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Phelas: Verflüssigte Luft als nachhaltiger Stromspeicher

Phelas entwickelt einen Energiespeicher, der mit verflüssigter Luft arbeitet. So soll aus erneuerbaren Quellen generierter Strom nachhaltig und dezentral bereit gehalten werden und rund um die Uhr zur Verfügung stehen. Wir haben mit dem Gründerteam gesprochen.

Munich Startup: Wer seid Ihr und was macht Ihr? Stellt Euch bitte kurz vor!

Phelas: Mit Phelas entwickeln wir den zentralen Lösungsbaustein für die Energiewende: Ein modulares, massengefertigtes und günstiges Stromspeichersystem für Industrie, Energieerzeuger und Netzbetreiber.

Wir sind Justin Scholz (27), Pit Sippel (36), Christopher Knoch (29) und Leon Haupt (27), die Gründer von Phelas. Um dieses ehrgeizige Ziel zu erreichen, arbeiten wir als Team in drei Hauptbereichen von Phelas zusammen. Justin Scholz und Christopher Knoch verantworten Unternehmens- und Geschäftsentwicklung, Finanzierung, Rekrutierung und Networking. Leon Haupt ist für die technisch-wirtschaftliche Modellierung der Energiespeicherung und die Entwicklung von Geschäftsmodellen für die Energiespeicherung zuständig. Dr. Pit Sippel und Florian Kaufmann treiben Verfahrenstechnik und Entwicklung, Planung und Umsetzung des Demonstrators und der Pilotanlage voran. Wir zeichnen uns durch unsere gemeinsamen Werte aus – einige von uns kennen sich schon sehr lange und unsere Vision vereint uns: Wir wollen, dass 100 Prozent erneuerbare Stromerzeugung zum Selbstläufer wird. Das fehlende Puzzlestück, um das zu erreichen, ist Stromspeicherung. Wir bauen dieses Puzzlestück.

Energiespeicher können ein Hauptproblem erneuerbarer Energien lösen

Munich Startup: Welches Problem löst Euer Startup?

Phelas: In den letzten 20 Jahren hat die Welt Fortschritte bei der Senkung der Kosten für die Produktion erneuerbarer Energien gemacht, aber es fehlen immer noch skalierbare, nachhaltige Speicheroptionen, um den Energiesektor vollständig zu dekarbonisieren.

Photovoltaik und Windkraft stehen bei der Integration in das Stromnetz vor großen Herausforderungen. In der Vergangenheit wurden Schwankungen der elektrischen Last durch die Steuerung der konventionellen Kraftwerke ausgeglichen. Aufgrund der natürlichen Fluktuation von erneuerbaren Energiequellen stellt dies heute keine ausreichende Option mehr dar. Dieser Trend wird als „Flexibilitätslücke“ bezeichnet. Energiespeicher können dieses Problem lösen und die notwendige Flexibilität ins Netz einbringen.

Die Nachfrage nach Energiespeicherung wird sich deshalb aufgrund des gemeinsamen Ziels, Treibhausgasemissionen zu verringern und erneuerbare Energien auszubauen, gleichmäßig über die ganze Welt verteilen. Wir sorgen mit der Entwicklung des massenfertigbaren Flüssigluftspeichers dafür, dass hier eine nachhaltige, skalierbare und ressourceneffiziente Technologie zur Verfügung steht, um den Wechsel zu 100 Prozent erneuerbarer Energie nachhaltig zu gestalten.

Munich Startup: Aber das gibt’s doch schon längst!

Phelas: Ja und Nein. Ja, wir sehen viele Unternehmen, die verschiedenste Energiespeichertechnologien entwickeln. Lithium-Ionen-Batterien sind hier am prominentesten und erfahren aktuell den größten Aufschwung. Die Marktanalyse zeigt allerdings auf, dass die Nachfrage nach Lithium-Batterien, sowohl für den stationären Bereich, als auch den mobilen Bereich, kritisch mit Bezug auf den Ressourcenverbrauch und Nachhaltigkeit zu betrachten ist.

