Als Singapur 1965 erstmals unabhängig wurde, lag sein Pro-Kopf BIP bei 516 US-Dollar und er verfügte über keinerlei natürliche Ressourcen. Im Jahr 2019 fiel die Bilanz deutlich positiver aus: Obwohl Singapur mit lediglich 0,2 Prozent der Landmasse Deutschlands das zweitkleinste Land Asiens ist, verzeichnete es ein beeindruckendes Pro-Kopf-BIP von 58.830 US-Dollar. Im Vergleich dazu lag das Pro-Kopf-BIP Deutschlands bei 47.628 US-Dollar.
Deutschland und Singapur pflegen seit langem enge Beziehungen. Singapur ist Deutschlands größter Exporthandelspartner im Verband Südostasisatischer Nationen, kurz ASEAN. Deutschland wiederum ist einer der größten Handelspartner Singapurs in der Europäischen Union. Die Stellung Singapurs in der EU ist sogar so bedeutend, dass es als erstes ASEAN-Land ein Freihandelsabkommen mit der EU geschlossen hat, das EUSFTA. Kurzum: Der Stadtstaat im Zentrum Südostasiens ist so einflussreich, dass Startups es sich nicht leisten können, ihn bei ihren globalen Expansionsplänen zu ignorieren. Wer sich entscheidet, nach Singapur zu expandieren, wird für seinen Mut belohnt: Ein unternehmerisches Umfeld mit einer für Europäer gut verständlichen Business-Kultur und mit vielen Unterstützungsangeboten ermöglicht gerade auch jungen Unternehmen ein schnelles Wachstum in der sehr technikaffinen südostasiatischen Region.
Ideales Rundum-Ökosystem lässt Gründerherzen höherschlagen
Als Unternehmer und Weltbürger habe ich bisher acht Startups (mit)gegründet, habe in Europa und in den USA gelebt, und seit mehr als 25 Jahren in Asien eine Heimat gefunden. Von allen asiatischen Nationen, die ich erlebt habe, hebt sich Singapur deutlich ab: Mit seinem hohen Lebensstandard, seinem sehr wirtschaftsfreundlichen Umfeld, seiner effizienten Arbeitsweise und seiner stabilen, unterstützenden Regierung bietet der Inselstaat ein unkompliziertes und nahezu perfektes Umfeld für Innovation und Entrepreneurship und lässt Gründerherzen höherschlagen.
Diesen persönlichen Eindruck bestätigen auch offizielle Zahlen. Seit über 10 Jahren wird der “kleine rote Punkt”, wie Singapur häufig genannt wird, von der Weltbank als eines der drei Länder der Welt eingestuft, in denen man am einfachsten Geschäfte machen kann. Das IMD World Competitiveness Ranking 2020 zeichnet Singapur zum zweiten Mal in Folge als wettbewerbsfähigste Volkswirtschaft der Welt aus. Die Gründung eines Unternehmens dauert weniger als einen Tag, die meisten Angelegenheiten können in englischer Sprache bequem online erledigt werden. Derselbe Prozess würde in Deutschland etwa zwei bis drei Monate dauern.
Dieses Business-freundliche und sichere Umfeld in Verbindung mit einem großen und hochqualifizierten Talent-Pool zieht auch Tech-Giganten wie Google, Facebook und Twitter an. 80 der 100 weltweit führenden Technologieunternehmen haben ihren Hauptsitz für die Region Asien nicht zuletzt deshalb in Singapur. Auch 1.800 deutsche Firmen sind heute dort vertreten und mit der Technischen Universität München (TUM) hat 2002 auch die erste deutsche Universität einen Auslands-Campus in Singapur aufgebaut. Singapur zieht also Unternehmertum an, auch inmitten der COVID-19-Pandemie. So investieren Unternehmen wie Tencent, Zoom und Snap auch 2020 weiter in Singapur und bauen ihre Aktivitäten aus.
