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Munich Quantum Instruments: Quanten-Hardware made in Munich

Quantentechnologien sind in aller Munde und Quantencomputing gilt als die Technologie der Zukunft. Und diese Zukunft wird auch in München entwickelt und vor allem gebaut – zum Beispiel in Form von Sensoren. Das Startup Munich Quantum Instruments etwa entwickelt Einzelphotonendetektoren. Im Interview verraten zwei der Gründer, was ihre Technologie kann und wie sich München zum Silicon Valley im Bereich Quantum entwickelt.

Munich Startup: Was macht Euer Startup? Welches Problem löst Ihr?

Sven Ernst, Munich Quantum Instruments: Wir sind Munich Quantum Instruments, kurz MQI, und wir bauen Messgeräte zur Detektion von Lichtteilchen (Photonen). Unsere Einzelphotonendetektoren können in vielen verschiedenen Bereichen eingesetzt werden, vor allem aber in der Quantentechnologie. Sie umfasst auch optisches Quantencomputing, wo unsere Sensoren benutzt werden, um Informationen möglichst akkurat auslesen zu können. Aber auch in Bereichen wie Deep Space Optical Communication, also Kommunikation mit Satelliten, die sehr weit weg von der Erde sind, finden unsere Sensoren Anwendung. Hier wollen wir zusammen mit der ESA einen speziellen Sensor entwickeln, der die Datenraten und auch die Entfernung deutlich erhöhen kann.

Ein anderer Bereich, den wir uns anschauen, ist Quantum Key Distribution. Diese Technologie kann abhörsichere Kommunikation ermöglichen. Hierfür muss der Sensor in andere Richtungen spezialisiert werden, was wir in einem Projekt mit verschiedenen Partnern derzeit austesten, um einen Prototypen zu entwickeln.

„Wir bauen einen universellen Sensor für Licht“

Langfristig wollen wir aber auch andere Bereiche mit unseren Sensoren versorgen. So kann man zum Beispiel sehr genaue Messapparaturen bauen, um etwa Pharma-Erzeugnisse zu untersuchen. Auch in der Spektroskopie, wenn es um die Konstellation von verschiedenen Chemikalien geht, wie zum Beispiel CO2 in der Atmosphäre, kann man das mit unseren Sensoren deutlich besser bestimmen. Wir bauen einen universellen Sensor für Licht, und da gibt es sehr viele Anwendungsbereiche.

Munich Startup: Aber das gibt’s doch schon längst! 

Rasmus Flaschmann, Munich Quantum Instruments: Der große Vorteil unserer Art von Sensoren ist, dass sie auf einzelne Lichtteilchen sensitiv sind. Und wir kommen Wellenlängenabhängig auf nahezu 100 Prozent Effizienz. Das heißt, man kann sehr genau sagen, ob da ein einzelnes Lichtteilchen war oder nicht. Und das bei einer sehr hohen Zeit-Auflösung, ungefähr im Bereich von 20 Pikosekunden. Für bestimmte Kommunikationsprotokolle zum Beispiel, wo man sagt „Information: ja/nein“, hieße das, dass ein einzelnes Lichtteilchen ausreicht, um die Information zu übermitteln.

Was wir darüber hinaus anders machen wollen als andere Firmen, ist, dass wir Sensoren mit unseren hocheffizienten Einzelphotonendetektoren einem breiteren Markt zugänglich machen wollen. Das heißt, neben der Qualität der einzelnen Sensoren ist vor allen Dingen die Skalierbarkeit für uns von zentraler Bedeutung. So ermöglicht Munich Quantum Instruments neue Anwendungen der Quantentechnologie in verschiedenen Bereichen.

Die Gründung von Munich Quantum Instruments

Munich Startup: Was ist Eure Gründungsstory? 

Rasmus Fleischmann: Vor knapp fünf Jahren habe ich mit meiner Doktorarbeit angefangen. Und schon relativ am Anfang kam die Idee mit meinem Professor auf, daraus am Ende eine Firma zu machen, was damals natürlich noch sehr weit weg war. Dann kamen im Laufe der Zeit meine Mitgründer Lucio, Chris und auch Sven dazu. Gerade wenn man ein so großes Projekt angeht, ist vor allem ein starkes Team von zentraler Bedeutung und ich denke da sind wir alle sehr froh, dass wir uns gefunden haben und uns aufeinander zu 100 Prozent verlassen können. So hat sich unsere gemeinsame Vision Stück für Stück entwickelt, dass wir Quantentechnologie in die Märkte bringen und diese Weiterentwicklung zusammen gestalten wollen.

Das haben wir dann die letzten Jahre auch gemacht und haben uns im Laufe der Zeit auch bei verschiedenen Programmen beworben, zum Beispiel Xplore von der UnternehmerTUM. Da haben wir gelernt, wie man ein Produkt an die Märkte bringt oder wie man ein Businessmodell entwickelt. Und unseren fünften Mitgründer haben wir dort auch kennengelernt, Andreas. Er hat auch ursprünglich Physik studiert und ist später mehr auf die Business-Seite gegangen. Jetzt ist er essenziell für uns, damit wir zum Beispiel auf der Business-Seite deutlich besser vorankommen. Als Ingenieure und Physiker haben wir da jetzt nicht unbedingt die große Ausbildung.

Anfang letzten Jahres haben wir uns dann für den EXIST Forschungstransfer beworben. Der Bewerbungsprozess hat mehrere Monate gedauert und ungefähr Mitte letzten Jahres haben wir dann die Zusage bekommen. Seit dem 1. November 2022 sind wir jetzt offiziell vom EXIST Forschungstransfer gefördert. Ende letzten Jahres haben wir dann noch direkt die GmbH gegründet. Und wie Sven schon gesagt hat, haben wir jetzt erste Pilotprojekte begonnen und weitere in Aussicht.

