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„Ein Wachstum von drei auf über 3.000 Beschäftigte bedeutet massive Veränderungen“ – Update von Celonis

Remy Lazarovici, Celonis-Mitarbeiter der ersten Stunde und Experte für Process Mining, ist Geschäftsführer DACH des Münchner Decacorns. Er startete 2012 als erster Vollzeitmitarbeiter von Celonis und hat seither das Wachstum des Unternehmens in verschiedenen Führungspositionen mitgestaltet. Im Update-Interview lässt er die Entwicklung von Celonis Revue passieren und erklärt, wie es für das Unternehmen weitergeht.

Munich Startup: 12 Jahre alt, über 3.000 Beschäftigte und mehrere Millionen Euro Umsatz im letzten Jahr – kann man Celonis überhaupt noch als „Startup“ bezeichnen?

Remy Lazarovici: Mit unserer jetzigen Größe sind wir der gängigen Definition eines Startups mittlerweile entwachsen. Wobei die Bezeichnung für uns eher zweitrangig ist. Wir fokussieren uns auf unser Geschäft, die Weiterentwicklung unserer Software und darauf, für unsere Kunden möglichst viel Mehrwert zu generieren.

Munich Startup: Wie hat sich Celonis denn seit der Gründung verändert?

Remy Lazarovici: Ein Wachstum von drei auf über 3.000 Beschäftigte bedeutet massive Veränderungen in nahezu allen Bereichen. Das betrifft vor allem Strukturen und Prozesse. Zudem hat die Internationalisierung großen Einfluss darauf, wie wir mittlerweile aufgestellt sind. 

Gleich geblieben ist dagegen unsere Rolle im Markt: Celonis war von Anfang an Pionier des Process Minings und ist – auch nach Aussage von Analysten – heute weiterhin Vorreiter und Marktführer in diesem Bereich. Wobei der Markt nach wie vor erst zu einem geringen Prozentsatz erschlossen ist. Das bedeutet für uns, dass es immer noch extrem viel Potenzial gibt. 

Was sich jedoch fundamental geändert hat: In der Anfangszeit kannte niemand Celonis und kaum einer wusste, was Process Mining überhaupt ist. Mittlerweile sind wir als Unternehmen bekannt und Process Mining ist zu einer etablierten Software-Kategorie geworden.

„Ganze Prozessketten und ihre wechselseitigen Abhängigkeiten unter die Lupe nehmen“

Munich Startup: Und wo liegt aktuell Euer Fokus?

Remy Lazarovici: Grundsätzlich nach wie vor darauf, unsere Kunden bestmöglich mit unserer Technologie dabei zu unterstützen, effizienter, resilienter und nachhaltiger zu werden. Bezüglich der Produktentwicklung liegt unser Fokus auf der neuesten Generation des Process Minings, die Kunden viel mehr Möglichkeiten bietet. Vereinfacht gesagt, konnte Process Mining bislang nur einzelne Abläufe analysieren und optimieren. Jetzt können wir ganze Prozessketten und ihre wechselseitigen Abhängigkeiten unter die Lupe nehmen. Denn wenn zum Beispiel Materialien verspätet geliefert werden, hat das natürlich Auswirkungen auf die Produktion, die Auslieferung fertiger Waren und letztendlich auch die Rechnungsstellung. Unsere Software bildet quasi einen digitalen Zwilling der Organisation unserer Kunden, wodurch sie einen viel besseren Überblick bekommen. Auch auf der weiteren Integration von KI-Technologien, wie etwa Large Language Models, liegt derzeit ein Schwerpunkt unserer Entwicklung.

Munich Startup: Ihr habt mit den Celonis Labs nicht nur ein eigenes Innovationszentrum ins Leben gerufen, sondern auch mehrere Executive Briefing Center gegründet. Wie passt das in die Strategie von Celonis?

Remy Lazarovici: Die Celonis Labs sind für uns wichtig, um auch technologische Aspekte und den Einsatz neuer Technologien vorauszudenken, die weit über die aktuelle Produktentwicklung hinausgehen. Somit sind sie Teil unserer Firmenstrategie und unterstützen uns, technologischer Vorreiter zu sein und zu bleiben.

Celonis arbeitet eng mit Kunden zusammen

Das Konzept der Executive Briefing Center ist ein wichtiger Baustein für die enge Zusammenarbeit mit unseren Kunden. Diese können vor Ort unsere Software live testen, sich Praxisbeispiele ansehen und gemeinsam mit unseren Experten individuelle Einsatzszenarien entwickeln und ausprobieren. Die enge Zusammenarbeit mit unseren Kunden und der persönliche Kontakt sind fest in unserer Firmenkultur verankert, nicht zuletzt deswegen haben wir in unserem Headquarter in München einen dedizierten Bereich dafür gestaltet. Auch ich selbst bin häufig bei solchen Terminen dabei und sie zählen zu meinen Lieblingsterminen, da dort immer wieder neue und spannende Ansätze gefunden werden, um Mehrwerte mit unseren Kunden zu realisieren.

Munich Startup: Welche Herausforderungen beschäftigen Euch aktuell?

Remy Lazarovici: Wir haben erst kürzlich auf unserer Kundenveranstaltung Celosphere die nächste Generation der Process Mining-Technologie vorgestellt. Für die Insider unter den Lesern: Objektzentriertes Process Mining bietet vielseitige neue Einsatzmöglichkeiten für die Analyse von End-to-End-Prozessen und basiert auf dem Process Intelligence Graph – unserer neuesten Innovation. Unsere Kunden dabei zu unterstützen, die damit verbundenen neuen Potenziale optimal zu nutzen, ist derzeit ein Schwerpunkt meiner Arbeit.

„Nachhaltigkeit stärker in den Fokus rücken“

Munich Startup: Auf welche Milestones arbeitet Ihr als nächstes hin?

Remy Lazarovici: Bislang nutzen unsere Kunden unsere Software, um durch eine verbesserte Effizienz Kosten zu sparen. Eines der großen Themen für uns ist, Nachhaltigkeit stärker in den Fokus zu rücken. Denn eine verbesserte Effizienz, zum Beispiel in der Logistik, bedeutet auch, dass weniger Ressourcen verbraucht werden. Salopp formuliert: Werden LKW-Auslastung oder Routen besser ausgelastet, spart das nicht nur Kosten, sondern reduziert auch den Treibstoffverbrauch und senkt die CO2-Emissionen. 

Munich Startup: Haben sich die Chancen für junge Startups in München seit Eurer Gründung verbessert?

Remy Lazarovici: Eindeutig ja. Die Hochschulen sind nach wie vor hervorragend und die Studierenden profitieren von einer exzellenten Ausbildung. In den vergangenen Jahren ist zudem die Förderung junger Unternehmen durch die Stadt München, die Hochschulen und insbesondere durch Institutionen wie UnternehmerTUM deutlich besser geworden. Es gibt auch mehr etablierte Unternehmen, die bereit sind, mit Startups zusammenzuarbeiten. 

Munich Startup: Wie bewertet Ihr das Münchner Startup-Ökosystem aus heutiger Sicht?

Remy Lazarovici: Der eben angesprochene Dreiklang aus Hochschulen, Förderung und sogenannten Ankerkunden macht München bundesweit betrachtet sicherlich zu einem sehr guten Standort für Gründerinnen und Gründer. Aber im internationalen Vergleich ist – insbesondere was die Anzahl erfolgreicher Gründungen und deren Skalierung betrifft – sicherlich noch Luft nach oben.