Ein Teil des Teams von Smart Reporting
Quelle: Smart Reporting

Smart Reporting: Erfolg dank Durchhaltevermögen

Das Medtech Smart Reporting macht mit seinem Produkt – dem Erstellen von strukturierten medizinischen Daten und digitalen Befunden – einen mittleren siebenstelligen Umsatz. Wie es dazu kam, und wie es bei dem 80 MitarbeiterInnen starken Startup aktuell läuft, hat uns Gründer Wieland Sommer in einem Update-Interview verraten.

Munich Startup: Unser letztes Interview mit Smart Reporting ist schon drei Jahre her. Welche drei Meilensteine haben Euer Unternehmen in der Zwischenzeit am meisten verändert?

Wieland Sommer: Seitdem ist – wie man es bei einem jungen Unternehmen wahrscheinlich auch erwartet – viel passiert. Wegweisend aus unserer Sicht sind die Unterzeichnung weltweiter strategischer Vertriebspartnerschaften mit General Electrics und Siemens Healthineers. Damit sind wir schlagartig weltweit integrierbar. Im vergangenen Jahr konnten wir eine erfolgreiche Series-B-Finanzierungsrunde über 15 Millionen Euro abschließen, auch das war ein Meilenstein für uns. Mit diesem Rückenwind haben wir Anfang 2021 unsere neuen Produkte „SmartReport“ – die vollkommen sprachbasierte Strukturierung medizinischer Daten – und „SmartWorX“ – das Verbinden von Datensilos über eine Interoperabilitäts-Plattform, sodass verschiedene Krankenhäuser eine gemeinsame Infrastruktur haben – erfolgreich auf den Markt gebracht.

Der Glaube ans Produkt brachte Smart Reporting weiter

Munich Startup: Wenn es nur eine Sache gäbe, die Du hier nennen kannst: Was war der wichtigste Faktor für Euren Erfolg?

Wieland Sommer: Es klingt vielleicht banal, aber das Wichtigste für uns war tatsächlich, immer daran zu glauben, was wir tun. Vor fünf Jahren hatten viele Ärzte noch Zweifel daran, dass sich strukturierte Befundung und Dokumentation durchsetzen wird und hatten noch auf Kassette diktiert. Heute zweifelt niemand mehr an den Vorteilen der strukturierten Befundung und der Digitalisierung im Medizinsektor. Aber die Innovationszyklen in der Medizin sind lange und benötigen Durchhaltevermögen. Trotzdem arbeiten wir an einem der wichtigsten Themen, um Medizin auf das nächste Level zu bringen: Wie kann der Arzt im Alltag bessere „real-world Data“ erzeugen, wie kann man daraus neue Informationen gewinnen, um Behandlungen zu verbessern. Darauf richtet sich die ganze Firma aus und das ist unsere tiefe Überzeugung.

Unser Interviewpartner Wieland Sommer (zweiter von links). (Quelle: Smart Reporting)

Munich Startup: Ihr habt im August 2020 ein anderes Münchner Startup übernommen. Was hat sich dadurch bei Euch verändert? Hast Du Tipps für gelungene Übernahmen?

Wieland Sommer: Wir haben ‚Health Data Pioneers‘ im vergangenen Jahr akquiriert und gut integriert. Wir sind noch mehr als vorher von den Synergien überzeugt. Wichtig aus unserer Sicht war, dass es ein komplementärer Zukauf war: Wir haben auf einen Schlag Software und fantastische Mitarbeiter hinzugewonnen, auf einem Feld auf dem wir erst mühsam hätten Expertise aufbauen müssen. Auch passte die Übernahme ideal zu unserer Strategie und der Leitidee „better data, better care“ – das ist aus meiner Sicht auf jeden Fall ein Erfolgskriterium für einen Zukauf. Wir schauen uns auch weiterhin nach strategischen Übernahmen von Technologie-Startups um, die unsere Technologien ergänzen. Wir freuen uns immer, wenn sich Gründer oder Startups bei uns melden.

Das Geheimnis einer erfolgreichen Internationalisierung

Munich Startup: Schon bei unserem letzten Gespräch 2018 wart Ihr international recht gut aufgestellt und in 50 Ländern vertreten, mittlerweile in 90 – was ist Euer Geheimnis für eine erfolgreiche Internationalisierung?

