© Filu/ Fotografin Julia Schärdel

Women in Tech: Lena Naderer von Filu

Filu ist eine moderne Feel-Good-Tierarztpraxis mit mehreren Standorten deutschlandweit. Das Startup bietet digitale Services wie Online-Terminbuchung und modernste medizintechnische Ausstattung mit OP-Räumen und einem in-house Labor. Wir haben mit Anna Magdalena (Lena) Naderer darüber gesprochen, wie sie auf die Idee kam, Tierarztpraxen digitaler zu machen und was das mit "Feel Good" zu tun hat.

Munich Startup: Was für eine Ausbildung und bisherigen Karriereweg hast Du?

Lena Naderer: Ich habe 2013 an der LMU München in Veterinärmedizin approbiert und dort 2015 meinen Doktortitel in Tiermedizin abgeschlossen. Danach habe ich in verschiedenen Tierarztpraxen praktische Erfahrung gesammelt. Wegen der hohen Arbeitsbelastung und der geringen Anerkennung im Beruf habe ich in ein pharmazeutisches Unternehmen gewechselt, bin also quasi in die Wissenschaft gegangen. Bevor ich 2022 gemeinsam mit Christian Uwe Köhler (CEO) und Justus Richard Buchen (COO) Filu gründete, absolvierte ich außerdem noch einen Executive MBA an der IESE in München. Diese Abzweigungen haben mir den Blick und den Mut dafür gegeben, die Tiermedizin auf das Level 2.0 zu heben.

Munich Startup: Was hat Dich zur Gründung motiviert?

Lena Naderer: Ich bin eine leidenschaftliche Tierärztin und liebe meinen Beruf, die Medizin und den Umgang mit Tieren. Allerdings sind die Rahmenbedingungen für TierärztInnen nicht sehr gut: Viel Stress und Arbeit aber wenig gesellschaftliche Anerkennung. Oft lässt sich der Beruf nur schlecht mit Familie und Freizeit vereinbaren. Ich habe Filu gegründet, um das zu ändern und eine Tierarztpraxis zu schaffen, in der sich alle, vor allem auch die MitarbeiterInnen wohl fühlen. Filu steht nicht nur für ausgezeichnete Tiermedizin, sondern auch für New Work und Work-Hapiness. Wir verkörpern eine neue Generation an Tierarztpraxen.

Viel Zeit für Angestellten- und Locationsuche

Munich Startup: Was hättest du gerne vor Deiner ersten Gründung gewusst?

Lena Naderer: Wieviele unterschiedliche Fragestellungen auf einen zukommen, mit denen man vorab nicht gerechnet hat. Hinter einer Tierarztpraxis und einem Unternehmen zum Ausbau solcher, steckt mehr als man meinen könnte. Ich habe mir die Suche nach geeigneten Praxisräumen in unterschiedlichen Städten leichter vorgestellt. Man muss schon sehr lange suchen, bis man eine Location hat, bei der alles stimmt. Zudem investiere ich viel Zeit in die MitarbeiterInnensuche und den Austausch mit dem Team – das ist mir unheimlich wichtig. Den zeitlichen Aufwand hierfür unterschätzt man leicht.

Munich Startup: Wie ist Dein Unternehmen bislang finanziert?

Lena Naderer: Wir haben tolle Investoren gefunden die super zu uns und unser Mission passen, wie zum Beispiel Lukas Keindl, den Gründer der US-Tierarztpraxis BondVet, Michael Koch, der früher bei Fressnapf war und YZR Capital, die auf Health-Innovationen spezialisiert sind. So konnten wir in der Seed-Runde insgesamt 7,5 Millionen Euro einsammeln, um mit dem Roll-out unserer Feel-Good-Praxen in ganz Deutschland zu beginnen.

Lena Naderer: „Tolle Ideen muss man ‚nur‘ umsetzen“

Munich Startup: Wann und wo bekommst Du die besten Ideen?

Lena Naderer: Draußen in der Natur und wenn ich mit meinen Katzen Rudi und Socke Zeit verbringe. Oder auch auf dem Rücken meiner Pferde sowie Drahtesels. Da bekomme ich den Kopf frei für neue Ideen und um frische Ansätze zu entwickeln. Aber ganz besonders auch im Austausch mit anderen TierärztIinnen und TFAs (Tiermedizinische Fachangestellte). Alle haben solch tolle Ideen, man muss sie „nur“ umsetzen.

Munich Startup: Was sind Deine 3 liebsten Arbeitstools?

Lena Naderer: Ich arbeite super gerne mit unserem hochmodernen Ultraschall- und Röntgengeräten und – wenn eine Narkose nötig ist – mit der Inhalationsnarkose. Alles ist mit der Praxissoftware verknüpft und die Technik macht auf einmal Spaß! Eine super Erleichterung im tierärztlichen Praxis-Alltag ist außerdem unsere digitale Patientenakte, die wir für alle von uns behandelten Tiere anlegen. Diese Daten sind wichtig zur Verbesserung der Tiermedizin. Unsere Praxis-Tools sparen extrem viel Papier- und Verwaltungskram.

Pitch-Tipp: „Steh zu Deinen Träumen“

Munich Startup: Dein Top-Tipp zum Thema “Pitchen”?

Lena Naderer: Sei authentisch, sei Du selbst und steh zu Deinen Träumen. Zeig, dass Du die Power hast, was zu verändern und für das was Du machst brennst.

