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Die Auswirkung des Coronavirus auf die Wirtschaft

Der Ausbruch des Coronavirus in China und dessen Ausbreitung in weitere Staaten hat immer deutlichere Auswirkungen auf die Wirtschaft: Nicht nur chinesische Fabriken stehen still, auch globale Unternehmen wie Apple oder Microsoft nehmen ihre Umsatzprognosen zurück. Adidas, Hugo Boss und andere beklagen zudem Corona-bedingte Verluste. Der IWF hat daher seine Wachstumsprognose für die Weltwirtschaft nach unten korrigiert, ebenso die KfW für die deutsche Wirtschaft.

Der Fall Apple verdeutlicht, wie globale agierende Unternehmen von der Virus-Epidemie betroffen sind. Weil die Gefahr von Ansteckungen und somit eine weitere Verbreitung des Virus verringert werden sollte, wurden die Ferien zum chinesischen Neujahrsfest verlängert – auch außerhalb der betroffenen Provinz Hubei. Daher bleiben auch Werke der Apple-Fertiger Foxconn und Pegatron sowie der wichtigsten Zulieferer geschlossen, obwohl sich diese eigentlich in anderen Provinzen befinden. Somit kann Apple nicht so viele iPhones herstellen und verkaufen, wie geplant. Aus demselben Grund wurden viele Geschäfte — und auch die hauseigenen Stores der Firma — zeitweise geschlossen, was sich weiter negativ auf die Verkaufszahlen von Apple-Produkten auswirkte. Der Kurs der Apple-Aktie fiel in den Tagen nach der Rücknahme der Umsatzprognose deutlich um teilweise über 10 Prozent. Auch Microsoft musste nun eine Umsatzwarnung für seine Windows-Sparte herausgeben.

Das Problem mit den Lieferketten

Von diesen Maßnahmen sind so gut wie alle Unternehmen betroffen, die auf Zulieferer aus China vertrauen, ganz besonders jedoch dabei Autobauer, da ihre Lieferketten extrem verschachtelt sind. So haben große Zulieferer selbst zahlreche eigene Zulieferer, die sich ebenfalls auf andere Firmen verlassen. Die Süddeutsche Zeitung gibt etwa für Daimler an, dass das Unternehmen mit 213 Zulieferern zusammenarbeitet. Doch allein die zehn größten Firmen darunter erhalten selbst Teile von 588 Zulieferern, die wiederum bei mehr als 2900 weiteren Sub-Unternehmen einkaufen.

Natürlich sind auch Branchen, die nicht nur Teile sondern ganze Produkte in China fertigen lassen, betroffen. Allen voran die Modeindustrie produziert bekanntlich einen großen Teil ihrer Waren in Asien, bei Adidas sind es etwa 20 Prozent der Schuhe und Kleidung, bei Primark gar 40 Prozent. Fallen hier Lieferungen aus, wird das im Umsatz deutlich spürbar. Zudem erleben Marken aufgrund der Situation deutliche Einbußen auf dem chinesischen Markt: So haben etwa Adidas und Hugo Boss eine große Zahl eigener Filialen geschlossen. Under Armour wiederum beziffert den Corona-bedingten Verlust im Februar und März auf bis zu 60 Millionen US-Dollar, so die Absatzwirtschaft.

Der durch das Coronavirus bedingte Stillstand der chinesischen Wirtschaft hat Peking dazu veranlasst, die Schutzmaßnahmen Anfang Februar zumindest in Teilen wieder zu lockern. Dies ist hauptsächlich von der Region abhängig: So berichtete die Tagesschau, dass etwa das Werk des E-Auto-Konzerns Tesla in Shanghai seine Produktion wieder hochfahren durfte, während bei Foxconn die Anlagen im südchinesischen Shenzhen noch weiter stillstehen müssen. Da ein Containerschiff zum Beispiel von Hongkong nach Hamburg etwa ein Monat unterwegs ist, werden die Auswirkungen auf die Lieferketten erst jetzt langsam in Europa spürbar.

Bedenken in der deutschen ITK-Branche

Laut einer nicht repräsentativen Bitkom-Umfrage von Mitte Februar in der ITK-Branche befürchten viele deutschen Unternehmen Einbußen durch die Virus-Epidemie. So erwartet jedes vierte Unternehmen (25 Prozent) negative Auswirkungen auf das eigene Geschäftsergebnis in 2020 und jedes zweite (54 Prozent) sieht erhebliche Konjunkturrisiken für die deutsche Wirtschaft. Zudem erwarten 50 Prozent, dass sich die Krise um die Epidemie und die damit verbundenen Folgen weiter zuspitzen. Drei von zehn (29 Prozent) gehen davon aus, dass das Coronavirus die globale Wirtschaft in eine Rezession stürzt. Ebenso viele sehen die Digitalbranche von den Auswirkungen des Coronavirus als stark betroffen.

