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Tacto: Einkaufsplattform für den Mittelstand

Tacto hilft Unternehmen mit seiner KI-basierten Softwarelösung, Überblick über ihren Einkauf zu gewinnen. Die Gründer stellen ihr Startup im Interview vor.

Munich Startup: Was macht Euer Startup? Welches Problem löst Ihr?

Tacto: Wir schaffen nachhaltige Lieferketten für den industriellen Mittelstand Europas. In anderen Worten ausgedrückt: Tacto entwickelt eine Software, mit der produzierende mittelständische Unternehmen ihre Einkaufsprozesse in einem einzigen Tool digitalisieren und ihre Beschaffungsaktivitäten transparent auswerten können. Damit verfolgen wir das Ziel, den Einkauf im Mittelstand durch intelligente Digitalisierung zu unterstützen, die reibungslose Zusammenarbeit über Unternehmensgrenzen zu fördern und den Ressourcenverbrauch entlang der Lieferkette zu reduzieren.

Der Einkauf im industriellen Mittelstand muss tausende Zukaufteile zur richtigen Zeit am richtigen Ort beschaffen, um die Produktion aufrechtzuerhalten. Heute muss gerade durch Lieferengpässe und Preissteigerungen im Tagesgeschäft sofort reagiert werden. Durch neue und immer komplexere Regularien, wie z.B. das aktuell diskutierte Lieferkettengesetz, braucht gerade der industrielle Mittelstand neue Lösungen, um die Weichen für die Zukunft zu stellen. Und das alles muss so effizient wie möglich, mit limitierten IT-Kapazitäten und Fachkräftemangel bewältigt werden. Wertschöpfende, strategische Arbeit kommt dadurch oft zu kurz, da die richtigen Werkzeuge fehlen: Der Einkauf mittelständischer Industrieunternehmen operiert heute noch zum Großteil im ERP-System, in verschiedenen Excel-Dateien und über Mails. Und gerade hier bieten sich riesige Einsparpotenziale: 50 bis 70 Prozent der Kosten und Emissionen eines Industrieunternehmens entfallen auf Lieferanten.

Munich Startup: Aber das gibt’s doch schon längst!

Tacto: Wir legen Wert darauf, dass wir vom Mittelstand für den Mittelstand arbeiten: Unsere Lösung wurde in enger Zusammenarbeit mit führenden Mittelständlern nah am Tagesgeschehen entwickelt und ist daher perfekt auf die Bedürfnisse der Kunden zugeschnitten. Unsere Software ist ohne große IT Ressourcen einsetzbar, intuitiv in der Nutzerführung und nimmt die Mitarbeitenden von Tag 1 an mit. Dabei können wir alle Daten entlang der Lieferkette auswerten und so mit moderner Datenverarbeitung Einblicke und Automatisierungen schaffen, die mit bisherigen Tools nicht möglich sind. Unsere Lösung füllt also in einem Markt, dem industriellen Mittelstand, mit einem einzigartigen Produkt eine Lücke, die bisher zu einer Menge Excel-Tabellen geführt hat.

„Man sieht täglich in den Nachrichten, warum Lieferketten nachhaltiger aufgestellt werden müssen“

Munich Startup: Was ist Eure Gründungsstory?

Tacto: Konkret begonnen haben wir mit unserer Unternehmung in einem kleinen Labor der TU München. Allerdings von Anfang an schon mit der großen Vision, gemeinsam ein Startup im Supply-Chain-Management mit Schwerpunkt im industriellen Mittelstand zu gründen. Man sieht nahezu täglich in den Nachrichten, warum Lieferketten grundsätzlich nachhaltiger aufgestellt werden müssen – von Engpässen bis zur Klimaneutralität. Aus dieser Motivation heraus haben wir dann Tacto gegründet.

Wir lernten uns bereits im Studium kennen und haben an der Uni sowie dem CDTM schon an einigen Projekten zusammengearbeitet. Dabei wurde uns schnell bewusst, dass wir die gleichen Werte und Philosophie vertreten. Zudem schien uns München durch das Potenzial im Digitalisierungs- und Softwarebereich der perfekte Standort für ein Startup. Beruflich kamen wir alle aus der KI-Forschung und haben bereits vor der Gründung mittelständische Unternehmen in Digitalisierungs- und Einkaufsprojekten unterstützt. Trotzdem haben wir in der Anfangsphase mit über 400 Experten und Nutzern entlang der gesamten Lieferkette eines Industrieunternehmens gesprochen, um ein sehr gutes Problemverständnis zu bekommen. Danach haben wir mit mehreren Mittelständlern in einer Co-Innovation das Produkt entwickelt. Dieser enge Austausch mit Menschen, die jeden Tag die Herausforderungen im Einkaufsprozess hautnah erleben, hat uns ermöglicht, das Produkt so nah wie möglich am Tagesgeschehen zu entwickeln und einen wirklichen Mehrwert für unsere Kunden zu schaffen.

