Das Pina Earth Team
© Pina Earth

Pina Earth: „Es ist jetzt so wichtig wie nie, zu handeln“

Das Münchner Startup Pina Earth will deutsche Wälder klimaresilienter gestalten. Dazu hat das Startup eine Waldumbau-Methodik und eine Technologie entwickelt, um die dadurch entstehende CO2-Senkung messbar zu machen. Damit bietet Pina Earth Klimaschutzprojekte, für die CO2-Zertifikate gekauft werden können, und für WaldbesitzerInnen eine zusätzliche Einkommensquelle. Das Startup wurde von Gesa Biermann und Florian Fincke 2021 gegründet und hat mittlerweile 15 MitarbeiterInnen. Ein Interview mit Gesa Biermann, Mitgründerin und CEO von Pina Earth.

Munich Startup: Was macht Pina Earth? Welches Problem löst Ihr?

Gesa Biermann: Pina Earth entwickelt zertifizierte Klimaschutzprojekte. Unser Ziel ist es, Wälder in Deutschland klimaresilient zu gestalten. Denn die Wälder in der EU sind aufgrund des Klimawandels stark gefährdet. Um dem entgegenzuwirken und unsere Wälder zukunftssicher gegen zunehmende Hitze, Stürme und Trockenheit zu machen, müssen Monokulturen in Mischwälder umgebaut werden. Das ist ein aufwändiger und kostenintensiver Prozess, der in Deutschland allein von circa zwei Millionen Waldbesitzenden gestemmt werden muss.

Um die Finanzierung dessen zu unterstützen, haben wir eine Technologie entwickelt, die die zusätzliche CO2-Senkleistung der Waldumbaumaßnahmen quantifiziert. Die zusätzliche CO2-Senkleistung verkaufen wir in Form von CO2-Zertifikaten an Unternehmen, die damit einen regionalen Klimabeitrag leisten können. Die Einnahmen aus dem Verkauf fließen zurück an die Waldbesitzenden zu Finanzierung ihrer Umbaumaßnahmen.

Mit Pina Earth Waldschutzprojekte finanzieren

Munich Startup: Aber das gibt’s doch schon längst!

Gesa Biermann: Tatsächlich nicht! Klar, in seinen Einzelbestandteilen ist unser Konzept sicher nicht neu: Es gibt bereits CO2-Zertifikate aus anderen Wald-Klimaschutzprojekten. Diese befinden sich allerdings insbesondere im globalen Süden, nicht regional in Deutschland. Außerdem handelt es sich dabei nicht um Waldumbauprojekte, sondern beispielsweise um ‚REDD+ Waldschutzprojekte‘ (also Minderungen von Emissionen aus Entwaldung und Waldschädigung). Und das ist in Deutschland bereits gesetzlich verboten. Mit unserer eigens entwickelten Waldumbau-Methodik haben wir einen neuen Klimaschutz-Projekttyp ins Leben gerufen, der auf die Bedürfnisse unserer regionalen Ökosysteme ausgerichtet ist und den es so noch nicht gab.

Natürlich ist auch Waldumbau an sich kein neues Thema, sondern den Waldbesitzenden in Deutschland schon seit Jahren präsent. Mit sich verstärkenden Risiken, die mit dem Klimawandel einhergehen, ist es jetzt so wichtig wie nie, zu handeln. Die Waldzustandserhebung 2022 hat die Auswirkungen des Klimawandels wieder dramatisch deutlich gemacht: vier von fünf Bäumen sind krank. Seit 2018 sind in Deutschland über 500.000 Hektar der Waldfläche dem Klimawandel zum Opfer gefallen. Drei Millionen Hektar Wald müssen in den kommenden Jahren umgebaut werden!

Damit dies auch möglich gemacht werden kann, bieten wir mit Pina Earth eine neue Einkommensquelle für Waldbesitzende, um ihre Umbaumaßnahmen auch finanzieren zu können.

Pina Earth
Im Büro bei Pina Earth

Gründung mit Struktur, dafür ohne „Eureka-Moment“

Munich Startup: Was ist Eure Gründungsstory? 

Gesa Biermann: Die ursprüngliche Idee für Pina Earth entstand nicht in einem romantisierten Eureka-Moment, den sich manche vorstellen. Für uns stand am Anfang das Team und der Konsens, dass wir mit unserer Arbeit einen gesellschaftlichen Beitrag leisten wollen.