„Man muss es einfach machen“

Munich Startup: Was waren bisher Eure größten Herausforderungen?

Rasmus Flaschmann: Was mir persönlich am schwierigsten gefallen ist, war, den besten Moment für den nächsten Schritt zu finden. Denn gerade als Physiker und Ingenieur ist man ja immer auf das Problem fokussiert und darauf, es hier oder da noch besser zu machen. Den perfekten Moment gibt es aber nicht, man muss immer ein Stück weit wagen und es einfach machen. Und auch die Business-Seite muss natürlich abgearbeitet werden. Denn was bringt einem das beste Produkt, wenn man es nicht verkaufen kann, weil man nicht am Markt ist? Genau deswegen finde ich es auch sehr hilfreich, dass uns mittlerweile Andreas zur Seite steht.

Darüber hinaus gibt es die Unsicherheit, welche all dieser Quantenmärkte am Ende wirklich funktionieren und wann sie funktionieren. Damit werden wir die nächsten Jahre noch zu tun haben. Was uns hilft, ist, dass es Möglichkeiten gibt, in hybriden Systemen für bestimmte Anwendungen auf unsere Quantensensoren zu setzen.

Munich Quantum Instruments will Quantenchips in München bauen

Munich Startup: Wo möchtet Ihr in einem Jahr stehen, wo in fünf Jahren? 

Sven Ernst: In einem Jahr wollen wir unser Pilotprojekt in einem industriellen Markt, eben Quantencomputing, abgeschlossen haben. Gleichzeitig soll auch der MVP für unseren Nischenmarkt Forschung und Entwicklung fertig sein. Wir wollen dann ein Komplettsystem für unseren Sensor mit Cryostat und Elektronik fertig entwickelt und verkauft haben.

In fünf Jahren wollen wir dann im Markt Forschung und Entwicklung mit unseren Standard-Sensoren skaliert haben, so dass wir dort viele Kunden haben und auch viele neue disruptive Applikationen ermöglichen. Außerdem wollen wir im industriellen Markt Fuß gefasst haben und in diesem dann weiter skalieren. Dazu gehört auch, dass wir dann eine eigene Fabrikation für unsere Chips aufgebaut haben. Damit können wir Munich Quantum Instruments im internationalen Wettbewerb sehr stark positionieren und auch den Standort München mit einer Quantum Chip Fabrikation stärken.

Munich Startup: Wie habt Ihr den Startup-Standort München bisher erlebt? 

Sven Ernst: In München gibt es viele Angebote, die Startups sehr gut unterstützen – in einige sind wir ja auch selbst involviert, wie eben angesprochen die UnternehmerTUM zum Beispiel. Außerdem sind wir mit den Venture Quantum Labs in engem Kontakt und tauschen uns aus.

Mit dem Munich Quantum Valley und dem Munich Quantum Center for Science and Technology (MCQST) haben sich mehrere Institutionen das Ziel gesetzt, München zu einem Key Player in Quanten-Technologien zu machen: das Silicon Valley im Bereich Quantum. In der Quantenforschung, Physikforschung, Technologieforschung allgemein war München ja schon immer sehr gut. Hier kommt jetzt das Ziel dazu, das auch in Startups und Unternehmen zu bringen.

München als Silicon Valley im Bereich Quantum

Was hier aber noch fehlt ist, dass die Gründerszene im Quanten-Bereich von sich selbst aus Events organisiert. Man kennt natürlich die anderen Startups – es gibt jetzt noch nicht so viele – aber es gibt jetzt noch keine zentralen Events, die von den Gründern organisiert werden, weil die sich austauschen wollen. Noch wird alles von den Institutionen gepusht, da würde ich mir ein bisschen mehr Aktivität wünschen.

Rasmus Flaschmann: Was hier auf jeden Fall auch ein wichtiger Punkt ist, sind die nächsten Generationen an potenziellen Entwicklern, Physikern und Ingenieuren, gerade auch in den Quanten-Technologien. Und was München hier jetzt schon richtig gut macht, ist, mit dem Munich Quantum Center for Science and Technology (MCQST) zum Beispiel Studiengänge anzubieten, die genau in diese Richtung gehen. Und das Munich Quantum Valley fördert Forschungseinrichtungen und integriert Firmen in Leuchtturmprojekte. Hier werden sozusagen auf der einen Seite die Gehirne des Landes weiter gefördert und auf der anderen Seite mehr Startups unterstützt und Firmen in die Projekte eingebunden. Und das wird noch sehr wichtig werden. Ich kann mir gut vorstellen, dass in zehn Jahren Quantum und München untrennbar miteinander verbunden sein werden.

Munich Startup: Hidden Champion oder Shooting Star?

Rasmus Flaschmann: Unser Angebot ist ja ein B2B- und kein B2C-Geschäft. Insofern würde ich sagen, eher Hidden Champion. Wir sind diejenigen, die mit der Telekom, mit der ESA, mit wem auch sonst immer zusammenarbeiten. Aber im Bereich Quantum sind wir auch Shootingstar, da wir eben eines der ersten Hardware-Startups sind, die aus München heraus Quanten-Hardware anbieten. Wir glauben auf jeden Fall daran, dass in Zukunft die industriellen Märkte in Deutschland und Europa Quanten-Hardware made in Munich ausrüsten.