Quelle: Shquared

Shquared: Airbnb und Tinder für Gewerbeflächen

Das Münchner Startup Shquared hat eine Plattform entwickelt, um Gewerbeflächen effizienter zu nutzen. Durch eine geteilte Raumnutzung sollen BetreiberInnen Kosten und Risiko reduzieren, und gleichzeitig die Städte vielfältiger werden. Ein Update-Interview mit Daniela Weinhold, einer der Mitgründerinnen des Startups.

Munich Startup: Daniela, vor zwei Jahren haben wir uns das letzte Mal gesprochen. Damals wart Ihr mitten in Eurer Crowdfunding-Kampagne, bei der Ihr erfolgreich 30.000 Euro eingesammelt habt. Was waren seitdem Eure wichtigsten Meilensteine?

Daniela Weinhold: Unsere Erfolge nennen wir „Prosecco-Momente“ – davon gab es in den letzten zwei Jahren reichlich viele. Wir sind mittlerweile zum Beispiel elf Leute im Team, die daran arbeiten die Flächenproduktivität zu erhöhen. Wir haben die ersten erfolgreichen Matches und andere spannende Projekte und Vorhaben rund um effiziente Flächennutzung.

Zuhause sind wir im Impact Hub München. Hier haben wir mit der Startrampe ein Accelerator-Programm gefunden, das unfassbar gut zu uns passt und uns bei Fragen rund ums Wachstum sehr eng begleitet und stützt.

Nutzung mit geteilten Kosten – und geteiltem Risiko

Munich Startup: Eure Plattform ist mittlerweile live. Für alle, die Euch noch nicht kennen, welchen Mehrwert bietet Ihr?

Daniela Weinhold: Wir sind eine Mischung aus Airbnb und Tinder für Gewerbeflächen. Shquared vermittelt und „matcht“ diejenigen, die ihre Fläche teilen möchten, mit denen, die eine Fläche für ihr Vorhaben suchen. Dabei geht es um bestehende gewerblich genutzte Flächen wie beispielsweise Gastronomie, Blumenläden, Werkstätten, Diskotheken oder ähnliches.

All diese Flächen werden nur teilweise genutzt und stehen oft zeitweise leer. Diese Leerzeiten gilt es mit passenden weiteren Betreibern zu bespielen. So erhöhen wir die Flächenproduktivität und die Nutzer teilen gleichzeitig die Kosten und auch Risiken. So können wir mehr Diversität in unsere Stadt bringen, die Lebensqualität der Bewohner erhöhen, innovative Ideen verwirklichen und Möglichkeiten schaffen, die vorher undenkbar waren. Zum Beispiel einfach nur zwei Tage in der Woche ein Frühstückscafé zu führen, zu ausgewählten Terminen eine Bar schmeißen oder vormittags Selbstgemachtes in einer Bar zu verkaufen.

Vor allem in einer Stadt wie München, in der Fläche rar und teuer ist, müssen wir kreativ sein! Wir schaffen neue Möglichkeiten, dem Flächenmangel ein Schnippchen zu schlagen und bespielen unsere Flächen einfach doppelt und dreifach. Eigentlich ganz easy.

Dabei unterstützen wir von Shquared den gesamten Vermittlungsprozess mit rechtlicher Expertise und schaffen einen sicheren Rahmen, um gute Flächenpartnerschaften zu schaffen. Diese Partnerschaften können sowohl kurz- als auch langfristig sein.

Shquared: „Die Leute möchten loslegen“

Munich Startup: Durch die Corona-Krise ist Euer Geschäftsmodell einerseits betroffen, andererseits bietet gerade Euer Konzept großartige Chancen für die kommende Zeit. Wie seid Ihr mit der Krise umgegangen? Welche unmittelbaren Potenziale seht Ihr?

Daniela Weinhold: Wir haben festgestellt, dass viele die Ideen im Hinterstübchen hatten. Und nun haben sie wieder die Zeit gefunden, diese hervorzukramen und zu konkretisieren. Die Pläne vom eigenen Café werden konkretisiert, denn der vermeintlich sichere Arbeitsplatz hat sich als doch gar nicht so krisensicher herausgestellt.

Aber die Vermittlungen blieben erstmal aus, denn in unsicheren Zeiten trauen sich nur die wenigsten den Schritt ins Neue zu wagen. Und so haben wir unsere Energie auf die technische Entwicklung verlagert, ein paar Schritte im Research nach hinten verschoben und möglichst viel digitalisiert.

Jetzt merken wir, dass die Leute keine Lust mehr haben zu warten, sondern loslegen möchten. Zwar hat sich der Zeithorizont geändert und es geht mehr in Richtung kurzfristige, mittelfristige Parallelnutzungen statt wirklich langfristiger Commitments. Aber wir haben unser Modell daraufhin angepasst und sind nun auch für beispielsweise Pop-ups die richtige Plattform.

Die Krise zeigt uns deutlich, dass wir besser aufgestellt sind, wenn wir Kosten und Risiken auf mehrere Schultern verteilen. Fällt das eine Geschäftsmodell aus, so kann vielleicht das andere weiterlaufen und man kann Krisen gemeinsam meistern. Solidarität ist in Krisen immer das angebrachte Mittel der Wahl. Wir sehen also ein deutliches Potenzial darin, sich für die Zukunft mehr zusammenzutun. Zamhalten, Ellbogen einfahren und und Synergien schaffen!