Wieland Sommer: Ein großes Hindernis in der Medizin für Tech-Unternehmen ist die Schwierigkeit der internationalen Marktdurchdringung. Wir hatten von Anfang an auf große internationale Partnerschaften mit bekannten Medizintechnik-Herstellern gesetzt, darunter zum Beispiel Siemens Healthineers und General Electrics, und viel Aufwand in die Integration und skalierbare Schnittstellen zu anderen Herstellern gesteckt. Diese Vertriebspartnerschaften haben dann einen enormen Wert und helfen stark bei der Internationalisierung.

Auf der anderen Seite haben wir einen Plattformansatz, nämlich dass die ‚Smart Reporting‘-Lösung weltweit angeboten werden kann. Zwar nur mit flacher Integration, aber dafür sehr zielgerichtet auf die Early Adopter in vielen Ländern. Dieser Ansatz hat uns international sehr bekannt gemacht und viele Kooperationen gebracht.

Für gesundes Wachstum braucht es Fokus

Munich Startup: Was ist gerade das herausforderndste Thema bei Smart Reporting?

Wieland Sommer: Wir hatten mit unserer Technologie in der Radiologie begonnen: Medizinische Daten bei der Eingabe durch den Arzt bereits zu strukturieren und somit höchste Datenqualität zu garantieren. Letztes Jahr kam dann die Pathologie dazu. Inzwischen haben wir aber viele Anfragen und Projekte, die darüber hinausgehen und bei denen wir enormes Wachstumspotenzial sehen, zum Beispiel im Bereich der klinischen Studien und bei Pharma-Kooperationen. Der Fokus ist in dieser Phase das Allerwichtigste, um gesundes Wachstum zu ermöglichen.

Munich Startup: Und welchen Impact hatte die Corona-Pandemie auf Euch?

Wieland Sommer: Einerseits hat die Pandemie einen enormen Schub für die Digitalisierung in der Medizin gegeben, weil auf einmal klar wurde, wie wenig funktional das Gesundheitssystem in solchen Situationen ist. Zum Beispiel, wenn Daten per Fax zu Gesundheitsämtern geschickt werden müssen und so weiter. Auf der anderen Seite sind in vielen Krankenhäuser die Ressourcen aufgrund der Pandemie noch begrenzter als vorher und Projekte, die nicht zwingend notwendig sind, werden verschoben. Schließlich wurde die Vertriebsarbeit zum Teil erschwert, da die für Smart Reporting so wichtigen Messen ausgefallen sind und der persönliche Kundenkontakt nicht mehr möglich war.

Smart Reporting: „Die Medizin der Zukunft wird datengetrieben sein“

Munich Startup: Was ist Deiner Einschätzung nach der ausschlaggebende Faktor für eine nachhaltige Unternehmensentwicklung?

Wieland Sommer: Das Wichtigste ist das Team: Du brauchst Menschen um Dich herum, die von der Leitidee genauso überzeugt sind, wie Du selbst als Gründer und die dich in deinen Kompetenzen und Fähigkeiten ergänzen. Ein Netzwerk aus Investoren und Persönlichkeiten, die helfen Türen zu öffnen und das Unternehmen auf ihrem Wachstumskurs begleiten, ist auch ein wesentlicher Erfolgsfaktor. Ganz wichtig sind auch Geduld und Beharrlichkeit, vor allem in unserem Deep-Tech-Umfeld funktioniert nicht alles auf Anhieb. Es lohnt sich jedoch dran zu bleiben und nicht aufzugeben.

Munich Startup: Wo wollt ihr in fünf Jahren stehen? Und wo in zehn?

Wieland Sommer: In fünf Jahren: Bis dahin wollen wir die führende Software für datengetriebene medizinische Dokumentation und den Datenaustausch zwischen den verschiedenen Playern werden. Die Medizin der Zukunft wird definitiv datengetrieben sein! Und in zehn Jahren möchten wir einer der relevanten Player bei der datengetriebenen Transformation des Medizinmarktes sein. Insbesondere werden viele Prozesse automatisiert oder zumindest teil-automatisiert werden. Wir investieren stark in hoch-innovative Projekte, die diese Automatisierung ermöglichen und strategisch natürlich auch in die Modellierung von medizinischem Wissen, sodass irgendwann die Software den Kontext der medizinischen Daten interpretieren und selbständig entscheiden kann.

Munich Startup: Was liegt auf Deinem Schreibtisch aktuell ganz oben?

Wieland Sommer: Aktuell liegt dort ein großer Vertrag, den wir gerade final verhandeln.

weiterlesen ↓