re:publica 2018: Von Mad Men, rechten Trollen & der Generation Z

Das Internet ist POP — behauptet zumindest die re:publica 2018 und lädt unter diesem Motto zur dreitägigen Konferenz nach Berlin.

Tag 2 auf der re:publica in Berlin. Keine Sonne in Sicht, dafür eine lange Schlange am Eingang. Bevor wir aber in den 2. Konferenztag starten, werfen wir noch einen kurzen Blick auf den gestrigen Abend und auf die Session von Sophie Passmann zum Thema „Weniger Filterblase, mehr Detox-Tee! – Was können wir von InfluencerInnen lernen?

Sophie Passmann spricht über den König Algorithmus.
Sophie Passmann spricht über den König Algorithmus.

Passmann, ihres Zeichens unter anderem Radiomoderatorin und Kolumnistin für Spiegel Daily und selbst sehr aktive Instagram- und Twitter-Userin, ist der Meinung, dass Medienleute sich jetzt langsam genug über Bibi & Co lustig gemacht haben und sich stattdessen damit beschäftigen sollten, warum und wie Influencer so viele Menschen erreichen.

Die  Mad Men-Ära wird kommen!

In ihrem sehr kurzweiligen Vortrag geht Passmann aber dann mehr darauf ein, wie sich das Berufsbild „Influencer“ in naher Zukunft verändern wird. Dass es sich verändern wird, steht für sie außer Frage, denn der Erfolgsdruck wächst mit jedem Mikro-Influencer auf dem Markt — als solcher gilt man auf Instagram immerhin schon ab 10k Follower. Wie sich also von den Massen als Influencern abgrenzen, die alle einen Werbedeal mit Uhren-Marken und Detox-Tees abschließen wollen. Passmann prophezeit: Es wird eine Mad Men-Ära auf Instagram & Co kommen. Sprich: Werbung auf Social Media Kanälen wird wieder durch Kreativität überzeugen müssen. Und für kreative Leistungen müssen die Macher aka Influencer auch entsprechend entlohnt werden — wie eben jede gute alte Werbeagentur auch. Kreativität wird also wieder King. Ihrer Meinung nach wird auch der User von dieser Entwicklung profitieren. Denn Werbung wird es geben, solange es Geld gibt. Aber Werbung muss nicht per se stumpf sein, sondern kann auch unterhalten. Und gegen gute Unterhaltung hat Passmann nichts.

Jan Böhmermann
Größer als im wahren Leben: The real Jan Böhmermann.

Wem Sophie Passmann übrigens bekannt vorkommt, dann vielleicht durch das Neo Magazin Royal. Dort ist sie in manchen Folgen zu sehen. Und hier schließt sich auch der Kreis zu einem der Highlight des 2. Konferenztages: Denn Jan Böhmermann himself soll sprechen. Der erscheint dann zwar nicht direkt auf der Bühne, sondern „nur“ via Live-Übertragung überlebensgroß auf der Leinwand, hat aber unabhängig davon einiges zu sagen. Denn gemeinsam mit funk veröffentlichte das Neo Magazin Royale Recherchen zum rechtsextremen Troll-Netzwerk „Reconquista Germanica“. Böhmermann rief in diesem Zusammenhang selbst ein Netzwerk ins Leben. Seinem „Reconquista Internet“ sind mittlerweile knapp 44.000 Menschen beigetreten, die rechten Netzaktivisten und Hass-Trollen etwas entgegensetzen wollen.

Böhmermann: Time for Action!

Während Böhmermann von dieser Idee überzeugt ist und das Publikum dazu animiert, nicht nur zu reden, sondern auch mal zu machen, zeigt sich Patrick Stegemann von der Doku „Lösch dich: So organisiert ist der Hass im Netz“ diesem Ansatz etwas kritischer gegenüber. Seiner Meinung nach muss der Diskurs auch außerhalb des Netzes gesucht werden, denn Hass ist für ihn kein Phänomen, das nur rechten Online-Trollen zuzuschreiben ist. Abschließend kann zu dieser Session gesagt werden, dass Jan Böhmermann buchstäblich etwas zu viel Raum gegeben wurde. Die Macher der Undercover-Doku „Lösch dich“ rund um Rayk Anders gingen fast etwas unter. Aber das geht wohl vielen so neben Jan Böhmermann. Für alle, die nicht lange im Netz suchen wollen, hier zum einen die sehenswerte Doku „Lösch Dich“ und Böhmermanns Aufruf zu „Reconquista Internet“:

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Vero NICHT das neue, heiße Ding

Aber nicht nur etablierte Größen der deutschen Medienlandschaft finden das Gehör des Publikums. Auch die Vorträgen von jüngeren, der Generation Z zugehörigen Speakern werden sehr gut besucht. Generation what?  Zur Generation Z werden — je nach Definition — entweder die Menschen gezählt, die ab 1999 geboren wurden, oder die, die heute zwischen 10 und 23 Jahre alt sind. Speaker  Charles Bahr referiert über das Thema „Generation Z: Wie Medien & Marketing im Zeitalter der Social Natives funktionieren“ —  und erhält allein dadurch Credibility, dass er dieser Generation angehört.  Mit seinem 16 Jahren gilt er außerdem als jüngster Gründer Deutschlands, da er vor zwei Jahren seine eigene  Social-Media-Agentur gestartet hat. Gebannt lauscht das Publikum, wie man diese „jungen Leute“ erreichen kann. Bahr spricht souverän — und erzählt dabei aber nicht nur Neues. Kreativität ist King, Werbung muss Geschichten erzählen, die Creator — wie er Influencer nennt — müssen bei hochwertigen Produktionen unterstützt werden und sollten nicht nur Daniel Wellington-Uhren in die Kamera halten. Kommt uns nach Sophie Passmanns Vortrag durchaus schon bekannt vor. Was allerdings interessant ist: Laut Bahr stört sich die Generation Z weniger an gekennzeichneten Ads, wie man vielleicht glauben mag. Vielmehr sähen sie es als Support an, wenn sie das von ihrem favorisierten Influencer angepriesene Produkt konsumieren.

Und welche Plattform ist die Richtige, um die Generation Z zu erreichen? Facebook ist nach Bahrs Meinung dafür nicht mehr geeignet und Instagram von Werbung überschwemmt. Er wartet auf eine neue Plattform, die wieder mehr Platz für authentischen Content bietet. Ach ja, und Vero sei das sicher nicht!

Und sonst so?

FOMO — die Fear Of Missing Out — ist auch auf der re:publica 2018 vorhanden. So much to see, so little time. Was uns aber beruhigt: Viele Panels und Talks können auf dem You Tube-Kanal der re:publica auch im Nachgang noch angesehen werden. In diesem Sinne können wir beruhigt die Heimreise nach München antreten. So long, re:publica.

Re:publica 2018 — Tag 1