Munich Startup: Was waren bisher Eure größten Herausforderungen?

Tacto: Am Anfang war die größte Schwierigkeit, die exakten Kundenbedürfnisse herauszufinden, denn schließlich sollte unser Produkt diese bestmöglich abdecken bzw. erfüllen. Doch die Vielzahl an Interviews mit Kundinnen und Kunden half uns, genau zu verstehen, wo der Schuh drückt und welches Produkt dabei unterstützen kann, diesen Bedarf zu decken.

Zudem konnten wir wichtige Partner gewinnen, die uns bei der Weiterentwicklung unserer Software unterstützen. Einmal pro Woche konnten wir in regelmäßigen Gesprächen mit der Einkaufsleitung genau herausfinden, wo der Schuh drückt. Unsere Prototypen sind in diesem engen Austausch mit der Wirtschaft entstanden und wurden durch den kontinuierlichen Abgleich rasch optimiert. Mittlerweile können wir mit unserer Software auf individuelle Kundenwünsche eingehen und genau das bieten, was unsere Kunden brauchen.

Tacto: „In Summe ist unsere Vision, nachhaltige Lieferketten zu schaffen“

Munich Startup: Wo möchtet Ihr in einem Jahr stehen, wo in fünf Jahren?

Tacto: In einem Jahr möchten wir unser Team auf circa 40 Leute ausgebaut haben, unser Produkt weiter in Sachen Lieferkettengesetz und Datenintelligenz (z.B. über Rohstoffpreise) ausgebaut haben sowie Tacto als das führende Unternehmen für mittelständischen Einkauf in Deutschland etablieren.

In fünf Jahren möchten wir die führende Plattform für den industriellen Einkauf in ganz Europa sein. Das heißt für uns: Wir heben das Rückgrat der europäischen Wirtschaft, den industriellen Mittelstand, mit mehreren zehn Millionen Mitarbeitern in das digitale Zeitalter. Wir unterstützen die reibungslose Zusammenarbeit über Unternehmensgrenzen hinweg in Lieferantennetzwerken als Basis für zukünftiges Wachstum. Wir optimieren die 50 bis 70 Prozent an Kosten und Emissionen eines physischen Produkts, die auf Lieferanten entfallen, um Ressourcen entlang der Lieferkette einzusparen. In Summe ist unsere Vision, nachhaltige Lieferketten zu schaffen.

Wie habt Ihr den Startup-Standort München bisher erlebt?

Tacto: Wir sind ein Gründungsteam, dass sich im Rahmen des Studiums an der TU München, der UnternehmerTUM und dem CDTM kennenlernte. Schon damals konnten wir die vielfältige Unterstützung der verschiedenen Institutionen wahrnehmen und im Zuge von verschiedenen Praxisprojekten und Programmen persönlich wachsen. Darüber hinaus wurden wir von Anfang an von dem Münchner Startup-Ökosystem unterstützt, wie beispielsweise durch das Vertrauen unserer ersten Investoren (u.a. UVC Partners) und Business Angels (u.a. Hanno Renner und Michael Wax). Wir sind stolz und glücklich, sehr renommierte Investoren aus dem Industrie- und Digitalumfeld an unserer Seite zu wissen. Man kennt sich in der Startup-Szene in München und hilft sich gegenseitig. Außerdem hat die Szene hier einen klaren Bezug zur Industrie und ist sehr technisch, was gut zu Tacto passt.

Outsourcen oder selber machen?

Tacto: Am Produkt machen wir alles intern, da unsere Software das Herzstück und damit die Kernkompetenz unseres Unternehmens darstellt. In anderen Bereichen wie z.B. Marketing holen wir oft Experten dazu, die uns zu einem ganz bestimmten Thema beraten bzw. mit uns die ersten Schritte gehen. Das spart Zeit und Ressourcen.