Das Gründungteam von Reverion (v.l.): Felix Fischer (COO & Geschäftsführer), Jeremias Weinrich (CPO), Stephan Herrmann (CEO & Geschäftsführer), Luis Poblotzki (CDO) und Maximilian Hauck (CTO).
© Reverion

Reverion: Dreifache Revolution für Biogasanlagen

Das Münchner Startup Reverion hat eine Technologie entwickelt, die bei der Stromerzeugung aus Biogas eine Effizienz von 80 Prozent erreicht. Zudem ist der Prozess reversibel, kann also auch überschüssigen Strom aus Wind und Sonne für einen Elektrolyseprozess nutzen. Und CO2 aus der Luft können die Anlagen auch noch einfangen. Im Interview erklären die Gründer von Reverion, was sie antreibt und wo ihre Reise hinführen soll.

Munich Startup: Was macht Euer Startup? Welches Problem löst Ihr?

Reverion: Volatile erneuerbare Energien erfordern Technologien, die das Stromnetz ausgleichen und Energie speichern können. Biogas ist bereits heute ein wesentlicher Bestandteil der Energiewende und die einzige erneuerbare Energiequelle, die sowohl sichere Grundlast als auch Regelenergie für die fluktuierende Einspeisung aus Wind und Photovoltaik liefern kann. Die heutigen Biogasanlagen werden jedoch mit Gasmotoren betrieben, die einen sehr geringen Wirkungsgrad (max. 40 Prozent) haben, nicht flexibel sind, keine Speichermöglichkeit bieten und jährlich mehrere Millionen Tonnen CO2 ausstoßen. Darüber hinaus werden diese Anlagen bei dem derzeitigen Subventionssystem nicht überleben.

Reverion wurde geboren, um diese Herausforderungen zu überwinden. Wir haben die erste All-in-One-Lösung entwickelt und patentiert, die:

  1. Biogas oder Wasserstoff elektrochemisch in Strom umwandelt und dabei einen Wirkungsgrad von 80 Prozent erreicht (doppelt so hoch wie der Wirkungsgrad herkömmlicher Lösungen).
  2. Einen reversiblen Betriebsmodus hat und auch grünen Wasserstoff oder synthetisches Erdgas aus Strom erzeugen kann, ebenfalls bei einem Wirkungsgrad von 80 Prozent (Power-to-Gas).
  3. Reines, speicherbares CO2 abfängt und damit erstmals kostengünstige, negative CO2-Emissionen ermöglicht.
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In einem eher unscheinbaren Container verbirgt sich die Pilotanlage von Reverion. © Reverion

Dies sichert die zukünftige Wirtschaftlichkeit bestehender Biogasanlagen, trägt zur Stabilisierung des Energiesystems bei, bringt Flexibilität in den Markt und ermöglicht langfristige Energiespeicherung. Gerade jetzt, in der aktuellen europäischen Energiekrise, leistet unsere Technologie einen wichtigen Beitrag zu einer sicheren und unabhängigen Energieversorgung.

Munich Startup: Aber das gibt’s doch schon längst!

Reverion: Leider nicht! Bisherige Brennstoffzellensysteme (worauf unsere Technologie basiert) sind durch ihren klassischen Systemaufbau nicht umschaltbar und nutzen nicht das volle Potenzial der Brennstoffzellen. Bis zu 30 Prozent des Brennstoffs werden darin nicht für die Stromerzeugung genutzt, sondern einfach verbrannt. Das kostet natürlich entsprechend viel Wirkungsgrad und das haben wir mit unserem neuen Systemaufbau geändert.

Entwicklung der Reverion-Technologie an der TUM

Munich Startup: Was ist Eure Gründungsstory?

Reverion: Unsere Reise begann 2015 mit einer bahnbrechenden Vision: den Weg zu 100 Prozent erneuerbarer Energie zu ebnen, indem wir das volle Potenzial aus Biogas schöpfen. Im Laufe der Jahre haben wir unser neuartiges Hochtemperatur-Brennstoffzellensystem an der Technischen Universität München (TUM) entwickelt und patentiert. Nachdem sich unser Prototyp als erfolgreich erwiesen hat, wurde Reverion im Jahr 2022 gegründet, um diese Technologie zu kommerzialisieren.

Das Gründerteam besteht aus Stephan Herrmann (CEO & Geschäftsführer), Felix Fischer (COO & Geschäftsführer), Maximilian Hauck (CTO), Jeremias Weinrich (CPO) und Luis Poblotzki (CDO). Gemeinsam bringen wir mehr als 25 Jahre Erfahrung in der Forschung und Entwicklung von Energiesystemen an der TUM mit. Seit Mai haben wir unsere Büros und Produktionsstätten nach Eresing in Bayern verlegt und unser Team auf mehr als 20 Mitarbeiter erweitert!

Munich Startup: Was waren bisher Eure größten Herausforderungen?

Reverion: Unsere größten Herausforderungen waren und sind derzeit noch die Einstellung von geeigneten Arbeitskräften (Elektriker, Mechaniker, usw.), sowie die Akquise von Lieferanten, die in der aktuellen Marktsituation zeitgerecht liefern können.

„In 5 Jahren möchten wir eine Serienfertigung etablieren“

Munich Startup: Wo möchtet Ihr in einem Jahr stehen, wo in fünf Jahren?

Reverion: Unser nächster großer Meilenstein ist die erfolgreiche Entwicklung unserer ersten vorkommerziellen Einheit (Pilotanlage). In einem Jahr sollten wir diese erfolgreich entwickelt und produziert haben, und an der Produktion unserer ersten kommerziellen Einheiten (100 kW) arbeiten.

Bis in 5 Jahren möchten wir eine Serienfertigung etablieren und skalieren, sowie leistungsstärkere und wirtschaftlichere 500 kW Einheiten entwickeln. Darüber hinaus planen wir neue Geschäftsmodelle einzuführen und in neue Märkte zu expandieren.

Munich Startup: Wie habt Ihr den Startup-Standort München bisher erlebt?

Reverion: Als Spin-off der TUM haben wir unser Unternehmen in München gegründet. München zählt zu den größten und stärksten Startup-Ökosysteme für Deeptech in Europa. Die Nähe zur technischen Universität und der Zugang zu umfangreichen Ressourcen wie Inkubatoren und Acceleratoren waren und sind weiterhin von unschätzbarem Wert.

Leider gab es im Raum München keine Produktionshalle, welche für uns geeignet war. Doch wir haben in Eresing einen perfekten Standort gefunden. Bei der Wahl dieses Standorts haben wir vor allem auf eine gute Verkehrsanbindung nach München geachtet, denn die Nähe zu München für uns nach wie vor sehr wichtig ist.

Munich Startup: Schneller Exit oder langer Atem?

Reverion: Wir haben vor kurzem unsere Seed-Finanzierungsrunde abgeschlossen und werden in den nächsten Monaten mit den Vorbereitungen für die Series A beginnen. Wir haben also noch viel zu tun, um unsere Technologie und unser Unternehmen zu skalieren. Unser Ziel ist es, den Weg zu einem Energiesystem mit 100 Prozent erneuerbaren Energien zu beschleunigen, um damit langfristig einen signifikanten globalen Impact zu bewirken.