Der europäische Risikokapitalmarkt trotzt dem Brexitchaos und einer drohenden Wirtschaftskrise: Noch nie wurde so viel in europäische Startups investiert, wie im ersten Halbjahr 2019. Am meisten überraschen die Zahlen aus Großbritannien.
Europäische Startups konnten sich im ersten Halbjahr 2019 so viel Geld wie nie zuvor sichern: In den ersten sechs Monaten des Jahres flossen 16,87 Milliarden Euro an junge Unternehmen in Europa, so aktuelle Zahlen der Unternehmensberatung EY. Das bedeutet einen sprunghaften Anstieg um volle 62 Prozent gegenüber dem Vorjahreszeitraum. Die Zahl der Finanzierungsrunden legte um 10 Prozent auf 2.301 zu. Der rasante Anstieg lebt zu einem großen Teil von sehr großen Finanzierungsrunden, so Hubert Barth, Vorsitzender der Geschäftsführung von EY in Deutschland:
„Europaweit hat sich die Zahl der Transaktionen, bei denen 100 Millionen Euro und mehr geflossen sind, von zwölf auf 26 mehr als verdoppelt.“
Großbritannien gelingt es nicht nur, seine Spitzenposition aus dem Vorjahr zu halten — die Startup-Szene auf den Inseln verdoppelte das Finanzierungsvolumen von 3,1 auf 6,7 Milliarden Euro. Auf dem zweiten Platz folgt mit einigem Abstand Frankreich, das sich ebenfalls deutlich steigern konnte. 2,8 Milliarden Euro flossen an französische Startups — ein Anstieg um 43 Prozent. Nach einem zweiten Platz im Vorjahr folgt Deutschland nun mit 2,7 Milliarden knapp auf dem dritten Platz. Der Anstieg hierzulande fiel mit 7 Prozent deutlich geringer aus. Bei der Zahl der Finanzierungsrunden sieht das Ranking genauso aus: Es führt Großbritannien mit 537 Deals vor Frankreich mit 387 und Deutschland mit 331 Deals. Peter Lennartz, Partner bei EY, lobt die französische Startup-Förderung:
„Die französische Politik hat den Startup-Sektor zur Chefsache erklärt und verfolgt das klare Ziel, Frankreich zum Top-Startup-Standort in Europa zu machen, indem bürokratische Hürden für Jungunternehmer abgebaut werden und der Staat Investoren und Gründer zusammenbringt. Die massive politische Unterstützung für die Startup-Szene zeigt Wirkung.“
London dominiert europäische VC-Investitionen
Der Löwenanteil der in britische Unternehmen investierten Gelder fließt in die Hauptstadt: 5,7 Milliarden Euro gingen nach London. Damit landet jeder dritte in Europa investierte Euro bei einem Londoner Startup. Hinter London folgen Pariser Startups mit 2,2 Milliarden und Berliner mit 1,7 Milliarden Euro. Münchner Startups sicherten sich im ersten Halbjahr 171 Millionen Euro. Gegenüber dem Vorjahreszeitraum entspricht dies einem Minus von 20 Prozent. Die bayerische Landeshauptstadt landet damit nur auf dem elften Platz.
Die Studienautoren geben bereits einen Ausblick auf das gesamte Jahr 2019: Im dritten Quartal 2019 konnten sich deutsche Startups demnach 2,2 Milliarden Euro sichern, mehr als doppelt so viel wie im Vorjahreszeitraum. Insgesamt liegt das Finanzierungsvolumen in Deutschland damit derzeit bei 4,9 Milliarden Euro – und bereits auf dem Niveau des gesamten Vorjahres.