Foto: Sohaila Ouffata

Women in Tech: Sohaila Ouffata von BMW i Ventures

Als Director of Platform konzentriert sich Sohaila Ouffata auf die Entwicklung und Umsetzung strategischer Wachstumsinitiativen der Startups, mit denen BMW i Ventures, der Corporate-Venture-Capital-Fonds der BMW Group, zusammenarbeitet. Ziel ihrer Arbeit ist es, transformative Partnerschaften zu etablieren und den Portfoliounternehmen zu Erfolg und Skalierung zu verhelfen. Im Interview wollten wir nicht nur mehr über ihre Tätigkeit erfahren, sondern auch wissen, welche Branchen sie aktuell besonders spannend findet.

Munich Startup: Skizziere uns zu Beginn doch bitte die wichtigsten Meilensteine Deines beruflichen Werdegangs.

Sohaila Ouffata: Ich bin als Director of Platform im globalen Team von BMW i Ventures tätig. In dieser Funktion sorge ich dafür, unsere Portfolio-Startups strategisch weiterzuentwickeln und ihnen zu mehr Wachstum zu verhelfen. Im Fokus dieser Aktivitäten steht der erfolgreiche Abschluss von strategischen Partnerschaften – sowohl zwischen den Startups und der BMW Group als auch mit Partnern außerhalb der Industrie. Alle „Value-add” Aktivitäten unserer Venture-Plattform zielen darauf ab, sowohl die finanzielle Entwicklung der Portfoliofirmen als auch den strategischen Mehrwert zu fördern. Seit 2016 bin ich darüber hinaus auch Geschäftsführerin in der Europäischen Geschäftseinheit von BMW i Ventures. Bevor ich zu BMW i Ventures kam, war ich mehrere Jahre in der Unternehmensberatung und der Telekommunikationsbranche tätig, dabei ging es viel um die Bewertung und Entwicklung digitaler Geschäftsmodelle.

Munich Startup: Der zweite, 300-Millionen-Dollar starke Fonds von BMW i Ventures konzentriert sich – neben Transport, Produktion und Lieferkette – auch auf das Thema Nachhaltigkeit. Warum erhält das Thema so eine prominente Stellung?

Sohaila Ouffata: Der Einsatz innovativer und disruptiver Technologien bietet unglaublich viele Chancen für die nachhaltige Weiterentwicklung aller Wirtschaftszweige hin zu mehr Effizienz. Dabei kann es um die effizientere Nutzung von Ressourcen gehen, den Aufbau einer Kreislaufwirtschaft, die Reduktion von CO2-Emissionen oder die bessere Nutzung von Energie in der industriellen Fertigung. Ein Beispiel ist unser Investment in Boston Metal. Das US-amerikanische Unternehmen hat einen Weg gefunden, Stahl CO2-ärmer herzustellen, indem es auf den Einsatz von Kohle verzichtet und stattdessen auf Elektrolyse setzt. Davon profitiert nicht nur die Mobilitätsindustrie, sondern alle Sektoren, die nicht auf Stahl verzichten können. Der Effekt kann enorm sein: Jährlich werden etwa zwei Milliarden Tonnen Stahl produziert, die etwa zehn Prozent der weltweiten Kohlenstoffemissionen ausmachen. Solche Technologien auf ihrem Wachstumsweg zu begleiten, begeistert mich jeden Tag. Angesichts der globalen Herausforderungen, vor denen wir stehen, bin ich überzeugt, dass wir in Zukunft noch viele disruptive Lösungen in diesem Bereich sehen werden.

Innovationen für die Transformation in der Mobilitätsindustrie

Munich Startup: Nach welchen Lösungen haltet Ihr Ausschau?

Sohaila Ouffata: Wir sind an Lösungen interessiert, die mit technologischen und nachhaltigen Innovationen die Transformation in der Mobilitätsindustrie vorantreiben. Ein Blick auf unser Portfolio lässt gut erkennen, welche Firmen uns begeistern. Darunter sind beispielsweise ONE – our next Energy, die eine Hybridtechnologie zur Verbesserung der Sicherheit und Reichweite von Batterien entwickelt haben. Oder Lilac Solutions, die ein umweltschonendes Verfahren zur Extraktion von Lithium entwickelt haben, zudem BComp mit seinen Naturfaserverbundwerkstoffen aus Flachs, die in Fahrzeugen, Flugzeugen oder auch Schiffen zum Einsatz kommen können. Viele der Technologiefirmen, in die wir investieren, haben oftmals auch in anderen Industrien Anwendungsfelder, so dass wir branchenübergreifend Innovationen vorantreiben können. Unsere Zielmärkte sind aktuell Europa inklusive UK, Israel sowie die USA. Wir sind vor allem an Jungunternehmen interessiert, die sich meistens in der Series-A oder Series-B-Finanzierungsrunde befinden.

Munich Startup: Welche Technologie oder Branche findest Du aktuell besonders interessant?

Sohaila Ouffata: Unser Suchfeld ist insgesamt extrem dynamisch, wir prüfen ständig vielversprechende Technologien. Wenn ich mich entscheiden muss, dann sind es aktuell vor allem Lösungen aus dem Bereich Kreislaufwirtschaft, die dazu beitragen, die gesamte Wertschöpfungs- und Lieferkette nachhaltiger aufzustellen sowie das gesamte Feld rund um Batterietechnologien. Hier wird es in der nächsten Zeit sicherlich noch einige innovative Entwicklungen geben.

