Das chinesische Elektroauto-Startup Nio lässt seine Fahrzeuge in München entwerfen. Gegenüber der WirtschaftsWoche erklären die Verantwortlichen, was sie an der bayerischen Landeshauptstadt finden.
Voll des Loben ist Hui Zhang, Managing Director der Nio GmbH in München, über den Standort. Man habe sich für München entschieden, um ein internationales Team aufzubauen. In Deutschland fände die chinesische Firma viel einfacher internationale Talente als wenn sie diese nach Shanghai oder Peking holen müsste, so Zhang gegenüber der WirtschaftsWoche:
„München ist die erste Location für Automotive Designer, bietet den besten Zugang zur Zulieferindustrie und gilt weltweit als eine der Städte mit der besten Lebensqualität.“
Das Geld für die Entwicklung ihres autonomen Elektroautos bezieht das Unternehmen unter anderem vom chinesischen Internetkonzern Tencent.
Nio profitiert von BMW-Know-how
In Bogenhausener Büro arbeiten auf vier Etagen mehr als 140 Designer, Marketing- und IT-Experten aus 29 Ländern, das Durchschnittsalter liegt bei gerade einmal 35. Viele der Nio-Angestellten waren zuvor in der Autoindustrie in und um München beschäftigt. So auch Kris Tomasson: Der New Yorker isländischer Herkunft ist Chefdesigner bei Nio. Zuvor zeichnete er sich für das Design der BMW-Elektroautos verantwortlich. Nio-Gründer William Li persönlich habe ihn angesprochen, so Tomasson. Und er ging nicht alleine zum chinesischen E-Autobauer, sondern nahm einige Teammitglieder von BMW zu seinem neuen Arbeitgeber mit. Nio hat einen klaren Plan, was sie mit dem deutschen Auto-Know-how erreichen möchten:
„Wir konzentrieren uns im Moment darauf, Autos nach europäischen Standards für den chinesischen Markt zu entwickeln“,
so Tomasson zur WirtschaftsWoche.
„Wir nehmen die guten Eigenschaften, die speziell deutsche Autos weltweit zu diesem hohen Ansehen verholfen haben: Qualität, Expertise, Design und Materialien.“
Dennoch möchte Nio mehr sein, als ein BMW-Imitat: Sobald man die Tür zum Auto öffne, sehe man den großen Unterschied. Denn das Autodesign sei auf autonomes Fahren ausgerichtet, der Innenraum ein zweites Wohzimmer. Die Abkehr von der klassischen Autoindustrie zeigt sich auch an einem anderen Punkt: Der erste E-SUV der Chinesen soll nicht, wie sonst üblich, auf einer Automesse präsentiert werden, sondern auf der Jahreskonferenz des Münchner Halbleiterherstellers Infineon.