Eine aktive Gründerszene
Die Gründerszene ist aktiv und lebendig. Mehr als 3.800 Tech-Startups sind in Singapur ansässig, darunter sechs der zwölf südostasiatischen Unicorns: Grab, Sea Group, Lazada, Razer, Trax, und Bigo. Ein Grund für diese Konzentration ist der einfache Zugang zu Finanzierungsmöglichkeiten mit hoher Qualität. Laut Startup Genome ist Singapur eines der zehn weltweit führenden Ökosysteme für Finanzierung. Über 150 lokale und globale Acceleratoren und Inkubatoren sind dort vertreten, was die Aufgeschlossenheit gegenüber Startups im Land unterstreicht.
Singapurs Regierung bietet viele verschiedene Förderprogramme für Startups an. Schon in einem recht frühen Stadium der COVID-19-Pandemie hat das Land schnelle zusätzliche Hilfen für die Startup-Community bereitgestellt. Ein Zusatzbudget der Regierung soll Gründern helfen, sich auf eine Rezession vorzubereiten und weiterhin innovative Unternehmen auf- und auszubauen. Zu den Maßnahmen gehört zum Beispiel das verbesserte “Startup SG Founder”-Programm, das mehr Einheimische ermutigen soll, unternehmerisch tätig zu werden.
Um Innovationen gezielt zu fördern, ermöglicht die Regierung es Unternehmen, über ein “Sandbox-Prinzip” in einem geschützten Bereich Produkte und Ansätze testen. Ein solches Angebot gibt es zum Beispiel für den Test von innovationen Finanzprodukten und -dienstleistungen. Firmen können ihre Konzepte in einer „Fintech Regulatory Sandbox“ der örtlichen Währungsbehörde zeitlich begrenzt in einer sicheren Live-Umgebung testen, und sind vor einem unternehmerischen Scheitern geschützt.
Singapur heißt auch internationale Startups willkommen und macht es Gründern aus dem Ausland leicht, Teil dieses dynamischen Ökosystem zu werden. So können ausländische Unternehmer mit Gründungsabsichten beispielsweise ein spezielles EntrePass-Visum beantragen, um ein neues Unternehmen zu gründen und es für ein Jahr zu betreiben. Der EntrePass kann verlängert werden, sofern bestimmte Kriterien erfüllt sind, wie ein Nachweis über die Geschäftstätigkeit, der Besitz von mindestens 30 Prozent der Unternehmensanteile und eine bestimmte Anzahl von Vollzeit-Mitarbeitern.
Singapur, Tor zu Asien
Wer noch nie in Asien Geschäfte gemacht hat, sollte mit Singapur als eine Art “Asien Light” starten. Singapur ist eine kosmopolitische Stadt mit einer für Europäer schnell verständlichen Business-Kultur, strategisch günstig gelegen und durch den modernen internationalen Flughafen gut erreichbar. Die knapp 6 Millionen Einwohner repräsentieren eine dynamische Mischung aus verschiedenen asiatischen Kulturen. Der Markt an sich mag zwar nicht groß sein, ist jedoch ein optimaler Ausgangspunkt für die Expansion in weitere Märkte. Über Singapur als Hub erhalten Startups Zugang zu 650 Millionen jungen, digital versierten und für neue Technologien offenen Verbrauchern in ganz Südostasien. Viele Länder in der Region sind ebenfalls Schwellenländer und bieten Startups die Möglichkeit, konkrete bestehende Probleme mit neuen und innovativen Lösungen anzugehen. Singapur ist also ein ideales Sprungbrett in die Region und in die Welt, denn es hat 25 bilaterale und regionale Freihandelsabkommen mit Ländern wie Australien, China, Indien, Japan, Korea, Neuseeland und Sri Lanka.