Zur Einordnung: Insgesamt widmet ein Mensch in seinem Leben circa 80.000 Stunden seiner Karriere. Für uns war klar, dass wir diese Zeit gewinnbringend für die Gesellschaft – über rein finanzielle Ziele hinaus – einsetzen wollen. Nach einem strukturierten Ideenfindungsprozess und der Bewertung von rund 150 verschiedenen sozialen und ökologischen Problemen kamen wir auf die CO2-Märkte und die Möglichkeiten, die sie bieten, um wirtschaftliche und ökologische Ziele in Einklang zu bringen. Wir lernten außerdem, wie schwierig es für kleinere Waldbesitzende ist, Zugang zu diesem Markt zu erhalten. Da wurde uns klar, dass wir genau dieses Problem lösen wollen.

Erfolgreiche Seed-Runde mit starken InvestorInnen

Munich Startup: Was waren bisher Eure größten Herausforderungen? 

Gesa Biermann: So richtig schief gegangen ist zum Glück noch nicht viel. Dennoch hatten wir große Herausforderungen, die wir überwinden mussten. Der Einstieg in das Thema CO2-Märkte und Zertifizierung ist komplex: Um ein tiefgehendes Verständnis über diese Thematik zu erlangen, haben wir jede Methodik, die es zu Wald-Klimaschutzprojekten gibt, gelesen. Das sind tausende Seiten Normdokumente, die beschreiben, welche Kriterien CO2-Zertifikate erfüllen müssen.

Das war etwas mühsam, jedoch gleichzeitig eine wichtige Basis, auf der wir nun aufbauen. Aus dieser intensiven Beschäftigung haben wir Regeln und Software-Features abgeleitet, die die Qualität unserer Zertifikate sicherstellen. Daneben war es für mich eine persönliche Herausforderung zum ersten Mal das Fundraising anzuleiten. Hier haben wir viel Unterstützung von anderen GründerInnen und MentorInnen erhalten und konnten so eine sehr erfolgreiche Seed-Runde mit starken InvestorInnen abschließen.

Erfolgreich mehrere Projektflächen akquiriert

Munich Startup: Wie laufen die Geschäfte?

Gesa Biermann: Wir konnten bereits mehrere Waldprojektflächen in unterschiedlichen Teilen Deutschlands akquirieren und sind stolz, dass diese nun vom TÜV Nord Cert geprüft und zertifiziert sind. Das war definitiv ein großer Meilenstein. Aktuell erstrecken sich unsere Waldumbauprojekte bereits über 1.000 Hektar in Deutschland. Parallel dazu starten wir in die Pilotphase unter dem Wald-Klimastandard und entwickeln die ersten Projekte unter einem regionalen Standard zur Zertifizierung von Ökosystemleistungen.

Da wir mit Pina Earth auf einem zweiseitigen Markt unterwegs sind, ist die Käuferseite natürlich nicht zu vernachlässigen. In diesem Jahr haben wir einige Partnerschaften mit Plattformen und Marktplätzen geschlossen, um unsere Projekte neben direktem Vertrieb auch über starke Multiplier zu vermarkten. So konnten wir Waldbesitzenden bereits erste Einnahmen zur Finanzierung ihrer Waldumbaumaßnahmen überweisen. Für weitere Einblicke dazu eignen sich auch unsere Fallstudien mit Liefergrün, Fokus Zukunft, und trans-o-flex.

Munich Startup: Wie habt Ihr den Startup-Standort München bisher erlebt? 

Gesa Biermann: Für uns ist München als Startup-Standort ideal. Durch das Startup-Ökosystem und die Vielzahl an Unternehmen in München gibt es zahlreiche Gelegenheiten zum Austausch. Am CDTM – unsere “Alma Mater” – haben wir bereits viele andere GründerInnen und MentorInnen kennengelernt, von denen wir auf unserer Reise viel lernen können. Außerdem sind durch die beiden Universitäten TUM und LMU viele talentierte Studierende in der Stadt, die das Recruiting erleichtern.

Munich Startup: Risiko oder Sicherheit?

Gesa Biermann: In unserer inhaltlichen Arbeit beschäftigen wir uns tatsächlich sehr zentral mit Risiken: den Risiken des Klimawandels. Hier wollen wir mehr Sicherheit für deutsche und später europäische Wälder schaffen und sie klimastabiler machen. Da dies schnell geschehen muss, war für uns die Gründung eines techfokussierten Startups mit schnellem Skalierungspotenzial die richtige Wahl.