Nein, denn keine der existierenden Technologien bietet einen so entscheidenden Kostenvorteil für große Energiemengen bei gleichzeitig kleiner zyklischer Abnutzung, hoher Modularität und Transportabilität und hervorragender Umweltverträglichkeit wie Phelas. Hier wollen wir ein weiteres wirkungsvolles Werkzeug für die Energiewende liefern.

Munich Startup: Was waren bisher Eure drei größten Herausforderungen?

Phelas: Zeit: Phelas startete lediglich mit einer Idee. Diese Idee wurde über knapp zwei Jahre hinweg weiterentwickelt. Dies geschah meist neben unserer regulären Arbeit. Wir investierten viel Zeit an den Abenden und Wochenenden, um unsere Vision voranzutreiben. Die Geduld und Ausdauer hat sich bisher ausgezahlt, sodass wir nun bald die ersten Früchte tragen und alle zusammen in Vollzeit an der Entwicklung arbeiten können. Dies wird uns nochmal einen erheblichen Schub geben.

Vertrauen: Der Energiesektor ist sehr stark durch Sicherheit und Zuverlässigkeit geprägt. Dies ist auch gut verständlich: Er bildet die lebenswichtige Versorgung unserer Wirtschaft. Und um hier mit einer neuen Technologie Fuß zu fassen, bedarf es eines sehr großen Vertrauensvorschusses, den wir uns weiterhin hart erarbeiten müssen, um zum einen Kunden zu gewinnen und Finanzierung zu sichern.

Bürokratie: Das Startup-Leben bringt einen bunten Blumenstrauß an Aufgaben mit sich, welche sich nur noch nebensächlich mit dem eigentlichen Produkt befassen. Wir merken, dass gerade hinsichtlich der Förderung, der Gründung und schließlich auf dem Weg zur ersten Investitionsrunde viele bürokratische Hindernisse liegen und Fallstricke lauern. Hier zahlt sich ein größeres, breit aufgestelltes Gründerteam wirklich aus. Zusätzlich mit dem Know-how aus den Accelerator-Programmen können wir diese Herausforderungen meistern und das Fundament für eine nachhaltig, wachsende Unternehmensstruktur bauen.

„Der Standort München hat bisher viel zur Geschichte von Phelas beigetragen“

Munich Startup: Wo möchtet Ihr in einem Jahr stehen, wo in fünf Jahren?

Phelas: In einem Jahr arbeiten wir an der Finalisierung des Demonstrators und können parallel schon einen Partner für das Pilotprojekt aufweisen. Wie bereits gesagt, Vertrauen in die Technologie ist ein Schlüssel zum Erfolg im Energiesektor. Der Demonstrator und das Pilotprojekt sind deshalb wesentliche Meilensteine auf dem Weg zur Kommerzialisierung.

In fünf Jahren werden wir bereits kommerzielle Systeme ausliefern. Der Fokus wird in 5 Jahren in der Akquise von neuen Projekten, sowie Scale-up der Produktion liegen.

Munich Startup: Wie schätzt Ihr den Startup-Standort München ein?

Phelas: Der Standort München hat bisher viel zur Geschichte von Phelas beigetragen. Zunächst kommen drei der vier Gründer hierher und uns verbindet somit die gemeinsame Heimat. Für Phelas aber noch viel wichtiger ist die Unterstützung der TU München, welche wir bereits in der frühen Phase bekommen haben. Dadurch haben wir nochmal einen besseren Zugang zu dem bestehenden wirklich starken Netzwerk vor Ort aus Industrie und Forschung bekommen. Daneben merken wir bereits jetzt, dass der Standort München für viele Internationale Top-Talente attraktiv ist – wir sprechen mit potenziellen Teammitgliedern aus der EU und außerhalb der EU.

Munich Startup: Schneller Exit oder langer Atem?

Phelas: Definitiver langer Atem! Unsere Technologie hat das Potenzial, die Speicherlandschaft der Zukunft nachhaltig und global mit zu gestalten. Wir sind an einem wichtigem Wendepunkt in unseren Energiesystemen, was bedeutet, dass die nächsten Jahre und Jahrzehnte gerade für Energiespeicher sehr spannend sein werden. Unser Anspruch ist es, hierbei eine Führungsrolle zu übernehmen – das geht nur mit wirklich langem Atem.