Die Keynote von Jaron Lanier zum „Take-off Monday“ auf der Cebit beleuchtete die potentiellen Schattenseiten neuer Technologien. Die offizielle Eröffnung durch Bundeswirtschaftsminister Altmaier war dagegen weitestgehend positiv gestimmt.
Deutschland müsse mehr Jungunternehmen unterstützen, damit sie auch hier dauerhaft eine Heimat fänden und nicht noch mehr Startups ins Ausland verkauft würden, so Bundeswirtschaftsminister Altmaier. Und wir sollten junge Menschen ermuntern – zum Scheitern. Der Minister erntete für seine Rede viel Applaus, spannte er doch gekonnt den Bogen, um Startups wie etablierte Unternehmen einzubinden. Am meisten begeisterten seine abschließenden Worte: Er erzählte von seiner Vision des Alterns, wie er in seinem Wohnzimmer mit seinem smarten Serviceroboter (natürlich made in Germany) sitzen wird und ihn nach einem Bier schickt. Altmaiers Schlussworte jedoch sollten die Ängste vor künstlicher Intelligenz nehmen:
„Fürchtet euch nicht. […] Unsere Intelligenz ist die Entscheidende.“
Was Unternehmen und Gesellschaft also aus AI und Robotik, Smart Data und unbemannten Drohnen machen werden, wird sich noch zeigen. Was bereits alles möglich ist, zeigt sich beeindruckend auf der Cebit.
Roboter über Roboter
Da gibt es beispielsweise das KIT-Projekt „Second Hands“. Der humanoide Assistenzroboter, entwickelt unter anderem vom Karlsruher Institut für Technologie (KIT), arbeitet in Werkshallen Hand in Hand mit dem Menschen, erkennt, wenn ein Arbeiter Hilfe benötigt, hört aber auch auf Sprachbefehle und lernt durch KI kontinuierlich dazu.
Beeindruckend außerdem der von IBM und Airbus im Auftrag des DLR entwickelte KI-basierte interaktive Flugbegleiter, der für die internationale Raumstation ISS entwickelt wurde. Der „natürliche“ Astronauten-Assistent namens Cimon (Crew Interactive Mobile Companion) kann Stimmungen und Gefühle interpretieren und verbessert seine Reaktionen mit einer Kombination aus Deep Learning sowie Machine Learning.
Und ein Besuch bei SoftBank Robotics zeigt, wie einfach es ist, mit humanoiden Robotern wie „Pepper“ zu agieren. Zwar gibt es bei dem Lärmpegel einer Messe teilweise Verständigungsschwierigkeiten, so dass der sonst eher gut gelaunte Roboter sich rot verfärbt. Tatsächlich steht jedoch an vielen Ständen ein solcher Serviceroboter, da an ihnen vielfältige IoT- und Chatbot-Lösungen anschaulich demonstriert werden können. Und ein Publikumsmagnet ist Pepper allemal.
Future Mobility hat eine eigene Halle
Weg von den Robotern, hin zu autonomer Mobilität. Für die Messebesucher gibt es noch keine autonomen Busse, um von einem Messeende zum anderen zu kommen. In den Hallen selbst jedoch gibt es autonome Maschinen zuhauf. Da wäre e.GO Mobile, die einen großen Test-Parkour für ihr kleines E-Auto aufgebaut haben. In das größere Modell, den „people mover“, passen 15 Personen. Bis der Wagen autonom auf der Straße fährt wird es noch dauern. Theoretisch kann der Bus das bereits, nach einem kurzen Trainingszeitraum von drei bis vier Monaten habe er genug „gelernt“, so Günther Schuh, CEO des Unternehmens. Bis die Bevölkerung jedoch lerne und akzeptiere, dass autonomes Fahren sicherer ist als mit einem menschlichen Fahrer, werden wohl ein paar Jahre ins Land gehen.
Die Startups — heimliche Stars der Messe?
Und was machen die rund 350 Startup-Aussteller auf der Messe? Die sind, je nach Stadium, in der Scale11-Halle untergebracht. Viele kommen mit Tischecken auf den offiziellen Ständen der Ministerien oder der Bundesländer unter, so zum Beispiel auch die Münchner Startups accu:rate und Qolware. In anderen Hallen gibt es Verbände, die Startups mitpräsentieren. All das sind Möglichkeiten, um sich kostengünstig einem internationalen Publikum zu öffnen. Was haben die Unternehmen davon? Wir haben nachgefragt bei Fabio Marti, Director Business Development beim Münchner Startup Brabbler:
Was erwartet Ihr Euch von der Cebit?
