Das 2011 in München gegründete Startup crossvertise hat es geschafft, den Markt für Werbekampagnen zu revolutionieren: Auf dem Online-Marktplatz des Startups können Unternehmen und Agenturen alle Arten von Werbung einfach vergleichen und direkt buchen. Das gab es bislang so nicht.
crossvertise hat dazu eine Technologie entwickelt, die es ermöglicht, auch ohne Fachwissen professionell und effizient online Werbekampagnen zu planen und abzuwickeln. Der Vorteil für die Kunden? Werbemöglichkeiten in allen Kanälen, egal ob Print, Online, Radio, TV, Kino oder ein Plakat, günstige Preise und eine Menge eingesparte Zeit.
Im Gespräch erzählt uns Matthias Völcker, Mitgründer und CEO, was die Motivation zu crossvertise war, wie das Startup Investoren gefunden hat und worauf Gründer bei der Finanzierung achten sollten.
Was war Eure Motivation dafür, die Werbebranche zu revolutionieren?
Alle Gründer hatten bereits Erfahrung mit dem Werbemarkt. Im gegenseitigen Austausch fiel uns auf, wie langwierig und unübersichtlich sich die Suche nach geeigneten Werbemöglichkeiten für uns alle gestaltete.
Der Werbemarkt ist sehr fragmentiert und teilweise intransparent und die Angebots-, Buchungs- und Abwicklungsprozesse sind sehr ineffizient. Vielfach erfolgen Buchungsbestätigungen selbst heute noch per Fax; Online-Buchungen sind nur selten möglich. Unser Ziel war es, kleineren Werbetreibenden, die nicht so einfach von Agenturen betreut werden, weil sie sehr kleine Werbebudgets haben, den Zugang zum Werbemarkt zu erleichtern.
Auf in die Nische
Was können andere Startups von Euch lernen, wenn sie den „Großen“ ein Stück vom Kuchen wegnehmen wollen?
In erster Linie nehmen wir den „Großen“ nichts weg, sondern erschließen neue Potenziale und erleichtern sowohl für Anbieter als auch für Werbetreibende die bislang aufwändigen und langwierigen Prozesse. Große Anbieter wie zum Beispiel Google haben das im Offlinebereich nicht geschafft. Das zeigen die gescheiterten Versuche von Google Print und Google Radio Ads.
Innovation für einen komplexen Markt
Man kann bei crossvertise recht gut nachvollziehen, wie man erfolgreich eine B2B-Plattform einführt und dabei festgefahrene Strukturen verbessert, in dem man gleichzeitig Produkt- und Prozessinnovation in einem komplexen Marktgeschehen etabliert. Insofern sind wir ein ganz gutes Beispiel für ‚Disruption‘ durch ein intelligentes IT-System.
Ihr sagt, es war aufgrund des innovativen Geschäftsmodells nicht leicht, Investoren zu finden. Nun seid Ihr u.a. durch den HighTech Gründerfonds, Bamboo Ventures, Carsten Maschmeyer und die zwei größten ‚Gelbe Seiten‘ Verlage finanziert. Was war der Schlüssel für Euren Erfolg?
Die wichtigsten Eigenschaften für jeden Gründer sind Beharrlichkeit und Durchhaltevermögen. Man braucht einen glaubwürdigen Businessplan und Experten, die einem zur Seite stehen. Insbesondere das Thema Rechtsberatung sollten Startups dabei nicht vernachlässigen, denn gute Verträge mit den Investoren sind sehr wichtig.
Dann müssen sich natürlich die Zahlen gut entwickeln, und nicht zuletzt ist ein kompetentes und voll motiviertes Team wichtig, das gemeinsam auf ein Ziel hinarbeitet. Ich denke, die Kombination aus all diesen Faktoren ist der Schlüssel zum Erfolg, so war es zumindest bei uns.
Nach der Finanzierung ist vor der Finanzierung
Mit welchen Herausforderungen ist Euer Unternehmen aktuell konfrontiert?
Wir befinden uns derzeit wieder mitten in einer neuen Finanzierungsrunde, um das Wachstum für die nächsten Jahre sicherzustellen. ‚Nach der Finanzierungsrunde ist immer auch vor der Finanzierungsrunde‘, denn insbesondere in Deutschland sind Investoren konservativ und wollen erst erfolgreich bewältigte Meilensteine sehen, bevor sie frisches Geld nachschießen.
Außerdem ist es gar nicht so einfach, die richtigen Mitarbeiter zu finden. Aktuell beschäftigen wir etwa 40 Mitarbeiter, aber für unseren nächsten Wachstumsschub müssen wir diese Zahl deutlich erhöhen.
Den Vorsprung halten
Schließlich ist es natürlich auch wichtig, den technologischen Vorsprung zu halten. Unsere Buchungslösung ist ein sehr komplexes IT-System, mit vielen selbstentwickelten und absolut einzigartigen Planungs- und Berechnungsfunktionen. Das ist an sich schon nicht trivial, aber natürlich entwickeln wir unsere Buchungsplattform immer weiter.
Hoch pokern oder lieber nehmen, was zu haben ist?
Was war der beste Rat den Ihr bekommen habt?
Neben der bereits erwähnten Eigenschaft, beharrlich zu bleiben und durchzuhalten, wurde uns insbesondere zum Thema Finanzierung geraten, uns am Anfang nicht zu sehr auf die eigenen Anteile zu konzentrieren, sondern alles Investitionskapital mitzunehmen, das wir kriegen können.
Es ist schwer genug in Deutschland, an Kapital zu kommen, da kann man es sich am Anfang nicht leisten, zu hoch zu pokern. Außerdem sollte ein Gründer früh lernen, seine Kräfte und auch seine finanziellen Ressourcen einzuteilen, denn die meisten Dinge dauern eben viel länger, als zunächst erwartet.
Butter bei die Fische: Wie läuft das Geschäft?
Wir haben derzeit über 37.000 registrierte Nutzer, in erster Linie Werbetreibende, aber auch Agenturen. Jeden Monat kommen etwa 1.000 neue Nutzer dazu. Unser System realisiert pro Monat etwa 100 Kampagnen und wir haben 2016 erstmals die 10 Millionen-Marke beim Umsatz geknackt.
Außerdem verzeichnen wir eine sehr starke Nachfrage nach unserer White Label-Lösung: Viele Medienhäuser und Händlerorganisationen sind sehr daran interessiert, unser System als ‚Software as a Service‘ (SaaS) zur Optimierung der eigenen Buchungsprozesse zu nutzen. Ein schönes Beispiel hierfür ist 7Screen, ein ProSiebenSat1-Tochterunternehmen, das sich in diesem Jahr für das online-basierte Planungstool von crossvertise zur Steuerung seines digitalen Außenwerbegeschäfts (DOOH) entschieden hat.
Wo geht die Reise hin? Wo seht Ihr Euch in fünf Jahren?
Im kommenden Jahr wollen wir den Schritt in europäische Nachbarländer wagen, deshalb arbeiten wir derzeit mit Hochdruck an einer englischen Sprachversion. Und in fünf Jahren? Da ist crossvertise die erste Anlaufstelle für werbetreibende Unternehmen und Marktstandard bei der Buchung von Werbung in Deutschland – vielleicht sogar weltweit.
Munich Startup bedankt sich für die offenen Antworten und wünscht viel Erfolg auf dem weiteren Weg!