Jedes dritte der sich an der Umfrage beteiligenden Unternehmen (35 Prozent) hat Geschäftsbeziehungen zu Lieferanten und Partnern, jedes vierte (23 Prozent) Kunden und jedes achte (13 Prozent) Niederlassungen in China. Mit monatlichen Einfuhren im Wert von durchschnittlich mehr als 2 Milliarden Euro ist China der mit Abstand wichtigste deutsche Handelspartner bei Produkten der IT und Telekommunikation, so Bitkom. Gleichzeitig gehen pro Monat im Durchschnitt Exporte im Wert von etwa 150 Millionen Euro nach China.

Die Ausbreitung des Coronavirus beeinträchtigt die Wirtschaft auch, indem es in vielen Unternehmen zu Einschränkungen führt. Drei von zehn (30 Prozent) haben die Reisetätigkeit von Mitarbeitern nach China komplett eingestellt oder zumindest eingeschränkt. Jedes Dritte (34 Prozent) lässt seine Mitarbeiter gar nicht mehr oder nur noch eingeschränkt an Großereignissen wie Messen teilnehmen. Mache Messe, wie etwa der Mobile World Congress in Barcelona, werden sogar ganz abgesagt. Allgemeine Reisebeschränkungen gibt es in jedem fünften Unternehmen (19 Prozent). Jedes Vierte (23 Prozent) empfängt keine oder kaum noch Zulieferungen aus China. 5 Prozent haben Zulieferungen aus anderen Drittländern komplett eingestellt oder eingeschränkt. Jedes Sechste (16 Prozent) hat die Produktion eingeschränkt, 3 Prozent haben diese sogar komplett eingestellt.

Auswirkungen des Coronavirus auf die deutsche Wirtschaft

Laut der deutschen und der europäischen Handelskammer in China klagen inzwischen beinahe 90 Prozent der Firmen über „mittelschwere bis starke Auswirkungen“ durch die Lungenkrankheit. Dies stellten die beiden Kammern in einer gemeinsamen Umfrage unter ihren Mitgliedern fest. Die Hälfte müsse nun ihre Geschäftsziele anpassen und erwartet für die erste Jahreshälfte einen Einbruch im zweistelligen Prozentbereich. Ein Viertel der Firmen rechne sogar mit mehr als 20 Prozent Rückgang. 54 Prozent der befragten Unternehmen geben an, dass die Nachfrage eingebrochen sei. 46 Prozent beklagen sich über Zulieferengpässe.

„Die Corona-Epidemie ist ein Stresstest für die Wirtschaft, den einige Lieferketten mit starkem China-Fokus derzeit nicht bestehen. Die Auswirkungen des Virus sind in der globalen Wirtschaft und der exportorientierten deutschen Industrie deutlich zu registrieren. Die mehr als 5.000 deutschen Unternehmen in China sind derzeit in Beschaffung, Produktion und Absatz stark eingeschränkt“,

sagt auch BDI-Hauptgeschäftsführer Joachim Lang.

Aufgrund des Ausbruchs des Coronavirus rechnet die KfW für die gesamte deutsche Wirtschaft damit, dass sich die Stagnation im ersten Halbjahr fortsetzt. Mit einem spürbaren Anziehen der Quartalswachstumsraten ist erst wieder ab dem Sommer zu rechnen. Für das gesamte Jahr 2020 erwartet KfW Research infolgedessen einen Anstieg des BIP von nur noch 0,8 Prozent (Vorprognose: +0,9 Prozent). Dabei stützt sich KfW Research auf die Annahme, dass die Corona-Epidemie schwerpunktmäßig auf China begrenzt bleibt und in einigen Wochen abflauen wird. Danach sollte sich die chinesische Wirtschaft relativ rasch wieder normalisieren, bevor es zu massiven Behinderungen in den globalen Wertschöpfungsketten kommt. Die Abwärtsrisiken wegen des neuen Virus sind allerdings erheblich, warnt Fritzi Köhler-Geib, Chefvolkswirtin der KfW:

„Sollte die Corona-Epidemie länger andauern und auch andere Weltregionen stärker in Mitleidenschaft ziehen, werden gravierende Auswirkungen auf den Außenhandel und die Wertschöpfungsketten wahrscheinlicher, denen die deutsche Industrie besonders ausgesetzt ist. Die Situation in Italien macht mir deshalb Sorgen.“

Internationale Auswirkungen

Auch der Internationale Währungsfonds IWF hat inzwischen auf den Ausbruch der Krankheit reagiert und seinen Ausblick angepasst: Anstatt des bisher für 2020 erwarteten globalen Wirtschaftswachstums von 3,3 Prozent rechnet der Fonds nun nur noch mit 3,2 Prozent. Auch hier geht man davon aus, dass die chinesische Wirtschaft im zweiten Quartal zur Normalität zurückkehren kann.