Die Pandemie hat den Trend der Digitalisierung besonders auch in dieser Region beschleunigt. Bis Ende 2020 wird es in Südostasien 310 Millionen digitale Konsumenten geben – eine Zahl, die ursprünglichen Prognosen zufolge erst 2025 erreicht werden sollte. Logistik und Transport, elektronischer Geschäftsverkehr und Fintech bilden das Rückgrat der digitalen Wirtschaft Südostasiens. Diese drei wichtigsten Branchen erhielten in den ersten acht Monaten des Jahres 2020 auch die meisten Finanzmittel. Mit Blick auf das Jahr 2021 und darüber hinaus haben andere schnell wachsende Branchen das Potenzial, dazu beizutragen, die Herausforderungen der Region zu lösen: Agritech, Healthtech, Edtech, Business Solutions/Enterprisetech sowie die Produktion und der Vertrieb digitaler Inhalte.
Über Südostasien hinaus ist der Aufstieg Asiens in diesem Jahr noch deutlicher zu erkennen. 30 Prozent der besten Startup-Ökosysteme liegen in der Region, verglichen mit nur 20 Prozent im Jahr 2012. Von elf neuen Ökosystemen, die es auf die Liste von Startup Genome geschafft haben, befinden sich sechs im asiatisch-pazifischen Raum.
Aus all diesen Gründen sind Startups gut beraten, sich für Singapur als Pilotmarkt und als Hub für die Expansion in den asiatischen Raum zu entscheiden.
3 Tipps zum Markteintritt in Singapur
Schätzungsweise 8.000 Deutsche leben in Singapur. Wer als Gründer zu ihnen stoßen möchte, hat mehrere Möglichkeiten, seinen Markteintritt einfach und rasch anzugehen. Investitionsförderungsagenturen in Deutschland, wie Germany Trade & Invest oder das Singapore Business Forum, und in Singapur, wie das Economic Development Board, die AHK Singapur oder Enterprise Singapore, sorgen für einen intensive Austausch in beide Richtungen. Zusätzlich gibt es noch drei tolle Angebote für einen einfachen Markteintritt:
- Das kostenfreie Programm des German Accelerator unterstützt deutsche Startups dabei, über Singapur nach Südostasien zu expandieren. Das Programm wird vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie gefördert und hat bereits 40 deutsche Startups bei der Definition und Planung ihrer Markteintrittsstrategie für Südostasien unterstützt.
- Öffentlich ausgeschriebene National Innovation Challenges bieten Startups die Möglichkeit, direkt mit Unternehmen zusammenzuarbeiten, um konkrete Problemstellungen zu lösen. Jede Challenge bietet den Teilnehmern die Möglichkeit, Förderungen in Höhe von bis zu 2 Millionen SGD (1,2 Millionen Euro) zur Entwicklung und Einführung von passenden Technologien zu erhalten.
- Singapur bietet zahlreiche Events und Möglichkeiten, sich zu präsentieren und zu profilieren, etwa auf dem Singapore x Europe Innovation Partnership Forum. Dieser nachfrageorientierte Wettbewerb bringt über 20 führende asiatische multinationale Unternehmen, Investoren und Co-Innovationspartner zusammen, um europäischen Startups dabei zu helfen, mit potenziellen Kunden in Singapur und Asien zusammenzuarbeiten.
5 Tipps zur Business-Kultur in Singapur
Singapur ist multikulturell und offen. Europäer finden sich rasch zurecht. Ein paar Tipps können jedoch den Einstieg erleichtern:
- Pünktlichkeit ist auch in Singapur eine Tugend auf die sehr viel Wert gelegt wird.
- Gepflegte, hochwertige Kleidung und ein selbstsicheres Auftreten helfen im täglichen Geschäftsleben.
- Körperkontakt sollte man vermeiden. Ein leichter Händedruck zur Begrüßung genügt.
- Themen für Smalltalk sind vielfältig. Grundsätzlich kann über alles gesprochen werden, jedoch sollte man Politik ausklammern. Ein Lob der hervorragenden Infrastruktur und exzellenten Küche ist ein guter Start für jede Unterhaltung. Nicht überrascht sein, wenn, gerade zu Beginn eines Gesprächs auch persönliche Fragen gestellt werden.
- Hierarchien und persönliche Empfehlungen spielen eine wichtige Rolle.