderungen. Die Zeit der vorläufigen Insolvenz wird aber auch dazu genutzt, neue InvestorInnen oder KäuferInnen zu finden, bevor das eigentliche Verfahren beginnt. Aber das gelingt nicht immer.

Lösungen für insolvente Startups

Gut lief es für Noyes Technologies. Das Startup für automatisierte Kleinstlager ging im November 2023 in die vorläufige Insolvenzverwaltung. Im Februar kam es dann zur rettenden Lösung in Form einer Übernahme durch die österreichische Knapp-Unternehmensgruppe. Hierfür übernahm die zum 1. Februar neu gegründete Knapp Nano Warehousing Beteiligungs GmbH den Geschäftsbetrieb von Noyes Technologies. Alle 19 Angestellten in München konnten dabei übernommen werden. Das Insolvenzverfahren für der Noyes Technologies GmbH wurde zeitgleich am 1. Februar eröffnet. Zum Insolvenzverwalter wurde Rechtsanwalt Rolf G. Pohlmann der Münchner Kanzlei Pohlmann Hofmann bestellt.

Ebenfalls ein positives Ende fand die Insolvenz des Edtechs Heytimi. Das Startup für Online-Nachhilfe ging Anfang Dezember in die vorläufige Insolvenzverwaltung, angeführt von dem Rechtsanwalt Marc-André Kuhne der Dingolfinger Kanzlei DKR Kuhne Dr. Raith Rechtsanwälte. Ende Dezember wurde Heytimi von dem Berliner Edtech Cleverly übernommen – was die beiden Unternehmen allerdings erst im Februar kommunizierten. Neben Marke und KundInnen sicherten sich die Berliner auch einige der Mitarbeitenden und TutorInnen der Münchner. Die Marke bleibt zudem vorerst als „Heytimi by Cleverly“ bestehen. Die Eröffnung des Insolvenzverfahrens von Heytimi fiel auf den 3. Januar 2024.

Und auch die Insolvenz von Smart4Diagnostics fand ein positives Ende. Kurz vor Weihnachten musste das Medtech, das den Prozess rund um die Blutabnahme digitalisieren will, die vorläufige Insolvenz anmelden. Im März verkündeten die Münchner dann eine erfolgreiche Investorenlösung: Die Venture Targeter 3 AB, eine Tochter des schwedischen Risikokapitalgebers Katalysen Ventures AB, hat den Geschäftsbetrieb rückwirkend zum 1. März erworben und auch die gesamte Belegschaft übernommen. Hinter Katalysen Ventures steht eine Gruppe von InvestorInnen aus Schweden, dem Vereinigten Königreich und den USA. Mit der Übernahme wurde dann auch das Insolvenzverfahren für die Smart4Diagnostics GmbH eröffnet. Als Insolvenzverwalterin diente Rechtsanwältin Dr. Elske Fehl-Weileder. Sie ist am Münchner Standort der Acherner Kanzlei Schultze & Braun Rechtsanwaltsgesellschaft für Insolvenzverwaltung tätig.

Neu eröffnete Insolvenzverfahren

Weniger glücklich liefen die Dinge hingegen für Cesonia. Das 2018 mit Unterstützung des LMU EC und SCE gegründete Startup hat eine Collaboration-Lösung im Bereich Produktentwicklung auf den Markt gebracht. Im November 2023 ging es dann für das Unternehmen in die vorläufige Insolvenzverwaltung. Im Februar dieses Jahres folgte dann die Eröffnung des Verfahrens. Die Insolvenzverwaltung hat Dr. Max Liebig von der Münchner Kanzlei Liebig Insolvenzverwaltung Restrukturierung übernommen. Manchen dürfte sie noch von der Kuchentratsch-Insolvenz im vergangenen Jahr bekannt sein. Eine Lösung für Cesonia konnte letztlich aber keine gefunden werden.

Ebenfalls keine Lösung gab es für Grundriss in Lebensgröße. Das Startup bietet Bauherren die Projektion von Grundrissen in ihrer Originalgröße auf ihren Hallenboden. KundInnen richten sich dann mithilfe rollbarer Wände und Pappmöbel ihr zukünftiges Zuhause ein. Mit diesem Konzept konnte das Startup einst auch Carsten Maschmeyer und Judith Williams in der Höhle der Löwen von sich überzeugen. Mitte Januar wurde das Insolvenzverfahren gegen Grundriss in Lebensgröße eröffnet, bereits eine Woche später folgte die Feststellung der Masseunzulänglichkeit. Insolvenzverwalter ist Rechtsanwalt Dr. Ulf Pechartscheck von Dr. Beck & Partner Rechtsanwälte.

Neuigkeiten gibt es auch aus dem Insolvenzverfahren von Xpay. Das 2016 gegründete Kreditkarten-Startup musste im August für mehrere Teile der Unternehmensgruppe vorläufige Insolvenz anmelden: Die Xpay Holding AG, die Xpay Solutions GmbH und die Xpay Development GmbH. Die Xpay Card Services GmbH, die als E-Money-Agent operativ im Zentrum steht, ist hingegen nicht von der Insolvenz betroffen. Im November wurde für die Xpay Holding Masseunzulänglichkeit festgestellt und das Insolvenzverfahren eröffnet. Nun folgte im März die Eröffnung der Verfahren auch für die Xpay Solutions GmbH und die Xpay Development GmbH. In beiden Fällen wurde Rechtsanwalt Dr. jur. Matthias Hofmann der Münchner Kanzlei Pohlmann Hofmann bestellt.

Neue Fälle von vorläufiger Insolvenz in der Münchner Szene

Im ersten Quartal des Jahres kam es zudem zu zwei neuen Fällen vorläufiger Insolvenz. Mitte Februar musste Laqa in die vorläufige Insolvenzverwaltung. Das Startup hat eine digitale Lösung für Einrichtungen der Pflege und des Gesundheitswesens zur Erfassung und Verarbeitung von Trinkmengen und -intervallen bei PflegeempfängerInnen entwickelt. Ein smarter Trinkbecher soll erfassen, ob die NutzerInnen ausreichend trinken und sie zur Not darauf erinnern. Auf diese Weise will das Startup dabei helfen, Dehydration bei älteren Menschen und Pflegebedürftigen zu vermeiden. Nun benötigt Laqa jedoch selbst Hilfe. Zum vorläufigen Insolvenzverwalter wurde Rechtsanwalt Dr. Benedikt de Bruyn der Kanzlei GT GreenbergTaurig bestellt.

Darüber hinaus hat es Samdock Ende Januar in die vorläufige Insolvenzverwaltung getrieben. Das Startup bietet eine cloudbasierte Software-as-a-Service-Lösung an, mit der kleine und mittelständische Unternehmen Geschäftsprozesse in den Bereichen Vertrieb, Marketing und Kundenservices in einem durchgängigen System digitalisieren und automatisieren können. Anfang 2020 konnte sich das Startup noch eine siebenstellige Summe sichern, nun ging das Geld aus. Vorläufiger Insolvenzverwalter ist Rechtsanwalt Thomas Klöckner der Kanzlei Lecon. Gleich Anfang April – also bereits im zweiten Quartal – folgte dann die Eröffnung des Insolvenzverfahrens.