Im Wesentlichen wollen wir unser Produkt exponieren und Feedback bekommen. Wir wollen sehen, wie die Kundschaft auf [den Messenger, d. Red.] ginlo reagiert. Es ist das erste Mal, dass wir öffentlich ausstellen. Das ist für uns ein Smoke Test. Konkret wollen wir natürlich auch Kundenkontakte mit nach Hause nehmen.
Glaubst Du, dass Ihr hier Geschäfte abschließen werdet?
Abschließen denke ich nicht. Hier wird der erste Schritt gemacht, wie es im B2B-Geschäft halt so ist. Es geht um Erstkontakte. Wir haben den deutschsprachigen Markt im Fokus, sind aber seit dem Start bilingual, also deutsch und englisch. Insofern ist das für uns hier auch eine Chance, um zu sehen, was aus dem internationalen Markt an Resonanz kommt.
Sind große Messen ein gutes Pflaster für Startups?
Es ist natürlich schwierig, wenn man im Vorfeld viele Termine vereinbaren möchte. Dazu braucht es ja eine gewisse Awareness vorab. Was interessant ist, ist die Laufkundschaft. Das ist ein direktes Feedback. Dafür ist es sicher das richtige Parkett.
Vielen Dank, Fabio!
Der Cebit Innovation Award und Ministerbesuch am Stand
Eine andere Art, viel Aufmerksamkeit zu erhalten, ist hoher Besuch am Stand. Davon konnte das Münchner Startup Crashtest Security profitieren. Bundesforschungsministerin Karliczek zeichnete das Jungunternehmen mit dem Cebit Innovation Award aus, und ließ sich danach das Produkt am Stand erklären. Wie kam das beim Startup an? Die lederbehosten Gründer erhoffen sich dadurch Publicity und dass in den nächsten Tagen mehr Interessierte auf das Startup zukommen.
Janosch Meier, Co-Founder bei Crashtest Security dazu:
Wisst Ihr schon, was Ihr mit dem Geldpreis macht?
Wir haben den mit 30.000 Euro dotierten 2. Platz gemacht. Das werden wir dazu nutzen, unser Unternehmen weiter aufzubauen. Wir suchen beispielsweise gerade jemanden im Vertrieb. Da können wir das Geld natürlich super gebrauchen.
Und wie war es für Dich, der Ministerin gerade Euer Produkt zu erklären?
Es ist eine ganz normale Messesituation. Ich versuche, das so verständlich zu machen, dass es auch Nicht-Techniker verstehen.
Heute ist ja der erste Tag der Cebit, wie läuft es an?
Ich habe bereits zwei gute Kundengespräche geführt. Unser Ziel, das wir uns gesteckt haben, sind 15 solcher Gespräche pro Person am Tag. Da ist also noch ein bisschen Luft. Aber schauen wir mal, was die nächsten Stunden und Tage noch bringen.
Vielen Dank, und weiterhin viel Erfolg, Janosch!
Insgesamt zeigt ein Gang durch die Startup-Halle, dass die Messe ruhig anläuft, sich gegen Mittag jedoch stetig füllt. Viele der ausstellenden Gründer sind optimistisch, dass sie gute Geschäftskontakte machen werden und sie durch die Präsenz auf der Cebit an Sichtbarkeit gewinnen. Denn oft nützen die Gründer nicht nur den Stand, sondern auch Foren mit größerer Strahlkraft wie Fachvorträge oder Podiumsdiskussionen, um ihr Unternehmen ins Rampenlicht zu rücken. Andere Startups sehen es etwas zurückhaltender und wollen mit einer Einschätzung, ob das neue Konzept der Cebit für sie aufgeht, abwarten.
Lernen, Vertrauen, Kollaboration
So schwankt die Cebit zwischen Euphorie und Zurückhaltung. Bejubelt werden die bahnbrechenden Innovationen. An allen Messeständen, auf jeder Bühne, fallen die gleichen Schlagworte: Wie wichtig Lernen und Skills sind — bei Maschinen und Menschen. Dass nur Vertrauen in die Technologie eine Akzeptanz bei der Bevölkerung schaffen kann — und wie Unternehmen und Politik daran arbeiten müssen. Und das beliebteste Schlagwort: Kollaboration. Über Grenzen hinweg, über Branchen hinweg, über eingefahrene Strukturen hinweg. Denn die Cebit ist und bleibt — trotz Konzerten und Show — eine Messe, auf der Geschäfte gemacht werden sollen.