Warum findet mein Startup keine Geldgeber? Junge Unternehmen haben es oft nicht leicht, Kapital zu bekommen. Ein Grund dafür: Viele Gründer verstehen nicht, wie Investoren und Banken denken, so Martin Giese und Nicolaj Højer Nielsen. Die beiden Investoren möchten in ihrem Buch ‚Startup Finanzierung‘ den Weg zu einer erfolgreichen Kapitalaufnahme weisen.
Bei den ständigen Nachrichten von millionenschweren Finanzierungsrunden möchte man fast meinen, die Kapitalsuche sei für Startups kein Problem. Ganz anders sehen dagegen die Erfahrungen vieler Gründer aus: Die Bank gibt keinen Kredit und Investoren antworten nicht einmal auf ihre Mails. Auf Events nimmt sich kein Geldgeber wirklich Zeit, um sich die bahnbrechende Idee der Gründer auch nur anzuhören. Woran liegts?
Mit ihrem Buch ‚Startup Finanzierung‘ wollen Martin Giese und Nicolaj Højer Nielsen Gründern Startups dabei helfen, an Kapital zu kommen. In der Einleitung schreiben die Autoren:
„Für eine Bank oder einen Investor ist eine Idee nichts weiter als ein Risiko, das gegen mögliche Erträge abgewogen werden muss. Genau aus diesem Grund bekommen viele Gründerinnen und Gründer kein Kapital für ihre Geschäftsidee.“
Wer an das Geld von Investoren will, muss zunächst verstehen, wie diese denken und kalkulieren. Die Autoren vermitteln deshalb vor allem die Perspektiven verschiedener Geldgeber. Durch ihre eigenen Biographien und jeweils rund 20 Jahre Erfahrung im Startup-Umfeld haben die beiden Autoren unterschiedliche Blickwinkel auf die Finanzierung von Startups kennengelernt. Giese war in seinem Leben bereits Gründer, Mitarbeiter, Mentor, Coach und Investor. Aktuell leitet er den UnternehmerTUM-Accelertator Xpreneurs. Nielsen gründete sein erstes Unternehmen 1999 und betätigt sich seither als Seriengründer, Business Angel und Investor. Aktuell betreibt er den Frühphaseninvestor Copenhagen United.
‚Startup Finanzierung‘ versammelt Who-is-Who der Startup-Szene
Die Autoren haben ihren 498 Seiten umfassenden Wälzer in Startup-Manier im Eigenverlag herausgebracht – und das merkt man dem Buch insbesondere am etwas unübersichtlichen Layout des Inhaltsverzeichnisses und des Namensregisters auch an. Sobald man sich an das Nebeneinander von eigentlichem Text, Fallstudien und Beiträgen von Startup-Experten gewöhnt hat, führt das Buch den Leser in 19 Kapiteln durch die wichtigsten Fragen von Frühphasen-Startups auf Investorensuche. Durch Praxistipps, anschauliche Beispiele und Infografiken liest sich das Buch trotz des eher trockenen Themas unterhaltsam.
Unzählige Experten konnten von den Autoren dazu gewonnen werden, Einblicke für das Buch beizutragen. Das Verzeichnis der Beitragenden liest sich wie das Who-is-Who der (Münchner) Startup- und Venture-Capital-Szene: Flixbus-Gründer André Schwämmlein, Andreas Unseld von UVC Partners, Celonis-Mitgründer Bastian Nominacher, Baystartup-Geschäftsführer Carsten Rudolph, Anwalt Christoph von Einem, Bits & Pretzels-Host und Investor Felix Haas, Personio-Gründer Hanno Renner, Gründer, Investor und Mentor Jeff Burton, Inveox-Gründerin Maria Sievert, Mr Beam-Gründer Teja Philipp und Veronika Riederle, Gründerin von Demodesk – um nur einige zu nennen.
Risiko vs. Ertrag
Inhaltlich beginnt das Buch mit der Frage, ob und wann ein Startup denn externes Kapital braucht. Mittels der Burn Rate lernen junge Gründer, ihren Kapitalbedarf einzuschätzen.
An der zentralen Unterscheidung von Risiko und (erwartetem) Ertrag erklären die Autoren dann die Perspektiven unterschiedlicher Geldgeber. Mittels eines einfachen Vier-Felder-Schemas von hohem und niedrigem Risiko sowie hoher und niedriger Ertragserwartung lassen sich unterschiedliche Finanzierungsquellen einordnen. So erklärt sich beispielsweise, warum Banken Startups nur selten Kredit geben (können): Der Ertrag in Form von Zinsen ist gering, das Risiko, dass der Kredit ausfällt aber sehr hoch. Es wäre deshalb fahrlässig von der Bank, einem gerade gegründeten Startup Geld zu leihen. Private Teilnehmer einer Crowdfunding-Kampagne sind dagegen bereit, ein hohes Ausfallrisiko zu tragen und erwarten dafür nur einen geringen Ertrag, etwa in Form des fertigen Produkts, da sie dem Produkt gerne zur Realisierung verhelfen möchten. Venture-Capital-Investoren sind bereit ein hohes Risiko einzugehen, möchten aber einen hohen Ertrag sehen. So exerzieren die Autoren die Perspektiven aller potenziellen Geldgeber für Startups durch.
Ideen sind riskant
Der Clou aus Sicht eines Gründers besteht darin, das vom Investor wahrgenommene Risiko zu senken. Denn je riskanter ein Investment erscheint, desto schwieriger wird es, einen Geldgeber zu finden und desto teurer wird es – in Form von höheren Anteilen, die Gründer abgeben müssen, strengeren Klauseln im Beteiligungsvertrag oder ähnliches.
Eine reine Geschäftsidee ist zunächst extrem riskant: Weder wurde bewiesen, dass es wirklich einen Markt für die Idee gibt, noch konnten die Gründer zeigen, was sie können, noch konnte belegt werden, dass das Produkt überhaupt technisch funktionieren kann. Die Ertragserwartung ist indes völlig unsicher. Bevor Gründer einen professionellen Investor ansprechen, sollten sie deshalb zunächst Belege liefern, die für den Erfolg sprechen und das Risiko kalkulierbar machen.
Der Investor, das unbekannte Wesen
Besonders konkret wird das Buch bei den Tipps, wie Gründer auf Investoren zugehen sollten. Beispiel-Emails helfen bei der Kontaktaufnahme mit Investoren. Im Buch sind sechs vollständige Pitchdecks abgedruckt, mit denen erfolgreich Venture Capital eingeworben wurde. Startups erhalten hier ganz konkrete Unterstützung bei der gut vorbereiteten Kontaktanbahnung mit Investoren.
Auch bei der Ermittlung einer realistischen Bewertung hilft ‚Startup Finanzierung‘ weiter. Es werden außerdem verschiedene Beteiligungsmodelle und Vertragsvorlagen vorgestellt, vor möglichen Fallstricken gewarnt und Tipps zu den Vertragsverhandlungen mit den Investoren gegeben.
Das Buch bietet ziemlich genau, was es im Untertitel verspricht: ‚Praxistipps von Investoren für Gründerinnen und Gründer‘. Es beinhaltet jenes Wissen, das Gründer von Frühphasen-Startups mit Kapitalbedarf brauchen – und hält dabei die Balance zwischen detaillierten Einblicken, übersichtlicher Darstellung und Praxisbezug.
‚Startup Finanzierung: Dein Insider-Guide. Praxis-Tipps von Investoren für Gründerinnen und Gründer‘ (498 Seiten) ist erhältlich als Hardcover und Ebook für Kindle.