„Wir passen in keine klassischen Finanzierungsprozesse“

Munich Startup: Was ist gerade das herausforderndste Thema für Shquared?

Daniela Weinhold: Die Finanzierung ist und bleibt das herausforderndste Thema für uns. Als Purpose-Unternehmen, das sich langfristig ausrichtet und nicht den schnellen Exit sucht, ist es doppelt schwierig passende Finanzierungsformen zu finden. Wir sind hier sehr alternativ unterwegs und passen einfach in keine klassischen Finanzierungsprozesse. So hangeln wir uns von einer kleinen Finanzierung zur nächsten und wachsen nachhaltig aus unseren eigenen Umsätzen. So bleibt Shquared unabhängig und wir haben die Freiheit, uns dorthin zu entwickeln, wo wir hin möchten. Das ist aber harte Arbeit, und jeder Euro, den wir ausgeben, ist schwer verdient.

Hier wünschen wir uns für die Zukunft einfachere Finanzierungsinstrumente, die mehr auf Vertrauen und Menschenkenntnis fußen, statt auf kalten Kalkulationen. Aber natürlich warten wir nicht einfach ab, bis so etwas passiert. Sondern wir arbeiten selbst aktiv an solchen Strukturen und schaffen gemeinsam mit dem Impact Hub und der Startrampe einen Mechanismus für Impact-Startups, die sich gemeinsam tragen.

Munich Startup: Ihr habt Euch zur Gründung eines Purpose-Unternehmen entschieden. Was ist der Unterschied zu einem normalen Startup?

Daniela Weinhold: Faktisch ist Shquared eine GmbH, die 1% der Stimmrechte an die Purpose-Stiftung abgegeben hat. Damit haben wir die Purpose-Stiftung als Kontroll-Gesellschafter mit in den Gesellschafterversammlungen sitzen. Diese kümmert sich ausschließlich darum, dass unsere Entscheidungen zweckmaximierend getroffen werden und nicht gewinnmaximierend. Um das sicher zu stellen, dürfen wir

  1. keine Gewinne privatisieren – sprich, an die Gesellschafter ausschütten – und
  2. keine Stimmrechte an Menschen abgeben, die nicht aktiv am Unternehmen beteiligt sind.

Die Folgen davon sind, dass wir ein Versprechen an unsere Kunden, Investoren, Mitarbeiter geben, dass wir uns in unserem Unternehmen darum kümmern, Flächen effizienter zu nutzen. Und nicht darum, möglichst viel Geld zu verdienen, das dann in der Tasche der Gesellschafter landet. Alle Beteiligten können sich darauf verlassen und uns vertrauen. Denn wir haben uns in unserem Gesellschaftervertrag mit der Purpose-Stiftung für immer darauf committed. Wer sich mehr dafür interessiert, warum wir das gemacht haben, kann gerne in unserem Blogartikel darüber lesen.

Wechselnutzung als neues städtebauliches Instrument

Munich Startup: Wo wollt Ihr in einem Jahr stehen, wo in fünf?

Daniela Weinhold: Mei, Pläne kann man viele machen. Aber wie es dann kommt weiß keiner. Wir nehmen uns vor, in einem Jahr über die Münchner Grenze hinaus tätig zu sein und tolle Parallelnutzungen vermittelt zu haben. In fünf Jahren möchten wir grundsätzlich genau das Gleiche tun und bereits neue Bauvorhaben beraten! So würden Flächen von Anfang an in Parallelnutzung gedacht werden.

Wir möchten Parallelnutzungen und Wechselnutzungen als neue städtebauliche Instrumente etabliert haben. Und wir wollen Städte und Gemeinden dabei unterstützen, auch städtische Flächen effizienter zu nutzen. Wir müssen schlauer mit der Ressource Raum umgehen, denn wir alle brauchen sie zum wohnen, zum leben und zum arbeiten. Shquared hat sich auf die Fahne geschrieben, durch effiziente Flächennutzung für mehr Diversität in der Stadt zu sorgen, weil wir wissen, dass Selbstverwirklichung und ein selbstbestimmtes Leben und Arbeiten nur mit dem entsprechenden Raum möglich ist. Darum werden wir uns kümmern. Wir werden sehen, wie schnell Shquared wachsen wird. Aber solange wir daran arbeiten, Flächen effizienter zu bespielen, sind wir auf dem richtigen Weg.

Munich Startup: Was ist Deiner Meinung nach der ausschlaggebende Faktor für eine nachhaltige und erfolgreiche Unternehmensentwicklung?

Daniela Weinhold: Die Identifikation mit dem Unternehmenszweck. Jedes Teammitglied muss sich mit dem Unternehmenszweck identifizieren können, damit gute Ideen entstehen, aber auch Strapazen ausgehalten werden können. Persönlich glaube ich daran, dass die eigene Motivation unbedingt mit dem Unternehmenszweck einhergehen muss und man sich von monetären Zielen lösen muss. Ich stelle tatsächlich nicht eine Sekunde in Frage, ob sich unser Business von selbst tragen kann, weil ich komplett davon überzeugt bin, dass das, was wir tun, richtig ist. Qualität hat immer einen Markt. Deshalb ist es wichtig, sich um Qualität zu kümmern. Und Qualität kommt nicht von ungefähr, sondern ist Know-how, unbändiges Interesse und, nicht zu vergessen, Improvisationstalent. Wenn man etwas möchte, gibt es immer einen Weg.