Andreas Sichert, Co-Founder und CEO Orcan Energy
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Orcan Energy beendet die Verschwendung von Energie

Orcan Energy produziert Energiemodule zur Umwandlung von Abwärme in sauberen Strom. Weltweit sind mehr als 500 Anlagen des Münchner Startups im Einsatz. Sie haben bereits dabei geholfen, über 130.000 Tonnen CO2 einzusparen, und über ihre Lebensdauer hinweg sollen es ca. 1 Millionen Tonnen werden. Im Interview erklärt Co-Founder und CEO Andreas Sichert die Technologie seines Unternehmens und verrät, wie es für Orcan Energy weitergeht.

Munich Startup: Welches Problem löst Orcan Energy?

Andreas Sichert, Orcan Energy: Überspitzt formuliert: Mit unseren Lösungen beenden wir die Verschwendung von Energie. Wir entwickeln, produzieren und vertreiben Module zur Gewinnung von sauberem Strom aus Abwärme. Bislang wird Abwärme beispielsweise in industriellen Prozessen häufig einfach in die Luft geblasen – das macht es zur größten ungenutzten Energieressource der Welt. Wir erschließen dieses enorme Abwärmepotenzial – und ermöglichen neben großer Kosteneinsparung eine massive Reduzierung von CO2-Emissionen. Das macht die Technologie von Orcan Energy zu einem wichtigen Faktor in der Energiewelt von heute und morgen. Allein die im Gesamtjahr 2022 verkauften Module werden über ihre Lebensdauer hinweg etwa eine Millionen Tonnen CO2 einsparen.

Munich Startup: Wie hat sich Eure Lösung seit der Gründung entwickelt?

Andreas Sichert: Wir haben seit der Gründung von Orcan Energy die im Kraftwerksbau bekannte Organic-Rankine-Cycle-Technologie (ORC) maßgeblich weiterentwickelt. Vor allem haben wir die Technologie in ihren Abmaßen massiv verkleinert, etwa um den Faktor 1.000. Diese Innovation hat es uns ermöglicht, ein in der Breite anwendbares Produkt zu entwickeln. Orcan Energy macht erstmalig auch kleinere Abwärmequellen und niedrigere Temperaturen mit dieser Technologie nutzbar und erschließt somit bisher verschwendete Wärmepotenziale.

Auf dieser Basis entwickeln wir unsere Technologie und unsere Produkte stetig weiter, so dass wir sie bei immer mehr Anwendungen einsetzen können. Unsere Technologie ist heute hochflexibel hinsichtlich der Abwärmequelle. Wir können die Module überall dort installieren, wo Abwärme entsteht – zum Beispiel in Motoren, in industriellen Prozessen, auf Schiffen oder auch in Geothermieanlagen. Wir sind sehr froh darüber, dass bereits viele Kunden aus den Bereichen Marine, Zement, Stahl, Geothermie, Öl und Gas mit unserer Unterstützung preisgünstig sauberen Strom erzeugen, damit ihre Ökobilanz verbessern und einen aktiven Beitrag zum Klimaschutz leisten.

Orcan Energy will „einen signifikanten Beitrag zur globalen Energiewende leisten“

Munich Startup: Was waren bisher Eure größten Erfolge?

Andreas Sichert: In den mittlerweile fast 15 Jahren haben wir einige Meilensteine erreicht. Andreas Schuster, Richard Aumann und ich haben Orcan Energy 2008 mit dem Ziel gegründet, Unternehmen aus unterschiedlichen Industrien und Sparten eine einfache, wirtschaftliche und effiziente Lösung zur Verstromung von Abwärme anzubieten. Gemeinsam mit unseren Kunden wollen wir einen signifikanten Beitrag zur globalen Energiewende leisten. Der größte Unternehmenserfolg ist sicher, dass wir diese Ziele seitdem Stück für Stück erreichen: Mittlerweile wurden bereits mehr als 500 Orcan-Module international vermarktet.

Munich Startup: Und wie sieht es finanziell bei Euch aus?

Andreas Sichert: Wir sind klar auf Wachstumskurs: Vergangenes Jahr haben wir unseren Auftragseingang verdreifachen können, für dieses Jahr erwarten wir eine Vervielfachung des Umsatzes. Erst vor ein paar Monaten haben wir 28,5 Millionen Euro Wachstumskapital eingesammelt. Diese Finanzierung ermöglicht uns, auch künftig schnell, nachhaltig und international zu expandieren.

Mit Beharrlichkeit und Geduld zum „gestandenen Unternehmen“

Munich Startup: Welche Learnings konntet Ihr im Gründerteam mitnehmen?

Andreas Sichert: In den vergangenen Jahren konnten wir unzählige Erfahrungen sammeln und viele Lehren ziehen. Zunächst einmal braucht es eine gute Idee und ein starkes Produkt. Das ist und bleibt entscheidend. Unsere Technologie hat einen unmittelbaren Impact für die Umwelt. Dafür, dass unsere Energiemodule heute ihre große Wirkung entfalten können, brauchte es vor allem Beharrlichkeit und Geduld. Sowohl die Entwicklung von Produkten und umso mehr die Skalierung von Unternehmen benötigt einfach seine Zeit – speziell im Hardware- und Energiesektor. Jetzt sind wir ein „gestandenes“ Unternehmen mit internationalen Kunden und renommierten Investoren. Aber das war kein einfacher Weg.

Munich Startup: Welche Rolle spielte das Münchner Ökosystem auf Eurem Weg?

Andreas Sichert: Zunächst hat natürlich die TUM, die „Heimatuniversität“ von uns drei Gründern, eine große Rolle gespielt. Hier gibt es ausgezeichnete Möglichkeiten, Spitzenforschung zu betreiben und diese dann auch in kommerziell tragfähige Konzepte zu überführen. Münchener Gründerinitiativen und Angebote wie „UnternehmerTUM“ sind ebenfalls wertvolle Plattformen – sei es für Veranstaltungen oder zum Ausbau des Netzwerks. Zuletzt ist es sicher auch kein Zufall, dass wir mit unserem Investor Wellington Partners und speziell mit unserem geschätzten Aufsichtsratsvorsitzenden Christian Reitberger (von Wellington Partners) bis heute wertvolle Partner hier in München haben.

Munich Startup: Auf welche Milestones arbeitet Ihr als Nächstes hin?

Andreas Sichert: Unser Fokus liegt aktuell auf der Internationalisierung und dem Ausbau der globalen Lieferketten. In Märkten wie Europa und den USA sind wir mit unseren Lösungen bereits gut etabliert. Nun möchten wir unsere kommerzielle Entwicklung vor allem in schnell wachsenden Schwellenländern wie dem Nahen Osten, Nordafrika, Asien und dem pazifischen Raum beschleunigen.