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Gentherapie-Startup Vigeneron beginnt Phase I der klinischen Prüfung

Die Erbkrankheit Retinitis pigmentosa ist eine der häufigsten Ursachen für den Verlust der Sehkraft im mittleren Erwachsenenalter. Bisher unheilbar versprechen Gentherapien inzwischen Erfolg bei der Behandlung der Krankheit. Das Münchner Startup Vigeneron entwickelt eine solche Therapie und beginnt nun die Phase I der klinischen Prüfung.

Retinitis pigmentosa ist eine der häufigsten Formen der erblichen Netzhautdegeneration. Der Krankheitsverlauf beginnt typischerweise mit Nachtblindheit, gefolgt von Visusabfall und einer langsamen Einschränkung des Gesichtsfeldes. Er endet in der Regel mit Blindheit. Retinitis pigmentosa tritt bei in etwa 1 von 4.000 EuropäerInnen auf. Als Auslöser für die bisher nicht heilbare Krankheit haben Forscher inzwischen über 80 unterschiedliche Gene identifiziert. Mit seinem Wirkstoff VG901 konzentriert sich Vigeneron auf eine Mutation des Gens CNGA1.

In präklinischen Studien an Mäusen hat Vigeneron die Wirksamkeit des Stoffes bereits festgestellt. Anschließend wurde in die Sicherheit von VG901 untersucht. Nun beginnt das Startup – nach Freigabe durch die Europäische Arzneimittel-Agentur – Phase I der klinischen Prüfung. In ihr wird mit der Hilfe freiwilliger Testpersonen untersucht, ob das Medikament keine relevanten Sicherheitsfragen aufwirft und den Zielbereich im Körper erreicht und dort lange genug bleiben kann, um seine Wirkung zu entfalten. Außerdem soll das neue Arzneimittel in dieser Phase einen vorläufigen Nachweis seines therapeutischem Werts erbringen.

Vigeneron setzt auf selbst entwickelte Gentherapie-Plattform

Der Wirkstoff VG901 basiert auf der Plattform für Gentherapie vgAAV, die Vigeneron selbst entwickelt hat. Dabei handelt es sich um das Ergebnis einer gerichteten in vivo-Evolution von Adeno-assoziierten Viren (AAV). Diese sind in der Gentherapie beliebt, um genetisches Material in Zielzellen zu schleusen (viraler Vektor). AAV erscheinen besonders geeignet, da sie nicht mit Krankheiten assoziiert sind und sich das Erbgut des Virus selbst nur selten unspezifisch in das Genom der Wirtszelle integriert.

Dank dieser Eigenschaften können vgAAV-Vektoren auf ein breites Spektrum von Zelltypen in der Netzhaut abzielen. Das Besondere dabei ist, dass der Wirkstoff intravitreal verabreicht werden kann. Das bedeutet, dass er mit Hilfe einer Spritze in den Glaskörper des Auges gebracht wird. Andere potenzielle Wirkstoffe zur Bekämpfung von Retinitis pigmentosa müssen hingegen subretinal, also direkt unterhalb der Netzhaut, verabreicht werden. Allgemein ist vgAAV aber auch für Anwendungen außerhalb der Augenheilkunde einsetzbar, so Vigeneron.

Dr. Caroline Man Xu, Mitgründerin und CEO von Vigeneron, sagt:

„Dies ist ein wichtiger Schritt in unserer Mission, das Augenlicht von Patienten, die mit CNGA1-Mutationen geboren werden, mit einer neuartigen Gentherapie zu retten. Wir freuen uns darauf, diese erste Gentherapie ihrer Art zu entwickeln, um Patienten, für die es derzeit keine Behandlungsmöglichkeiten gibt, eine Heilung zu ermöglichen.“

Vigeneron wurde 2017 als Spin-off der Ludwig-Maximilians-Universität (LMU) München von Caroline Man Xu gegründet. Als wissenschaftliche Cofounder treten zudem Dr. Martin Biel, Professor für Pharmazie und Vorsitzender des Department Pharmazie an der LMU, und Dr. Stylianos Michalakis, Professor für okulare Gentherapie an der LMU auf. Zu den Investoren des Startups gehören der Pharmakonzern WuXi Apptec aus China und Sequoia Capital China. Aktuell ist Vigeneron am IZB in Planegg ansässig.