Foto: Franzi Majer

Women in Tech: Franzi Majer von Superangels

Franzi Majer ist seit 2012 Unternehmerin und Seriengründerin. Während ihres Studiums der Politik- und Kommunikationswissenschaften mit Wirtschaftspsychologie an der LMU arbeitete sie jedoch erst als Assistentin von Helmut Markwort bei Burda. Nach ihrem Magister war sie fünf Jahre in der Strategieberatung bei McKinsey angestellt. 2012 gründete Majer ein Food-Startup. Nun ist sie fast zehn Jahren im Tech-Bereich unterwegs. Zuerst mit Videdressing, dann mit Catchys. Nun hat sie gemeinsam mit anderen Superangels gegründet, und ist als Investorin aktiv.

Munich Startup: Was hat Dich zur Gründung motiviert – damals bei Catchys, aber auch jetzt, bei Superangels?

Franzi Majer: Es ist einfach ein großartiges Gefühl ein neues Produkt, eine Firma von 0 aufzubauen und bei jedem Entwicklungsschritt dabei zu sein. Die Möglichkeit zu haben, sich mit genau den richtigen Leuten zusammenzutun, ein Team aufzubauen, das bei allen Herausforderungen, die so ein Startup mit sich bringt, zusammenhält und die Extrameile geht, finde ich wahnsinnig befriedigend. Außerdem war ich schon immer eher Generalist. Ich liebe es, mich immer wieder in neue Themen reinzufuchsen. Das ist gerade am Anfang einer Gründung von Vorteil, da man erst einmal alles selbst starten muss – bis dann irgendwann genug Geld da ist, um ein Team aus Experten zusammenzustellen.

Unterschiedliche Persönlichkeiten bringen Diversität ins Team

Munich Startup: Welche Vorteile bringen Deiner Ansicht nach divers aufgestellte Gründungs- oder auch VC-Teams mit sich?

Franzi Majer: Divers aufgestellte Teams sind bei jedem Projekt wichtig und bringen viele Vorteile. Egal ob in Startups, bei VCs, in Großkonzernen oder bei Einzelprojekten. Bevor ich auf die Vorteile eingehe, ist für mich aber vielmehr die Frage wichtig, wie man Diversität definiert.

Auch wenn das Interview unter der Sparte “Women in Tech“ läuft: Diversität macht sich – und das ist nur meine ganz persönliche Meinung – nicht anhand von unterschiedlichem Geschlecht, sozialer Herkunft oder Kultur, sondern allem voran an der Persönlichkeit fest. Ein diverses Team ist ein Team, das unterschiedliche, teils komplett konträre Menschen vereint. Jeder sieht die Welt mit anderen Augen, geht unterschiedlich an Probleme ran und mit ihnen um. Diese unterschiedlichen Persönlichkeiten zusammenzubringen, um für die gleiche Sache zu kämpfen, bringt meines Erachtens die größte Energie in ein Team und damit auch die besten Ergebnisse.

Bei meiner Mitarbeiterauswahl war das immer der entscheidende Aspekt. Passt dieser Mensch ins Team, ergänzt er sich mit den anderen und: Ist er für Startups gemacht? Divers ist ein Team für mich dann, wenn die unterschiedlichsten Charaktere mit all ihren Stärken und Schwächen gemeinsam zu den besten und am Ende kreativsten Lösungen kommen, weil alle Perspektiven berücksichtigt werden. Diversität anhand von Geschlecht oder anderen offensichtlichen Merkmalen zu erzwingen, geht meines Erachtens in die falsche Richtung, weil sie nicht den jeweiligen Menschen in den Mittelpunkt stellt.

Munich Startup: Wann und wo bekommst Du die besten Ideen?

Franzi Majer: Oh, das ist einfach: Beim Rennradfahren irgendwo im bayerischen Niemandsland…oder beim Gassigehen mit meinem Hund.

Munich Startup: Was sind Deine 3 liebsten Arbeitstools?

Franzi Majer: Hubspot, Slack und Evernote.

Franzi Majer: Viele sind zu bescheiden beim Pitchen

Munich Startup: Dein Top-Tipp zum Thema “Pitchen”?

Franzi Majer: Sales, Sales, Sales und das überzeugend! Beim Pitchen, egal ob beim Fundraising für ein Startup, einen VC Fonds oder irgendein anderes Projekt: Wenn ich etwas verkaufen will, muss ich auch zeigen, dass mein Produkt das Beste ist. Und ich muss zeigen, dass mein Team und ich gleichzeitig die Besten sind, es umzusetzen und richtig groß zu machen.