Munich Startup: Erscheint es Dir gerade als eine gute Zeit, um zu gründen? Warum?

Lena Naderer: Ja, weil Startups mittlerweile auch in Deutschland als Driver wirtschaftlicher Innovation und Prosperität anerkannt sind und eine wichtige wirtschaftliche Säule darstellen. Startups sind wichtige Impulsgeber für den Wirtschaftsstandort Deutschland. Es gibt keine guten oder schlechten Zeiten für das Gründen, man braucht immer eine große Portion Mut und Zuversicht sowie eine klare Vision. Wenn man die und ein gutes Businessmodell hat, kann nichts schief gehen.

Munich Startup: Auf welche Technologie oder Branche würdest Du bei Deiner nächsten Gründung setzen?

Lena Naderer: Auf jeden Fall KI. Die spielt in der Medizin eine wichtige Rolle. Sobald es für den tiermedizinischen Praxisalltag marktreife KI-Anwendungen gibt, werden wir sie einsetzen und sicherlich ein Pionier sein. Es ist bereits einiges im Kommen. Denkbar sind beispielsweise KI-basierte Diagnose-Tools. Die KI sieht oft mehr als das bloße menschliche Auge. Das sind spannende Zukunftsthemen.

Fördergelder für Mieten?

Munich Startup: Was könnte aus Deiner Sicht am Gründungsstandort München noch verbessert werden?

Lena Naderer: München ist ein toller Standort und sehr tech-orientiert und offen. Der Standort ist aber auch wegen der hohen Mieten sehr teuer. Das sollte gerade für junge UnternehmerInnen durch Fördergelder ausgeglichen werden.

Munich Startup: Welchen Gründer oder welche Gründerin würdest Du gerne einmal persönlich treffen? Und was würdest Du sie oder ihn fragen?

Lena Naderer: Die Gründer von Bondvet kenne ich ja bereits – zum Glück! Aber wenn ich weiter in die Vergangenheit reise, dann Elizabeth Blackwell. Als erste Frau, die in den Vereinigten Staaten einen medizinischen Abschluss erlangte, ebnete Blackwell den Weg für Frauen in der Medizin. Sie gründete das New York Infirmary for Women and Children und förderte die Ausbildung von Frauen in der Medizin. Oder auch Louis Pasteur und Robert Koch. Was mich auch brennend interessieren würde ist, das Gründungsteam von Biontech kennen zu lernen.

Besonders neugierig bin ich aber darauf, auch GründerInnen kennen zu lernen, die den Fokus nicht nur auf Erfolg, sondern auch auf ein positives Arbeitsumfeld legen. Da kommen mir Google, Salesforce und Microsoft in den Sinn.

Helen Duran

Als Redakteurin ist die Wirtschaftsgeografin Helen Duran seit 2015 für Euch in der hiesigen Gründerszene unterwegs. Sie ist neugierig auf Eure spannenden Startup-Geschichten!

Ähnliche Artikel

Tina Dreimann better ventures

Stories

 

Women in Tech: Tina Dreimann

Better Ventures ist ein Impact-Angel-Club von GründerInnen für GründerInnen, der von Tina Dreimann, Cedric Duvinage und Christoph Behn 2020 initiiert wurde. Über…

Co-Founder_CTO_Sara-Marquart-03-Picture_ Planet A Foods

Stories

 

Women in Tech: Sara Marquart

Planet A Foods will die Lebensmittelherstellung nachhaltig verändern. Dafür hat Sara Marquart gemeinsam mit ihrem Bruder Maximilian Marquart die weltweit erste kakaofreie…

Kira Schilling My Event Pass

Women in Tech

 

Women in Tech: Kira Schilling

My Event Pass revolutioniert den Zugang zu Kulturevents in der Stadt, indem es Zugriff auf Kinos, Konzerte, Theater und Museen bietet –…

Julia Zimmermann Terraplasma

Women in Tech

 

Women in Tech: Julia Zimmermann von Terraplasma

2011 gründete Julia Zimmermann zusammen mit anderen Wissenschaftlern und der Max-Planck Gesellschaft Terraplasma. Das Münchner Medtech-Unternehmen hat seitdem Expertise im Bereich der…

Monja Mühling Smartlane

Stories

 

Women in Tech: Monja Mühling von Smartlane

Smartlane entwickelt eine KI-basierte Software zur Automatisierung und Optimierung der Transportplanung. Mit seiner Software-Lösung sammelt und nutzt das 2015 gegründete Startup „Smart…

Julia Unützer Truckoo

Stories

 

Women in Tech: Julia Unützer von Truckoo

2019 gründete Julia Unützer zusammen mit Max Füchsl Truckoo. Das Münchner Startup hat eine Plattform für den An- und Verkauf von Nutzfahrzeugen…

Ulrike Jehle Plan4Better

Stories

 

Women in Tech: Ulrike Jehle von Plan4Better

Wie können Städte nachhaltiger und effizienter geplant werden? Dieser Frage hat sich Umweltingenieurin und Plan4Better-Gründerin Ulrike Jehle zusammen mit ihren Co-Foundern Elias…

Lea Frank Anybill

Stories

 

Women in Tech: Lea Frank von Anybill

Seit 2019 arbeitet Anybill-Gründerin Lea Frank zusammen mit ihren beiden Co-Foundern Tobias Gubo und Patrick Göttler daran, Kassenbons zu digitalisieren. Was hat…