Munich Startup: Was macht einen guten Pitch für Dich aus?

Sohaila Ouffata: Ein guter Pitch lässt sofort erkennen, dass ein relevantes Problem in einem großen Markt mit einem attraktiven Geschäftsmodell gelöst wird. Wer gut pitchen möchte, muss ein „gute” Story erzählen können und für die Gespräche mit Geldgebern sattelfest sein. Ein Überzeugungskriterium für mich ist oftmals die Kompetenz der GründerInnen und des Teams. Wenn die Basis hier stimmt, ist das eine gute Voraussetzung. Denn aus Erfahrung wissen wir, dass sich das Geschäftsmodell oft im Prozess noch ändern kann bzw. sich verlagert.

Ein systematisches Problem

Munich Startup: Nach wie vor gibt es deutlich weniger Investorinnen als Investoren und der Anteil von Gründerinnen liegt in Deutschland laut dem Deutschen Startup Monitor 2021 bei weniger als 18 Prozent. Siehst Du zwischen beiden Aspekten einen Zusammenhang?

Sohaila Ouffata: Ich gehe fest davon aus, dass der Zugang zu Kapital für Gründerinnen stark mit der Anzahl an Investorinnen korreliert. Es handelt sich um ein systemisches Problem, welches von beiden Seiten angegangen werden muss – sowohl der Nachwuchs auf Gründerinnen-Seite als auch bei den zukünftigen Investorinnen muss gezielt weiterentwickelt werden. Den Grundstein hierfür könnten wir bereits in der Ausbildung legen. Aktuell wird weder Unternehmertum noch Finanzwissen in unseren Schulen vermittelt. Auf der Investorinnen-Seite sehe ich ein hohes Potenzial bei etablierten Geschäftsfrauen, die beispielsweise durch Angel-Programme ans Investieren herangeführt werden könnten. Durch gezielte Regulatorik könnten Investments in Geschäftsmodelle von Frauen steuerlich begünstigt werden, um zusätzliche Investitionsanreize zu schaffen. Ein besonderes Anliegen ist mir hierbei der Blick auf Gründerinnen mit Migrationshintergrund. Diese Zielgruppe ist stark unterrepräsentiert, und während in den USA Investments in „Minority-Founder” bereits ein relevantes Thema sind, ist dies in Deutschland bislang nicht auf der Agenda.

Munich Startup: Welche Vorteile bringen deiner Ansicht nach divers aufgestellte Gründer-Teams mit sich?

Sohaila Ouffata: Etliche Studien haben verdeutlicht, dass Diversität und Inklusion in Unternehmen zum wirtschaftlichen Erfolg eines Unternehmens beitragen. Aus meiner Erfahrung sind vor allem die Teams erfolgreich, die sowohl im Bereich der Kompetenzen als auch in Bezug auf die Geschlechterverteilung und die Herkunft der Teammitglieder divers sind.

München auf der internationalen Startup-Landkarte

Munich Startup: Was könnte aus Deiner Sicht am Gründungsstandort München noch verbessert werden?

Sohaila Ouffata: „Double-Down on our competences”, das heißt, wir müssen viel mehr in unsere Kompetenzen investieren – gerade auch im Bereich Greentech. Als ich vor etwa 13 Jahren angefangen habe, mich stärker im Münchner Startup-Ökosystem zu engagieren, war die Region international noch nicht auf dem Radar. Mittlerweile steht München als „Isar-Valley” für Deeptech-Kompetenz in Europa. Gelingt es uns darüber hinaus, die Kompetenzen im Bereich „Green-Industrial-Tech” aufzubauen, dann ist München zukünftig nicht mehr von der internationalen Startup-Landkarte wegzudenken. In diesem Zusammenhang muss das Ökosystem von allen beteiligten Akteuren weiter ausgebaut werden – Hochschulen mit relevanten Studiengängen, InvestorInnen sowohl in frühen als auch späten Phasen mit einer lokalen Präsenz sowie gezielte staatliche Förderprogramme und Formate.

Munich Startup: Welche Investorin oder welchen Investor würdest Du gerne einmal persönlich treffen? Und was würdest Du sie oder ihn fragen?

Sohaila Ouffata: Ich würde die Frage gerne etwas anders beantworten, da ich Menschen meistens erst dann wirklich spannend finde, wenn ich sie kennengelernt habe, anstatt sie nur aus der Ferne mitzuverfolgen. Dieses Jahr habe ich bei einem kleinen Event in Davos Lubna Olaya kennengelernt. Sie ist eine saudi-arabische Geschäftsfrau und Investorin, die in vielen Bereichen die „Erste” war. Sie hat unglaublich authentisch über ihren Werdegang berichtet und über ihre persönliche Motivation.

Regina Bruckschlögl

Nach eigenen Startup-Erfahrungen blickt sie als Redakteurin von Munich Startup nun aus einer anderen Perspektive auf die Münchner Startup-Szene – und entdeckt dabei jeden Tag, wie vielfältig das Münchner Ökosystem ist. Startup Stories, die erzählt werden wollen!

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