Das Sinpex-Gründerteam Jannik Metzner und Camillo Werdich.
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Kampf gegen Geldwäsche: Sinpex automatisiert die Kundenprüfung

Zentral für den Kampf gegen Geldwäsche ist der sogenannte “Know-Your-Customer”-Prozess, bei dem die Identität der KundInnen überprüft wird. Bislang erforderte dies viel Handarbeit – das Münchner Startup Sinpex automatisiert den Prozess nun. Co-Founder und CEO Camillo Werdich erklärt im Interview die Hintergründe.

Munich Startup: Was macht Euer Startup? Welches Problem löst Ihr? 

Camillo Werdich, Sinpex: In Deutschland werden jährlich rund 100 Milliarden Euro gewaschen. Um das zu verhindern, beschreibt das deutsche Geldwäschegesetz (GWG) Prozesse, die Banken und Unternehmen in die Pflicht nehmen, um neue GeschäftskundInnen zu legitimieren. In diesem sogenannten “Know-Your-Customer”-Prozess (KYC-Prozess) wird die Identität von KundInnen festgestellt und die Berechtigung zur Geschäftsfähigkeit überprüft. Das dürfen zum Beispiel solche Personen nicht, die auf Sanktionslisten, wie die von der EU gegen Russland, stehen. Und das ist nur einer von vielen Punkten, die im KYC-Prozess geprüft werden müssen. Dieser Prozess ist aktuell überaus zeitraubend. Bei den meisten Unternehmen dauert die Überprüfung von neuen GeschäftspartnerInnen nicht selten ein paar Tage oder sogar mehrere Wochen. Und da kommen wir mit Sinpex ins Spiel.

Sinpex setzt hier an: unsere Cloud-basierte Software beschleunigt diesen Prozess um ein Vielfaches – was früher Tage gedauert hat, geht jetzt mit Sinpex in Minuten.

Munich Startup: Aber das gibt’s doch schon längst!

Camillo Werdich: Bisher ist es niemandem gelungen, den KYC-Prozess im B2B-Bereich in diesem Maße zu automatisieren. Durch unseren End-to-End-Ansatz unserer Software reduzieren wir den manuellen Aufwand um bis zu 80 Prozent und senken damit auch die Kosten maßgeblich. Darüber hinaus erhöht unsere Technologie dank künstlicher Intelligenz und Natural-Language-Processing auch die Genauigkeit bei der Legitimierung von Geschäftsbeziehungen, menschliche Fehler sind somit ausgeschlossen.

Unternehmen wie Noventi, PWC oder Deloitte nutzen unsere Software

Munich Startup: Was ist Eure Gründungsstory?

Camillo Werdich: Vor der Gründung von Sinpex arbeitete ich als Projektleiter bei einer Wirtschaftsprüfungsgesellschaft im Bereich Digitalisierung und Compliance und war für die manuelle Überprüfung tausender Kundendaten einer Großbank verantwortlich – ein schier endloser Prozess. Nach ein paar Wochen war mir klar: Das muss auch einfacher gehen. Also schrieb ich einen ersten Algorithmus, der den Datenabgleich von Wochen auf wenige Stunden verkürzte. Daraus entwickelte ich eine eigene Geschäftsidee und ich tat mich mit Forschern aus der ganzen Welt zusammen, um den Algorithmus weiterzuentwickeln.

2019 gründete ich dann gemeinsam mit unserem heutigen CTO Jannik Metzner unser Startup Sinpex in München. Nachdem wir den HSG Entrepreneurial Champion Award mit Sinpex gewonnen haben, nahm ich am Swissnex-Programm in San Francisco teil und konnte in den ersten zwei Wochen im Silicon Valley den ersten Investor für meine Geschäftsidee gewinnen. Seither sind wir stark gewachsen und Unternehmen wie Noventi, PWC oder Deloitte nutzen jetzt schon unsere Software, um die Anforderungen der Geldwäscheprävention zu erfüllen.

Munich Startup: Was waren bisher Eure größten Herausforderungen? 

Camillo Werdich: Es mag wie ein Luxusproblem klingen, aber herausfordernd ist aktuell unser Wachstum. Wir erhalten viele Anfragen zur Automatisierung des KYC-Prozesses. Gründe dafür finden sich unter anderem in den derzeitigen Russland-Sanktionen, aber auch im neuen Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz, das Unternehmen verpflichtet, Menschenrechts- und Umweltrisiken in der Lieferkette zu bewerten, zu mindern und zu überwachen. Ich bin stolz auf die Leistung unseres Teams! Ich sehe jedoch auch das Bedürfnis unseres Teams, als Unternehmen organisch und in der richtigen Geschwindigkeit zu wachsen.

Sinpex bedient „eine Nische, die relevanter ist denn je“

Munich Startup: Wo möchtet Ihr in einem Jahr stehen, wo in fünf Jahren? 

Camillo Werdich: Im Moment konzentrieren wir uns auf die DACH-Region und möchten innerhalb eines Jahres der führende One-Stop-Shop-Anbieter für den Know-Your-Customer-Prozess werden. Schon jetzt ist unsere Technologie weltweit einsetzbar – daher planen wir natürlich auch international zu wachsen.

Munich Startup: Wie habt Ihr den Startup-Standort München bisher erlebt? 

Camillo Werdich: München ist für uns ein Top-Standort, um ein Startup zu gründen. Zum einen sind die Netzwerkmöglichkeiten ausgezeichnet und es gibt ein gutes Ökosystem mit den Universitäten. Gerade für unser technologiegetriebenes Geschäftsmodell ist die Nähe zu den Münchner Innovations- und Gründerzentren der Technischen Universität ein klarer Vorteil gegenüber anderen Städten wie Berlin oder Frankfurt. Zum anderen ist vor Ort auch eine Infrastruktur mit ausreichend Risikokapital vorhanden, wie eine aktuelle Studie der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft EY belegt.

Munich Startup: Hidden Champion oder Shooting Star?

Camillo Werdich: Ich würde uns eher als Hidden Champion bezeichnen. Das Problem, das wir mit Sinpex lösen, ist gesellschaftlich relevant und hochaktuell. Aufgrund der Entwicklungen müssen viele Unternehmen neu bewerten, ob sie mit ihren bisherigen KundInnen überhaupt noch Geschäfte machen dürfen. Gleichzeitig ist unser Produkt aber nicht für die breite Masse gedacht, sondern im B2B-Bereich angesiedelt – wir bedienen eine Nische, die aber relevanter ist denn je.