Beispiel Startups: Nun unterstelle ich mal jedem Gründer, dass er selbst von seiner Idee überzeugt ist. Sonst würde er nicht gründen. Ich glaube aber, dass viele zu bescheiden auftreten beim Pitchen. Dann merkt das Gegenüber im Zweifelsfall gar nicht, wie sehr man für die Sache brennt. Bescheidenheit ist hier aber völlig fehl am Platz. Das heißt nicht, dass man größenwahnsinnig auftreten soll. Aber die Gefahr besteht in Europa sowieso eher weniger. Gleichzeitig – und das vernachlässigen leider immer noch viele beim Pitchen: Belegt so viel ihr könnt mit Zahlen! Falls ihr selbst von eurer Firma noch keine zeigen könnt, weil ihr noch nicht auf dem Markt seid: Zeigt Planzahlen, Marktdaten, Wettbewerberanalysen inklusive Zahlen (falls vorhanden), Kundenanalysen, etc. Und noch wichtiger: Habt die Zahlen im Griff und seid auf kritische Rückfragen vorbereitet.

Munich Startup: Erscheint es Dir gerade als eine gute Zeit, um zu gründen? Warum?

Franzi Majer: Definitiv! Das Marktumfeld ist zwar insgesamt deutlich schwieriger für Startups, nicht nur was Fundraising betrifft. Gleichzeitig ist weiterhin ausreichend Kapital auf dem Markt. Daher haben überzeugende Ideen und Teams weiterhin sehr gute Chancen, finanziert zu werden. Gerade im Pre-Seed- und Seed-Bereich sieht es hier durchaus positiv aus.

Für größere Wachstumsfinanzierungen (also alles ab Series A+) ist der Markt gerade schwieriger. Es ist also tatsächlich eine sehr gute Zeit zu gründen. Denn bis man eine größere Wachstumsfinanzierung benötigt, hat sich der Markt im Zweifel schon wieder erholt.

Es fehlt die Brücke zu den Corporates

Munich Startup: Was könnte aus Deiner Sicht am Startup-Standort München noch verbessert werden?

Franzi Majer: Erst einmal muss ich sagen, dass sich in den letzten Jahren sehr, sehr viel zum Positiven entwickelt hat. Wenn ich an meine erste Gründung 2012 zurückdenke… Damals gab es eher lose lokale Gründer-Netzwerke, kleinere und sehr seltene Pitch-Veranstaltungen. Es war insgesamt viel schwieriger, Zugang zum Netzwerk zu bekommen. Das hat sich im Laufe der Zeit rasant geändert. Schaut man sich allein die Entwicklung der ‚Bits & Pretzels‘ an, die zahlreichen Gründer- und Investorenstammtische, diverse andere Tech-Summits, teils von Investoren, teils von Gründern initiiert. Und jetzt dieses Jahr zum ersten Mal: Das Munich Startup Festival!

All diese Events stärken das lokale Ökosystem. Sie fördern den Austausch und schaffen langfristig die perfekte Basis, dass sich München weiterhin als einer der besten Standorte für Startups behauptet. Früher konnte man das an einer Hand abzählen. Heute muss man eher genau auswählen, wo man hingeht, weil die Möglichkeiten so zahlreich sind. Ein echtes Luxusproblem.

Was mir aber immer noch fehlt, ist die Brücke zu klassischen erfolgreichen Corporates, die wir in München in einer besonders hohen Konzentration haben, und innovativen Startups und Investoren. Ich bin der Meinung, dass hier immer noch ein riesiges Potenzial schlummert, das nur durch einen intensiven Austausch genutzt werden kann. Auch hier passiert Einiges, aber es besteht noch Nachholbedarf. Gerade weil wir in München hier auf beiden Seiten so gut aufgestellt sind.

München muss international mehr in den Vordergrund

Und München an sich muss sich noch stärker auf internationalem Level in den Vordergrund stellen. Wir haben gerade in Bereichen wie Tech- und Deep-Tech einige sehr innovative Firmen – und das müssen wir auch ganz offensiv kommunizieren. Wer das nicht macht, wird nicht gehört und ist somit nicht relevant.

Munich Startup: Welche Investorin oder welchen Investor würdest Du gerne einmal persönlich treffen? Und was würdest Du sie oder ihn fragen?

Franzi Majer: Andy von Bechtholsheim. Die Frage wäre ganz klar: Ab wann wir ihn als Superangel bei uns begrüßen dürfen, was unser erster gemeinsamer Deal wird und wie viel eigenes Kapital er gerne in unseren Fund investieren möchte. Natürlich erst, nachdem ich ihm Superangels gepitcht habe und dann hoffentlich nur noch rhetorische Fragen kommen.

Helen Duran

Als Redakteurin ist die Wirtschaftsgeografin Helen Duran seit 2015 für Euch in der hiesigen Gründerszene unterwegs. Sie ist neugierig auf Eure spannenden Startup-Geschichten!

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