Zum Einstieg in die Diskussion um mehr politische Unterstützung für Startups in Deutschland zeichnete Christian Lindner ein ernüchterndes Bild. Zwar gebe es viele gute GründerInnen mit Top-Idee im Land, doch die Rahmenbedingungen sind nicht optimal. Der VC-Markt sei zu klein und die aktuelle wirtschaftliche Lage sorgte für zusätzlichen Druck auf die jungen Unternehmen.
Mit dem Zukunftsfinanzierungsgesetz soll dies sich allerdings ändern. Das Gesetz, das laut dem Minister nach der Sommerpause zur Abstimmung in den Bundestag geht, soll die Finanzierungsbedingungen für Startups verbessern, indem es zum Beispiel das benötigte Mindestkapital für einen Börsengang reduziert oder es institutionellen Investoren erleichtert, in Startups zu investieren. Ein weiterer für Lindner wichtiger Punkt: Er will die Umsatzsteuerpflicht für Fondsgesellschaften aufheben. Denn diese sei ein Standortnachteil Deutschlands im internationalen Wettbewerb, der dazu führe, dass die Fondsgesellschaften sich vor allem im Ausland ansiedeln – und dann dort investieren, teilweise auch mit Geld aus der Bundesrepublik.
Die Frage nach der Aktienrente
Für Hanno Renner, der nicht nur als Personio-CEO sondern auch als Mitglied des „Beirats der jungen digitalen Wirtschaft“ um Vizekanzler Robert Habeck und Teil des erweiterten Vorstands des Startupverbands Deutschland auf der Bühne saß, ein wichtiger Punkt. Denn während etwa der Canadian Pension Fund in deutsche Startups investieren könne, seien die Pensionen in Deutschland vom Kapitalmarkt getrennt. Hier wünsche er sich mehr Zugang, so Renner.
Ein Anliegen, dem sich der Minister durchaus anschließen konnte. Allerdings mit dem Hinweis, dass direkte Investitionen aus regulatorischen Gründen schwierig seien. Mit dem von der KfW verwalteten Zukunftsfonds Deutschland und der European Tech Champion Initiative habe man allerdings zwei Funds of Funds an der Hand, die das Geld der Versicherer zugänglicher machen. Für ihn sei es aber vor allem wichtig, dass sich mehr Menschen am Kapitalmarkt engagieren.
„Die Aktienrente kommt“,
so der Finanzminister.
Auf eine ganz andere Finanzierungslücke kam hingegen Svenja Lassen, Managing Director Germany des Startup-Investoren-Netzwerks Gateway Ventures und Gründerin des Female Investors Network (FIN) zu sprechen. Denn nach wie vor gibt es zu wenig Frauen im Startup Ökosystem, unter den Gründenden ebenso wie unter den Investierenden. Ein Umstand, dem sie aktiv entgegentritt. Denn mit der FIN-Academy hat sie ein 6-Wochen-Online-Ausbildungs-Programm ins Leben gerufen, das es Frauen ermöglicht, als Business Angels starten zu können.
Wie Christian Lindner Gründerinnen fördern will
Auch für Lindner ist klar, dass Gründerinnen nicht die schlechteren Ideen haben, sondern diese nur seltener umgesetzt werden. Als Verantwortliche macht er hier Männernetzwerke aus, die bereits an den Universitäten entstehen und dafür sorgen, dass Investoren eher in die Startups ihrer ehemaligen Kommilitonen investieren. Hier will der Minister mit den genannten Fonds Abhilfe schaffen. Denn diese haben „ein Fenster exklusiv für Vorhaben von Gründerinnen, die den normalen Weg am Kapitalmarkt nicht schaffen“. Hier gebe es dann auch verbindliche Diversity-Vorgaben für das Investment-Komitee.
Auch Digitalisierung und Bürokratieabbau waren zwei wichtige Themen, die Svenja Lassen anriss. Hier versicherte Christian Lindner, dass beide Themen für ihn eins seien – und er sich dafür einsetze, Abläufe etwa bei der BaFin zu vereinfachen, die E-Aktie einzuführen, die Finanzverwaltung mit digitalen Tools zu ertüchtigen und mehr. Dabei kam er auch das Thema Datenschutz zu sprechen. Hier wünsche er sich einen Paradigmenwechsel, denn das vorherrschende Ziel der Datensparsamkeit behindere die Arbeit von KI und Algorithmen. Diese benötigen schließlich ausreichend Daten, um zu funktionieren. Daher plädierte der Finanzminister dafür, die Datensparsamkeit durch Anonymisierung und Pseudonymisierung zu ersetzen, und so die Daten verfügbar zu machen. Auch daran arbeite er.
Das Ende der Journey: An welche Börse geht ein Startup?
Ein weiterer Punkt, den der Finanzminister besprechen wollte, war das Thema Exits. Er sehe es kritisch, dass viele Startups potenziell in Deutschland gegründet und groß werden, um am Ende an Börsen im Ausland zu gehen, ihre Firmensitze zu verlegen und letzten Endes dort Steuern zu zahlen. Dies geschehe vor allem, da in Deutschland nicht genügend Kapital vorhanden sei, um 2- oder gar 3-stellige Millionenrunden zu stemmen.
Eine Analyse, der Hanno Renner deutlich zustimmte und dabei auch auf die eigenen Erfahrungen mit Personio zu sprechen kam. Auch für sein Unternehmen werde das Thema IPO in ein bis drei Jahren interessant und er beschäftigt sich schon jetzt mit der Frage, wo man dann letztlich an die Börse gehen könnte. Dabei stellte er aber auch fest, dass er als „europäischer Patriot“ einen Standort in Europa natürlich bevorzuge. Deutsche Lösungen für Fragen wie die Umsetzung mehrfachen Stimmrechts, SPACS oder Direct Listings würden ihm hier die Entscheidung allerdings erleichtern.